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Unklare Funklage

Trotz der stürmischen Zeiten verabschiedet die Regierung derzeit zahlreiche Gesetze, darunter etwa auch zur Einführung von BOS, dem digitalen Behördenfunk. Bis zur Fußballweltmeisterschaft soll der Digitalfunk für die Polizei einsatzbereit sein. Die Feuerwehr muss sich indes weiter gedulden.

Von Mirko Smiljanic |
    Wenn es brennt in Deutschland und die Männer in Schwarz mit B- und C-Rohr anrücken, ist sichere Kommunikation überlebenswichtig.

    "Wir haben in Deutschland als eines der wenigen europäischen Länder ein analoges Funksystem, wo Feuerwehren, Polizei, Rettungsdienste, Technisches Hilfswerk mit einem standardisierten analogen Funksystem zusammenarbeiten. Das ist eine Errungenschaft, auf die wir stolz sein können, allerdings sind diese Geräte jetzt ins Alter gekommen. "

    Ins Alter gekommen heißt bei Peter Hartl, im Düsseldorfer Innenministerium zuständig für die Digitalisierung des Feuerwehrfunks: Die analoge Technik leistet nicht genug, außer Sprache können keine Daten wie Texte und Bilder übertragen werden, der Funk ist nicht abhörsicher, außerdem sind Ersatzteile mittlerweile höllisch teuer. Eine Lösung muss her – und die heißt Digitalisierung! Zukünftig lesen Feuerwehrmänner alle wichtigen Daten ihres Einsatzes von einem Display ab, also Adresse und Art des Brandes, Zahl der möglichen Verletzten und so weiter. Das ist gut, bei weitem aber noch nicht revolutionär. Das wird es erst bei der Überwachung der Feuerwehrmänner während ihrer Einsätze. Übertragen lassen sich zum Beispiel...

    "...die Körpertemperatur, die Herzfrequenz des Atemschutzgeräteträgers, den Luftvorrat im Atemschutzgerät, das kann man genau messen und übertragen an die Atemschutzüberwachungsstelle, die letztlich draußen den Atemschutzüberwachungseinsatz führt."

    Allerdings wird es noch lange dauern bis Peter Hartls Wünsche wahr werden. Bisher zeichnet sich gerade mal ab, welches Funksystem die "Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben" nutzen werden. Dazu Rainer Lange, Mitglied der Projektgruppe Digitalfunk Niedersachsen, dort zuständig für die Belange der Feuerwehren:

    "Wir reden einmal von den reinen Digitalfunksystemen Tetra und Tetra-Pol, wobei Tetra ein europäisierter Standard ist und Tetra-Pol ein Firmenstandard. Zusätzlich gibt es Angebot aus dem GSM-Markt, dass man mit zusätzlichen Funktionen auch im Mobilfunksektor praktisch die Beschreibungen für die Behörden darstellen kann, aber herausgeschält hat sich natürlich, dass die Anforderungen nur erfüllt werden können von dem Tetra oder vom Tetra-Pol-Betreiber."

    Im Februar 2006 endet die Ausschreibung, erst dann wird entschieden, wie es technisch weiter geht. Politisch steckt der BOS-Funk allerdings schon jetzt in einer Sackgasse. Die vom Bundeskabinett gegründete "Bundesanstalt für den Digitalfunk" – sie koordiniert den Aufbau des Netzes – wird möglicherweise ihre Arbeit erst gar nicht aufnehmen. Wenn die CDU/CSU die vorgezogene Bundestagswahl gewinnt, soll die Bundesanstalt nach den Vorstellungen des designierten Bundesinnenministers Wolfgang Bosbach durch ein Bund-Länder-Gremium ersetzt werden. Das sei "billiger und vergrößert nicht die Bürokratie". Mit Bürokratie wird die Feuerwehr aber ohnehin zu kämpfen haben. Einen Grund dafür sehen Fachleute in den dezentralen Strukturen der Feuerwehr. Während etwa Polizei und Technisches Hilfswerk zentral geführt werden, bestimmt in Deutschland jede Stadt und jeder Kreis über die Ausstattung ihrer Feuerwehr. Und so kann es durchaus sein, dass arme Kommunen noch viele Jahre analoge Netze nutzen, während ihre Kollegen in Nachbarkreisen schon lange digital funken.

    "Eine Zeit lang werden wir mit dem Nebeneinander leben müssen, wir rechnen mit einer drei- bis vierjährigen Aufbauzeit für das Netz, wo es dann in Teilbereichen bereits losgehen wird mit dem digitalen Netz, wo aber auch auch der analoge Funk erhalten bleiben muss, um Kontakt mit den anderen zu haben. "

    Die Feuerwehrmänner vor Ort, die Nutzer des digitalen Funks, stehen der Entwicklung übrigens abwartend-skeptisch gegenüber, berichtet Hartl:

    "Diese Skepsis basiert letztlich auf den Verzögerungen der Vergangenheit, man hatte sich eigentlich schon für 2001 auf die Fahnen geschrieben, ein solches Digitalfunksystem einzuführen, aus verschiedensten gründen hat sich das verzögert, sodass die Kollegen derzeit noch eher abwarten und sich erst dann mit dem Thema richtig beschäftigen, wenn die ersten Netze stehen."