
Ein Sprecher der Fraktion sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Entwurf sei noch unausgegoren. Moniert werde, dass das Gesetz nicht genau definiere, unter welcher Bedingung die Freiwilligkeit beim Wehrdienst in eine Pflicht umgewandelt werden könne.
Hintergrund ist laut "Bild"-Zeitung und "Spiegel" die aktuelle Bedrohungslage, etwa im Hinblick auf die wachsende Zahl an Drohnenvorfällen in Deutschland und anderen Ländern Europas. Beim Koalitionspartner sorge die erneute Blockade der Union für Unmut: So habe die SPD argumentiert, Änderungen seien auch später noch möglich. Die Sozialdemokraten setzen beim Wehrdienst auf Freiwilligkeit, während im Unionslager die Rufe nach einer sofortigen Wehrpflicht lauter werden.
"Die Diskussion zum Aufwuchs der Bundeswehr und der Reserve muss bereits jetzt umfassend geführt werden. Wir können das nicht einfach aufschieben", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Erndl. Der CSU-Politiker betonte, es sei "im Interesse der Sicherheit unseres Landes und natürlich auch der Koalition, dass wir schnell zu einer gemeinsamen Linie kommen".
Spahn: Müssen beim Wehrdienst deutlich ambitionierter sein
Der Unions-Fraktionsvorsitzende Spahn hatte sich zuvor ähnlich geäußert. "Wir müssen als Gesellschaft unser Bewusstsein an die Lage anpassen. Wir sind nicht im Krieg, aber auch nicht mehr im Frieden", sagte er der Mediengruppe Bayern - und wiederholte damit einen Satz von Bundeskanzler Merz. Um die Freiheit zu verteidigen, müsse man glaubhaft verteidigungsfähig sein, fügte Spahn hinzu.
Zur mehrfach erhobenen Forderung des Außenministers Wadephul nach einer sofortigen Wiedereinführung der Wehrpflicht sagte der CDU-Politiker: "Wenn die These des Verteidigungsministers (Pistorius) stimmt, dass Putin 2029 NATO-Gebiet angreifen könnte, dann kann die gemeinsame Schlussfolgerung nur sein, dass wir beim Wehrdienst deutlich ambitionierter sein müssen."
SPD gibt sich betont gelassen
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Droßmann, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die Verschiebung sei "kein Drama, sondern Ausdruck des Beratungsbedarfs der Union, dem wir selbstverständlich nachkommen". Der Gesetzentwurf solle aber möglichst bald beschlossen werden. Es sei bereits jetzt eine deutliche Zunahme der freiwilligen Meldungen für den Wehrdienst zu verzeichnen.
Aus dem Verteidigungsministerium hieß es, man wolle das laufende parlamentarische Verfahren nicht kommentieren. Verteidigungsminister Pistorius (SPD) hatte sich zuvor wiederholt gegen die Reaktivierung der allgemeinen Wehrpflicht ausgesprochen und argumentiert, dass derzeit die Kapazitäten bei der Ausbildung und in den Kasernen fehlten.
Gesetzentwurf sieht bisher Freiwilligkeit vor
Die Wehrpflicht war in Deutschland 2011 ausgesetzt worden, was in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Anstelle des Zivildienstes wurde der Bundesfreiwilligendienst eingeführt. Im Sommer brachte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Einführung eines neuen Wehrdienstes auf den Weg. Der Entwurf führt eine Wehrerfassung junger Männer ein, setzt aber zunächst auf Freiwilligkeit und einen attraktiveren Dienst. Als Grund wird auch hier eine neue Bedrohungslage in Europa genannt.
Zum Jahresende 2024 gab es rund 180.000 aktive Soldaten in der Bundeswehr. Erklärtes Ziel sind auf Grundlage neuer NATO-Planungen rund 260.000 Männer und Frauen in der stehenden Truppe sowie 200.000 Reservisten, deren Zahl vor allem mit dem neuen Wehrdienst gesteigert werden soll.
Diese Nachricht wurde am 03.10.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.