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Universität zu Köln
Umfrage offenbart Diskriminierung und Rassismus

Die Universität zu Köln hat sich selbst Vielfalt und Chancengerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben. Doch an der Hochschule gibt es auch Rassismus und Diskriminierung. Das hat eine Online-Umfrage ergeben. Darin waren einige der Kommentare so extrem, dass sich der Allgemeine Studierendenausschuss genötigt sah, schon vor der endgültigen Auswertung damit an die Öffentlichkeit zu gehen.

Von Stephan Beuting | 24.02.2016
    Statue des sitzenden Albertus Magnus vor dem Hauptgebäude der Universität zu Köln.
    Hauptgebäude der Universität zu Köln am Albertus-Magnus-Platz. (dpa/picture alliance/Horst Galuschka)
    - "Die Uni-Köln hat ne Befragung gemacht zum Thema Rassismus und Diskriminierung an der Uni." - "Nee, habe ich nicht von gehört."
    Insgesamt 50.000 Studierende hat die Universität Köln. Mich interessiert, ob ich jemanden finde, der etwas von der Befragung mitbekommen hat.
    - "Äh ne, nix mitbekommen…"
    - "Ich auch nicht."
    - Habt ihr da mitgemacht?" - "Nee." - Nein."
    Und Probleme mit Rassismus und Diskriminierung?
    - "Was glaubt ihr, ist das ein Problem?"
    - "Also eigentlich nicht, ich fühle mich nicht diskriminiert."
    - "Ich auch nicht."
    - "Von der Uniseite her? Von der Uniseite gar nicht."
    - "Ist mir so nicht aufgefallen."
    Es scheint so, als ob das Thema gar keine Rolle spiele, weder die Probleme noch die Befragung. Erst eine Viertelstunde und 20 Studierende später ändert sich das.
    "Ja, ich glaube da gab es irgendwas, auch mit dem Asta, geht es in die Richtung?"
    Diffuse Wahrnehmungen
    Ja. Im März 2015 geplant, gerade durchgeführt, bisher noch nicht vollständig ausgewertet. Aber einige schockierende Kommentare haben dazu geführt, dass schon jetzt darüber gesprochen wird.
    "Aber super, dass so etwas gemacht wird, weil es ist ja ein Thema…"
    Diese Studentin, die Ihren Namen lieber nicht verraten möchte, erzählt von Vorlesungen, in denen Redner wegen ihres Akzents ausgelacht worden sind, davon, wie sie spürt, dass ihre Meinung in Diskussionen seit Kurzem nicht mehr so viel Gewicht habe, und wie sie in der Bahn neuerdings angestarrt werde: nicht freundlich.
    "Man nimmt das schon wahr."
    Eine diffuse Wahrnehmung. Um das zu konkretisieren nun die Befragung. 1.660 Studierende haben mitgemacht. Der Fragebogen besteht aus einem Teil zum Ankreuzen und freien Antwortfeldern. Viele äußerten sich darin deutlich gegen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit. Doch einige haben mit Ihren Kommentaren den Asta und dessen Vorsitzende Katharina Letzelter aufgeschreckt.
    "Es gab positive Kommentare die meinten, „super, dass ihr euch damit beschäftigt aber auch ein paar bei denen man, wörtlich, das Kotzen bekommen hat."
    Etwa 19 Seiten hat das Dokument, darin überwiegend fremdenfeindliche Äußerungen. Zwei davon gibt sie kurz wieder:
    "Also im offenen Feedback waren Zitate wie 'raus mit den Moslems, das ist kein Rassismus, sondern Selbstschutz' oder ein anderes Beispiel: 'Internationalistisches Gutmenschentum verkehrt den Blick auf die Realität und führt letztendlich in den Untergang der europäischen und deutschen Werte.'"
    Laut einem weiteren Kommentar geschieht Diskriminierung im Uni-Alltag, höchstens durch diese „marginalisierten Randgruppen“, die sich gerne als Opfer stilisieren. Für die Sozialpsychologin Beate Küpper ist das ein bekanntes Muster:
    "Da sehen wir eine klassische Schuldumkehr, wie wir sie häufig bei Vorurteilen finden. Die Gruppen, die abgewertet werden, denen wird dann quasi die Verantwortung, die Schuld für die schlechten Meinungen über sie selber zugeschrieben."
    "Das Thema auf die Chefetage heben"
    Aus ihrer eigenen Forschung zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit weiß Beate Küpper: Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit können überall gedeihen, auch dort, wo Bildung und Status das gar nicht vermuten lassen.
    "Menschen anhand eines bestimmten Merkmals in eine Gruppe einzuteilen und dann pauschal zu beurteilen und oft auch zu verurteilen, ist einfach furchtbar einfach und bequem und immer dann, wenn die Welt komplex ist, neigen wir zu solch einfachen Antworten."
    Anfang April soll die Befragung vollständig ausgewertet sein. Schon jetzt plant der Asta mit Veranstaltungen und Aktionen auf das Thema aufmerksam zu machen und dagegen anzugehen. Beate Küpper glaubt, dass mehr nötig sein wird:
    "Ich würde allen Universitäten raten, das Thema als wichtiges Thema auf die Chefetage zu heben, und wir durchforsten jetzt sowohl einmal, was wir an Haltungen haben, als auch, was wir als Hochschule an Strukturen haben, inwieweit wir allen Studierenden die gleichen Chancen eröffnen."