"Verzeih mir" fleht der junge Mann vom nachtdunklen Garten hinauf zum Balkon. Dort steht die Angerufene in eng tailliertem Kleid, streng beobachtet von ihrer Mutter. Tränen laufen die geschminkten Wangen hinunter. Doch die junge Frau will nicht verzeihen, dass ihr Ehemann ein außereheliches Kind verheimlicht hat. Kein Happyend, jedenfalls noch nicht in dieser Folge der Fernsehserie "Gümüs" - und das ist vielleicht eines der Geheimnisse, warum diese Schmonzette des Privatsenders ATV nicht nur in der Türkei ein Quotenhit geworden ist. Die Sitcom über das Auf und Ab einer großen Liebe zwischen einer erfolgreichen Modedesignerin und einem Geschäftsmann ist im arabischen Raum, von Jidda bis Gaza ein Straßenfeger. Allein in Saudi-Arabien sollen fünf Millionen Menschen täglich die Serie am Bildschirm verfolgen - bei 27 Millionen Einwohnern. Anne-Beatrice Clasmann, Korrespondentin der Nachrichtenagentur dpa im arabischen Raum über einen türkischen TV-Export, der vor allem Araberinnen in den Bann zieht:
"Bisher hat man vor allem arabischen Serien geschaut, die vor allem aus Ägypten kommen, und dann importierte Serien aus den USA oder Mexico. Aber die sind natürlich weit weg von der Lebenswelt der arabischen Familien. Während diese türkischen Serien ist nicht ganz so weit weg sind, die Türken essen ähnliche Dinge, sie sind Muslime - da stellt man eher Vergleiche an. Ich glaube, es ist vor allem, dass man das Moderne sieht, dass die Frau arbeitet und dabei vom Mann unterstützt wird. Gleichzeitig ist er aber auch ein romantischer Ehemann."
Und Mohannad, der Serienheld, gespielt von dem ehemaligen Basketballspieler und Model Kivanc Tatlitug, sieht außerdem noch umwerfend aus mit seinen blonden Haaren und grünen Augen. In Tunesien soll sich ein Mann von seiner Ehefrau geschieden haben, weil ihm zu Ohren kam wie sie einer Nachbarin beichtete, dass Mohannad ihr ständig im Traum erscheint. Um den Helden des Melodrams wenigsten räumlich ein wenig näher zu kommen, reisen die Fans der Serie scharenweise nach Istanbul, dem Schauplatz von "Nur", wie "Gümüs" in der arabischen Version heißt. Noch nie hat die Stadt am Bosporus so viele arabische Besucher erlebt wie in diesem Jahr. Die Zahl der Flüge vom Golf hat sich fast verdoppelt. Vor der Bosporus-Villa, in der ein Großteil der Folgen gedreht worden ist, stehen ganze Familien aus Katar oder Amman Schlange. 50 Dollar Eintritt pro Person nimmt eine Reiseagentur inzwischen für einen Blick hinter die Filmkulissen. Ja, es sei die Serie gewesen, die ihre Neugier auf Istanbul geweckt habe, verrät die 20-jährige Fatma aus Kuwait und lächelt unter ihrem schwarzen Kopftuch. "Nur" sei auch zu Hause in Kuwait ein Renner:
"Wenn die Sendung beginnt, sind die Strassen wie leergefegt, überall in den Wohnzimmern flimmert es. Die Türkei ist ganz anders, hier ist es erlaubt einen Freund vor der Ehe zu haben. Aber bei uns Arabern ist es ganz anders. Man heiratet nachdem man den Mann ein paar Mal gesprochen hat. Hier ist die Kultur eine andere. Mein Vater war erst sehr wütend und wollte mir die Serie verbieten. Aber inzwischen guckt er selber."
Nicht nur viele Väter waren über die ständigen Turteleien in dem Streifen entsetzt. Obgleich Mundküsse und Trinkgelage aus der arabischen Version herausgeschnitten wurden, machten radikale Sittenwächter Front. Geistliche erließen Fatwas gegen die Serie, im Jemen wurde sie gleich ganz verboten. Doch die Warnungen verhallen ungehört. Stattdessen hat die Serie Araber und Türken näher gebracht. Bis vor kurzem waren Türken als ehemalige osmanische Kolonialherren und als zu verwestlichte Muslime nicht sehr beliebt unter Arabern. Doch die Serie Nur und die konservativ-religiöse Regierung Erdogan, die die Türkei für die EU kräftig reformiert, haben die Neugier bei den östlichen Nachbarn geweckt, meint Anne-Beatrice Clasmann:
"Arabische Touristen gucken hier in Istanbul sehr erstaunt, weil im Ramadan Leute beim Mittagessen im Restaurant saßen. Das gibt es in arabischen Ländern nicht - außer vielleicht im Libanon, wo viele Christen leben. Das finden die merkwürdig. Auf der einen Seite beneidet man die Türken für ihre relative Liberalität, auf der anderen Seite rümpft man die Nase über solche Dinge."
