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Unionsstreit
CSU-Parteitag ohne Merkel

Seit Jahrzehnten ist es in der Union Tradition, dass die Vorsitzenden von CDU und CSU am Parteitag der jeweiligen Schwesterpartei teilnehmen. Die CSU macht damit jetzt Schluss: Ein Sprecher bestätigte, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht zum Parteitag nach München reisen wird.

29.10.2016
    Bundeskanzlerin Angela Merkel steht Ende Oktober im Konrad-Adenauer Haus in Berlin vor einer weißen Wand.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Bis zuletzt hatte CSU-Chef Horst Seehofer offen gelassen, ob er die CDU-Vorsitzende zum Parteitag am Freitag in München einlädt oder nicht. Ursprünglich hatte es geheißen, die CSU wolle auf der Vorstandssitzung am Montag über die Teilnahme der Bundeskanzlerin entscheiden. Doch jetzt hat ein CSU-Sprecher Medienberichte bestätigt, wonach Merkel in diesem Jahr nicht nach München kommt. Darauf hätten sich die Kanzlerin und Seehofer in einem Vier-Augen-Gespräch verständigt. Dies bedeute aber nicht, dass Seehofer auch dem CDU-Parteitag im Dezember fernbleiben werde. Darüber wollten Merkel und Seehofer später entscheiden.
    Der Sprecher betonte, die Annäherung der Schwesterparteien sei auf einem guten Weg. Allerdings habe man noch nicht alle Streitpunkte gelöst. Daher wäre ein Auftritt Merkels auf dem Parteitag am Freitag "zur früh".
    Damit werden sich die Bilder aus dem vergangenen Jahr nicht wiederholen: Damals hatte Seehofer sich auf offener Bühne Merkels Flüchtlingspolitik vorgenommen, während sie wie ein Schulmädchen neben ihm stehen musste. Anschließend verließ die Kanzlerin möglichst schnell den Raum, die Stimmung zwischen den beiden Schwesterparteien war an einem neuen Tiefpunkt.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Rede von CSU-Chef Horst Seehofer auf dem Parteitag in München.
    Im vergangenen Jahr hatte CSU-Chef Horst Seehofer Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Parteitag in München verbal angegriffen. (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)
    Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner verteidigte in der "Welt am Sonntag" die Nicht-Einladung. "Es hat keinen Sinn, offene Sachfragen auf der Bühne zu klären", so die CSU-Vize-Chefin. "Wie es aussieht, wenn man den Dissens zelebriert, haben wir im vergangenen Jahr erlebt. Das müssen wir nicht wiederholen." Zur K-Frage sagte Aigner, Merkel werde sicher zunächst mit Seehofer sprechen und dann über eine erneute Kanzlerkandidatur entscheiden. Zuerst müssten die Sachfragen geklärt werden. "Wir haben Zeit", so Aigner.
    CDU-Vizechef Armin Laschet bezeichnete gegenseitige Besuche auf Parteitagen als nicht entscheidend. Wichtig sei, dass man im Wahlkampf an einem Strang ziehe, um eine rot-rot-grüne Regierung zu verhindern. Die Union könne mit einem Dissens in der Frage der Obergrenze für Flüchtlinge leben, die angesichts gesunkener Flüchtlingszahlen ohnehin keine praktische Relevanz habe, sagte Laschet der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
    Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, mahnte zur Arbeitsdisziplin in der Großen Koalition. "Ich möchte nicht, dass unsere Aufgaben wegen der Streitereien innerhalb der Union liegenbleiben", erklärte Oppermann. Dass Merkel nicht am CSU-Parteitag teilnimmt, kommentierte er so: "Es kommt nicht darauf an, wer wen besuchen darf und wer nicht. Für die SPD ist entscheidend, ob die Koalitionspartner regierungsfähig sind."
    (jasi/tj)