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Uni oder Arbeit?

Ein Kernpunkt der Harmonisierung europäischer Studiengänge im Rahmen des Bologna-Prozesses ist die Einführung des zweistufigen Studiensystems mit Bachelor und Master. Damit stellt sich für junge Akademiker eine entscheidende Frage: weiter studieren oder nach dem Bachelor gleich in den Beruf einsteigen? Die Messe "Job or Master" in Bochum will Orientierungshilfe geben.

Von Grit Thümmel | 02.07.2007
    Über 60 Hochschulen und 13 Unternehmen präsentierten sich am Samstag jungen Akademikern auf der "Job or Master"-Messe im Bochumer RuhrCongress. Zum Thema Studieren im Ausland konnten sich die 2000 Besucher bei niederländischen Hochschulen informieren. Einen zweiten Schwerpunkt bei den internationalen Materstudiengängen bildeten Aussteller aus Osteuropa. Ungarn war mit gleich zwei Universitäten aus Budapest vertreten.

    Besonders die nach Branchen geordneten Vorträge sollten Antwort geben auf zwei zentrale Fragen, die den Studierenden unter den Nägeln brannten: Erstens: Wie findet man den passenden Job? Und zweitens: In welchen Bereichen gibt es bessere Berufsaussichten für Akademiker mit Masterstudium? Übrigens nicht nur ein Thema für Bachelor-Absolventen:

    "Wir schließen jetzt bald unseren Diplomstudiengang ab und möchten halt gucken, wie es danach weiter gehen könnte, ob man einen Master macht, oder wie es sonst weiter gehen könnte."

    "Was ich mit meinem bachelor machen kann, ob ich noch einen Master nachschiebe oder direkt in den Job einsteige, einfach da ein bisschen Orientierung zu finden."

    Gleich zu Beginn der Messe die Erkenntnis der Experten: Eine Goldene Regel gibt es nicht. Deshalb sollten Akademiker schon während des Studiums Netzwerke aufbauen, auf die man später zurückgreifen kann. Hier sieht Uwe Bollweg, Berufsberater bei der Agentur für Arbeit in Bochum, die Stärke der "Job or Master"-Messe.

    "Solche Messen sind in erster Linie gut geeignet, um beide Seiten ein Stückchen zusammenzubringen: für Studierende einfach auch mal die Unternehmensseite kennenzulernen und für Unternehmen ihre zukünftigen Mitarbeiter kennenzulernen und deren spezifische Fragestellung zu erfahren und sich so langfristig ein bisschen besser darauf einzustellen."

    In Kontakt treten mit zukünftigen Mitarbeitern wollte auch das Unternehmen ASI Wirtschaftsberatung, vor allem da das Unternehmen bundesweit noch recht unbekannt sei, so Marketingleiter Michael Melchior. Aber ist ASI als Arbeitgeber auch für Akademiker mit Bachelor-Abschluss interessant?

    "Auf jeden Fall. Sie sehen, wenn man sie sich mal so anschaut, noch etwas jung aus, muss man sich auch erstmal dran gewöhnen. Da werden wir uns dran gewöhnen, denn das wird sich ja durchsetzen im Rahmen des Bologna-Prozesses. Hat für uns aber auch den Vorteil, wir können sie formen, und da wir sowieso 18 Monate in die Ausbildung investieren, machen wir das gern. Auf jeden Fall."

    Für den Geschmack der Studierenden allerdings bot die "Job or Master", gerade was die Unternehmerseite angeht, immer noch zu wenig. Im Verhältnis zu den Hochschulen waren ausstellende Firmen auf der "Job or Master" nämlich stark unterrepräsentiert, obwohl der Schwerpunkt in diesem Jahr auf dem Arbeitsmarkt Deutschland lag. Tilman Strobel, Veranstalter und Geschäftsführer der Einstieg GmbH, hofft auf mehr Ausgewogenheit im kommenden Jahr.

    "Natürlich wenn ich sage ich biete eine Messe an, da gibt es Hochschulen und da gibt es Unternehmen, dann ist es natürlich ideal, wenn es 50 Prozent Hochschulen und 50 Prozent Unternehmer gibt. Das steht noch in einem Missverhältnis. Wir hätten auch natürlich gern mehr Unternehmen gehabt, aber die Unternehmen mussten sich erst mit dieser Hochschulreform anfreunden, zweitens die Konjunktur war damals noch relativ schwach, das heißt, das Thema "Wir stellen jetzt wieder ein" ist noch relativ neu. Also ich geh mal davon aus, dass wir im nächsten Jahr mehr Unternehmen da haben, ich hoffe es auch. Für Unternehmen ist das hier das richtige Forum, auf jeden Fall."

    Das dürfte den Studierenden aus der Seele sprechen, die sich von der Messe mehr Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern versprochen hatten. Was die Zufriedenheit mit ihrem Besuch angeht, waren die Studierenden geteilter Meinung.

    "Die Informationen in den Vorträgen fand ich ein bisschen zu unspezifisch, da habe ich mir ein bisschen mehr Insiderwissen erhofft. Und mir sind ein bisschen wenig Unternehmen hier, die Messe heißt ja 'Job or Master', aber hier geht es eigentlich, habe ich den Eindruck, in erster Linie um Masterstudiengänge."

    "Eigentlich finde ich das ganz in Ordnung so, das ist ja eine allgemeine Messe, man kann sich über Studiengänge informieren, aber auch mit Unternehmen sprechen, von daher finde ich das gut so."

    "Ich finde es eigentlich recht ausgewogen, find auch die Kombination schön, dass ich hier unten Stände befinden, wo man sich näher informieren kann, und dass man aber auch einen allgemeinen Überblick über verschiedene Themen an den Bühnen bei den Vorträgen bekommt."

    Zu beobachten war auf der "Job or Master" eine interessante Alternative: In Zukunft könnte der Master parallel zur Projektarbeit in einer Firma studiert werden, meinen Experten und Berufsberater. So könnten Akademiker den Grundstein für den Berufseinstieg schon während des Studiums legen. Gerade für Naturwissenschaftler und Ingenieure eine interessante Perspektive. Ausstellende Unternehmen zeigten sich offen. Andreas Beckers von der Uhde GmbH, ein Unternehmen der ThyssenKrupp Technologies:

    "Beispielsweise konnte man in der Vergangenheit im Unternehmen seine Diplomarbeit schreiben über ein ganz konkretes Projekt. Das wird sich auch für diese beiden Studienabschlüsse genauso anbieten, weil es im Endeffekt darauf ankommt, den Studenten frühzeitig mit ganz konkreten Projekten für das Unternehmen zu interessieren."