"Bisher hat man vor allem arabischen Serien geschaut, die vor allem aus Ägypten kommen, und dann importierte Serien aus den USA oder Mexico. Aber die sind natürlich weit weg von der Lebenswelt der arabischen Familien. Während diese türkischen Serien ist nicht ganz so weit weg sind, die Türken essen ähnliche Dinge, sie sind Muslime - da stellt man eher Vergleiche an. Ich glaube, es ist vor allem, dass man das Moderne sieht, dass die Frau arbeitet und dabei vom Mann unterstützt wird. Gleichzeitig ist er aber auch ein romantischer Ehemann."
Und Mohannad, der Serienheld, gespielt von dem ehemaligen Basketballspieler und Model Kivanc Tatlitug, sieht außerdem noch umwerfend aus mit seinen blonden Haaren und grünen Augen. In Tunesien soll sich ein Mann von seiner Ehefrau geschieden haben, weil ihm zu Ohren kam wie sie einer Nachbarin beichtete, dass Mohannad ihr ständig im Traum erscheint. Um den Helden des Melodrams wenigsten räumlich ein wenig näher zu kommen, reisen die Fans der Serie scharenweise nach Istanbul, dem Schauplatz von "Nur", wie "Gümüs" in der arabischen Version heißt. Noch nie hat die Stadt am Bosporus so viele arabische Besucher erlebt wie in diesem Jahr. Die Zahl der Flüge vom Golf hat sich fast verdoppelt. Vor der Bosporus-Villa, in der ein Großteil der Folgen gedreht worden ist, stehen ganze Familien aus Katar oder Amman Schlange. 50 Dollar Eintritt pro Person nimmt eine Reiseagentur inzwischen für einen Blick hinter die Filmkulissen. Ja, es sei die Serie gewesen, die ihre Neugier auf Istanbul geweckt habe, verrät die 20-jährige Fatma aus Kuwait und lächelt unter ihrem schwarzen Kopftuch. "Nur" sei auch zu Hause in Kuwait ein Renner:
"Wenn die Sendung beginnt, sind die Strassen wie leergefegt, überall in den Wohnzimmern flimmert es. Die Türkei ist ganz anders, hier ist es erlaubt einen Freund vor der Ehe zu haben. Aber bei uns Arabern ist es ganz anders. Man heiratet nachdem man den Mann ein paar Mal gesprochen hat. Hier ist die Kultur eine andere. Mein Vater war erst sehr wütend und wollte mir die Serie verbieten. Aber inzwischen guckt er selber."
Nicht nur viele Väter waren über die ständigen Turteleien in dem Streifen entsetzt. Obgleich Mundküsse und Trinkgelage aus der arabischen Version herausgeschnitten wurden, machten radikale Sittenwächter Front. Geistliche erließen Fatwas gegen die Serie, im Jemen wurde sie gleich ganz verboten. Doch die Warnungen verhallen ungehört. Stattdessen hat die Serie Araber und Türken näher gebracht. Bis vor kurzem waren Türken als ehemalige osmanische Kolonialherren und als zu verwestlichte Muslime nicht sehr beliebt unter Arabern. Doch die Serie Nur und die konservativ-religiöse Regierung Erdogan, die die Türkei für die EU kräftig reformiert, haben die Neugier bei den östlichen Nachbarn geweckt, meint Anne-Beatrice Clasmann:
"Arabische Touristen gucken hier in Istanbul sehr erstaunt, weil im Ramadan Leute beim Mittagessen im Restaurant saßen. Das gibt es in arabischen Ländern nicht - außer vielleicht im Libanon, wo viele Christen leben. Das finden die merkwürdig. Auf der einen Seite beneidet man die Türken für ihre relative Liberalität, auf der anderen Seite rümpft man die Nase über solche Dinge."