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Unis ohne Geld

Gerade einmal rund 6500 Euro pro Jahr gibt Portugal für jeden seiner Hochschulstudenten aus, nach Griechenland und Spanien der niedrigste Wert in Europa. Zum Vergleich: Deutschland lässt sich einen Studenten mehr als 10.000 Euro kosten. Doch jetzt sollen portugiesische Hochschulen noch mehr sparen: Der Finanzminister hat aus Haushaltsgründen die Zuweisungen um 53 Millionen Euro gekürzt. Die Hochschulen fürchten schlimme Zeiten in einem Land, das noch immer eine Analphabetenrate um die zehn Prozent vorzuweisen hat.

Von Jochen Faget |
    "In der Praxis bedeuten die Etatkürzungen, dass die Universitäten wohl Dozenten entlassen müssen, die nicht fest angestellt sind", erklärt Fernanda Gil Costa. "Darüber hinaus sind all die Kooperationsverträge, die wir mit anderen Universitäten haben, in Gefahr."

    Die Dekanin der Germanistischen Abteilung der Universität Lissabon schlägt Alarm: Wegen Portugals chronischer Finanzkrise werden die Hochschulen des Landes im kommenden Jahr weniger Geld vom Staat bekommen. Durchschnittlich um die zehn, im Fall Lissabons sogar 13 Prozent. Eine Katastrophe, meint auch Luciano Almeida, der Vorsitzende der Rektorenkonferenz der Fachhochschulen, denn:

    "Zum ersten Mal in der Geschichte sind die Zuweisungen aus dem Staatshaushalt an viele Fachhochschulen nicht genug, um die Gehaltskosten zu bezahlen."

    Dabei fehlt an Portugals Universitäten schon lange das Geld: Alle Jahre wieder weisen die Rektoren auf immer größere Finanzlöcher hin. Immer öfter müssen sie die Studiengebühren - je nach Hochschule zwischen 500 und 1000 Euro im Jahr - auch zur Zahlung von Personalkosten ausgeben. Eigentlich sollten die nur zur Verbesserung der Lehrbedingungen verwendet werden, die sowieso zu wünschen übrig lassen. Carlos Brigadeiro, Geschichtsstudent an der Uni Lissabon, klagt:

    "Unsere geisteswissenschaftliche Fakultät ist in einem fürchterlichen Zustand. Überall wird umgebaut, aber das Geld reicht nicht, die Arbeiten zu beenden. Ein Teil des Unterrichts findet in einer Fertigbau-Halle statt, ein Provisorium, das seit 30 Jahren existiert, aber es fehlen die Mittel für einen Neubau. Viele Vorlesungssäle sind zu klein für die vielen Studenten. Es ist eine Katastrophe."

    Aus Platzmangel sitzen Studenten an klapprigen Tischen im Korridor der Fakultät. Angemessene Studienräume kann die Universität Lissabon sich nicht leisten. Den Dozenten und Professoren der Fakultät sind seit dem Beginn des Wintersemesters alle Dienstreisen verboten, Neuanschaffungen auf ein Minimum begrenzt. Zum Geldmangel kommt das alltägliche Chaos, berichtet die Professorin Fernanda Gil Costa. Die Universität stellt gerade ihre Studiengänge auf Bachelor und Master um - auch Portugal hat das Bologna-Abkommen unterzeichnet.

    "Es gibt neue Lehrpläne, wir müssen unsere ganze Funktionsweise umstellen. Also wäre es nötig, die Studenten besonders intensiv zu betreuen. Da sind die Konsequenzen der Kürzungen im Augenblick gar nicht abzusehen."

    Portugals Finanzminister lässt das alles kalt. Zwar wird seine Regierung nicht müde zu versichern, Portugals Zukunft liege in besser ausgebildeten Jugendlichen, in Eliteuniversitäten und Forschung. Trotzdem will er sparen:

    "Wir verlangen doch nur eines von den Universitäten: Die Verwaltung und die Effizienz zu verbessern. Und da gibt es ohne Zweifel viel zu tun."

    Dem widerspricht die Dekanin der Germanistischen Abteilung ebenso wie die portugiesische Rektorenkonferenz. Sicher würden auch an Portugals Universitäten manche Beträge falsch ausgegeben. Aber die Verantwortlichen täten alles, selbst die kleinsten Fehlausgaben zu verhindern,
    so Fernanda Gil Costa:

    "Darum scheint mir das nicht der richtige Weg, unsere Probleme zu lösen. Wenn der Finanzminister uns jetzt weniger gibt und später die Fehlbeträge nachschießt, ist das eine Sache. Tut er das nicht, steht die Qualität der Hochschulbildung in Portugal auf dem Spiel. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass das der Finanzminister oder die Regierung wirklich will."