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Uni Mannheim vor dem Umbau

An der Mannheimer Uni soll ein neuer Strukturplan verabschiedet werden: Zum einen soll die philosophische Fakultät in ihren Einzelteilen den Fakultäten für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zugeschlagen werden. Zum anderen wird eine Fakultät für Wirtschaftsinformatik neu gegründet. Profilierung im wirtschaftlichen Bereich sei das, heißt es im Rektorat - die Rückkehr zur reinen Wirtschaftshochschule, halten die Kritiker dagegen.

Von Martina Senghas |
    Der Rektor der Uni Mannheim Hans-Wolfgang Arndt residiert – wie der Großteil der Hochschule – in einem barocken Schloss, frisch und historisch korrekt renoviert ist es gerade, doch die Pläne der Hochschulpolitikers kommen alles andere als schwülstig und überladen daher. Seine Ziele sind klar definiert.

    "Wir haben vor fünf Jahren im Senat entschieden, wo wollen wir hin, wollen wir praktisch eine breite Universität hier in der Kurpfalz sein, die die Lehrer ausbildet für die Umgebung, oder wollen wir nicht nur national sondern auch international in unseren Kernbereichen zur Spitze vordringen, und die Entscheidung war völlig klar, wir nehmen die zweite Option. "

    Der Wind der Profilierung auf die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften weht also schon eine ganze Weile durch Mannheim, nun sollen also die Fakultäten völlig umstrukturiert werden. Konkret heißt das: Die Fakultät für Mathematik und Informatik wird abgeschafft, obwohl sie erst vor zehn Jahren mit viel Geld aufgebaut worden ist. Das Land habe einfach nicht so viel Geld fließen lassen wie ursprünglich vorgesehen, von den 24 anvisierten Lehrstühlen seien gerade mal 6 Wirklichkeit geworden, so der Rektor.

    " Jeder weiß, dass Technik so ungeheure teuer ist im Vergleich zu unseren sonstigen Leistungen, dass wir uns das auch nicht aus dem eigenen Bauch holen können, für mich ist es auch nicht sehr angenehm, hier die Abbauarbeit zu leisten, nur: Ein Rumpf, der nicht leben und nicht sterben kann, den kann ich an einer Universität wie Mannheim nicht hinnehmen ..."

    ... und deshalb also lieber eine Wirtschaftsinformatik, die sich reibungslos an Betriebs- und Volkswirtschaftslehre anpassen lässt.
    Die zweite große Veränderung: Auch die Geisteswissenschaften sollen das wirtschaftliche Profil schärfen: Geschichte soll sich auf Wirtschaftsgeschichte konzentrieren, die Sprachen sich um den Brückenschlag zwischen Kultur und Wirtschaft kümmern. Das stößt natürlich nicht überall auf Gegenliebe, einige Dozenten befürchten, dass die Geisteswissenschaften zu bloßen Erfüllungsgehilfen werden, so etwa auch Johannes Müller-Lancé, Romanist und derzeit geschäftsführender Direktor an seinem Institut.

    " Wir werden nur noch Zwitterstudiengänge haben, also Studiengänge, die Fächer der Philologien zum Beispiel mit BWL kombinieren, und ich sehe einfach das Problem, dass diese Zwitter, die sich dann immer reproduzieren, ohne dass wir die eigenständigen Fächer dazu haben, dass die immer schlechter werden. "

    Ohne Not würde eine erfolgreiche Fakultät geschlossen, so der Romanist, dabei sei man den Veränderungen gegenüber immer offen gewesen, habe als erste Uni in Deutschland auf Master- und Bachelor-Abschlüsse umgestellt, werde aber seit einiger Zeit völlig blockiert.

    " Wir haben beantragt, zum Beispiel neue Masterstudiengänge, und zwar ein Masterstudiengang Angewandte Linguistik, der alle Philologien in Mannheim interdisziplinär zusammenführt, wir haben beantragt einen Masterstudiengang Deutsch als Fremdsprache, der gerade hier in Mannheim sehr sehr gut platziert ist, mit dem IDS, mit Duden, mit der Mehrsprachigkeit unter Migranten, und beide Projekte wurden im Senat blockiert, sie werden einfach nicht wahrgenommen. Ja! Also Reform ist hier nur Reform, wenn sie aus der wirtschaftlichen Ecke kommt."

    Lediglich der dritten großen Veränderung, die der Strukturplan vorsieht, können die Kritiker etwas abgewinnen, nämlich dem Plan, dass hauptamtliche Dekane die Geschäftsführung der jeweiligen Fakultäten übernehmen sollen, Manager statt Wissenschaftler an der Verwaltungsspitze lautet das Stichwort.

    " Dafür spricht sicherlich, dass man nicht ständig hin- und hergerissen ist zwischen Lehre und Verwaltung. Ich bin selber gerade geschäftsführender Direktor des romanischen Seminars und weiß: Ich komme zu spät in Veranstaltungen, weil ein andere Termin dazwischen kommt, lauter solche Dinge, Sie können sich das vorstellen. Was natürlich dagegen spricht ist, dass ein klein bisschen der Kontakt zur Basis, die auch irgendwo Lehre bedeutet, verloren geht."

    Und die Studenten, wie reagieren sie auf die geplanten Veränderungen? Die Asta-Vorsitzende Rike Schweizer fordert, dass ein breites Fächerangebot bestehen bleibt, deshalb der Streik heute.

    " Also man hat durchaus, glaube ich, das Bedürfnis, dass man gerade in seinem Fach, das man studiert, vielleicht eine gewisse Stärke hat. Aber was ich jetzt auch in Gesprächen mit vielen BWL’lern erfahren hab: Viele gucken halt auch, was kann ich sonst noch machen oder haben auch im Hauptstudium andere Veranstaltungen, sei’s in Soziologie oder irgendeiner Sprache, und von daher ist es, glaube ich, schon wichtig, dass man neben der Konzentrierung auf verschiedene Stärken, auf verschiedene Fächer auch eben ‚ne größere Auswahl an kleineren Fächern hat."

    Profilierung auf dem Weg zu einer Wirtschaftshochschule mit Weltgeltung oder Aufopferung des Universitätsgedankens zugunsten einer besseren Fachhochschule, das scheint hier die Frage? In einer Nacht- und Nebelaktion haben gestern einige Kritiker auf jeden Fall schon einmal das Wort Universität auf den Wegweisern des Universitätsgeländes durchgestrichen und Business-School darübergepinselt.