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Unnötige Strahlenquellen im Wohnzimmer

Strahlenschutz. - Neben Handys tragen zunehmend auch schnurlose Telefone für zu Hause, so genannte DECT-Telefone, zur Strahlenbelastung des Menschen bei. Ein direkter Zusammenhang mit der Entstehung von Hirntumoren kann aber nicht nachgewiesen werden, sagt Jiri Silny, Leiter des Aachener Forschungszentrums für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit. Dennoch sollten die Hersteller wirksame Leistungsregelungen in ihre Geräte einbauen, fordert Silny im Gespräch mit Gerd Pasch.

    Gerd Pasch: Wie weit Mobilfunkgeräte zum Elektrosmog beitragen und welcher Schaden dadurch beim Benutzer entsteht, haben zahlreiche, auch internationale Studien untersucht. Einige aktuelle Ergebnisse sind nachzulesen zum Beispiel auf der Internetportalseite des Aachener Forschungszentrums für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit FEMU. Zeitgleich meldet das Bundesamt für Strahlenschutz, dass schnurlose Telefone unnötig strahlen. Wie Umweltmediziner dies sehen, fragte ich vor der Sendung Professor Jiri Silny, Leiter des Forschungszentrums für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit.

    Jiri Silny: Die Zielsetzung oder die Fragestellung war, inwieweit man überprüfen kann, ob die Felder der Handys, also stärkere Felder als die bei den schnurlosen Telefonen verwendeten, inwieweit hier ein Zusammenhang mit Hirntumoren aufgedeckt werden kann. Wir haben jetzt langsam Ergebnisse aus verschiedenen Ländern und die Publikationen zeigen eindeutig, dass [ein] derartiger Zusammenhang nicht hergestellt werden kann, auch wenn man berücksichtigt, dass zum Beispiel die Tumore auf einer oder der anderen Seite des Kopfes entstehen können und auch das Telefonieren von verschiedenen Nutzern links oder rechts gemacht wird. Da kann man ja schöne Vergleiche anstellen. Auch diese Vergleiche haben gezeigt: Wir können diese Hypothese nicht bestätigen, auch für die stärkeren Handys.

    Pasch: Das Bundesamt für den Strahlenschutz warnt ja vor den drahtlosen Telefonen, den DECT-Telefonen im Haus. Was ist denn da grundsätzlich anders bei diesen Geräten gegenüber dem Mobilfunk GSM/UMTS?

    Silny: Wir haben mehrere Quellen hochfrequenter Felder - oder wir sprechen von Mikrowellen. Einmal sind das die Handys, soweit man sie verwendet, und die Basisstation, die sehr häufig nah am Haus aufgebaut werden können, und auf der anderen Seite die Mobiltelefone - für die digitalen Telefone sprechen wir von DECT-Systemen. Und da haben wir auch etwas Tragbares und eine feste Einheit oder Basisstation im Haus. Die herkömmlichen Handys haben etwa fünf- bis zehnfach höhere Feldstärke oder Strahlung als die tragbaren Telefone im Haus. Auf der anderen Seite: Die Handys sind regelbar. Das bedeutet, wenn sie nah an der Antenne sind, wird die Leistung abgesenkt, und umgekehrt, wogegen diese Regelung bei den tragbaren Telefonen nicht existiert. Die senden mit konstanter Leistung - beide Teile, die tragbaren wie auch die mobilen Stationen -, mit der gleichen Leistung von etwa einem Viertelwatt aus.

    Pasch: Man kann es aber, so hat es das Bundesamt für den Strahlenschutz bekannt gegeben, anders realisieren, indem auch diese DECT-Telefone leistungsabhängig oder entfernungsabhängig gesteuert werden.

    Silny: Das ist selbstverständlich möglich, so etwas aufzubauen. Ich würde schon der ersten Forderung zustimmen, dass man sie gänzlich abschalten kann, wenn sie nicht gebraucht werden. Das bedeutet, wenn man zum Beispiel die tragbaren Telefonen in diesen festen Teil stellt, wo sie geladen werden, dass auch die Strahlenübertragung unterbrochen wird. Das ist bestimmt das Einfachste, was man verwirklichen könnte.

    Pasch: Welche Position haben Sie denn als Umweltmediziner dazu?

    Silny: Ich würde sagen, es ist vielleicht unwahrscheinlich, dass dieser Zusammenhang da ist. [...] Wir können in der Medizin [einen] Nulleffekt nicht belegen. Das bedeutet, wir werden immer weiter, tiefer in diesen Raum der biologischen Variabilität eingehen. Auf jeden Fall: Wir können nicht sagen: Da ist nichts. Wir müssen sagen: Wenn überhaupt, dann dürfte dieser Effekt sehr klein sein. Und darauf zielt ja dieser Begriff der Vorsorge. Man sagt, was nicht nötig ist, soll ich mir nicht zumuten lassen. Und auch bei den schnurlosen Telefonen: Wenn ich die nicht brauche, wenn ich sie überhaupt zum Beispiel nachts nicht benutzen möchte, muss ich die Möglichkeit haben, sie auszuschalten, unabhängig davon, ob das etwas tut oder nicht.