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UNO-Bericht zur Digitalwirtschaft
„Europa ist ein Entwicklungsland“

Apple, Google, Tencent und Alibaba – die Digitalwirtschaft ist US-amerikanisch und chinesisch. Ein UNO-Bericht zeigt: Bei digitalen Geschäftsmodellen gibt es eine große Kluft zwischen den USA und China einerseits und dem Rest der Welt andererseits. Die UNO fordert die Kluft zu schließen.

Von Jan Bräuer | 05.09.2019
Computergrafik eines mit Digitalcode verzierten, bläulich strahlenden Raumes, in dem die Grafik eines muskulösen Mannes schwebt, der seine Arme nacht rechts und links ausstreckt.
Ein virtueller Mensch in digitaler Umgebung. (imago / imagebroker)
Mukhisa Kituyi ist seit 2013 Generalsekretär der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung. Ein Mann der klaren Worte und deshalb nimmt er auch kein Blatt vor den Mund. Schöne Grüsse an Europa. Aber: "Europa ist in der digitalen Welt ein Entwicklungsland", sagt der Kenianer.
Die Zahlen im Digitalreport sprechen nun mal eine deutliche Sprache. Danach haben Internet-Plattformen aus den USA und China inzwischen einen Marktanteil von 90 Prozent. Auf europäische Firmen entfallen 4 Prozent, der Rest verteilt sich auf Länder aus Asien, Lateinamerika und Afrika. Zwei Drittel der weltweiten digitalen Einnahmen generieren vor allem sieben sogenannte Super-Plattformen: Microsoft, Apple, Amazon, Google und Facebook aus den USA. Tencent und Alibaba aus China. Ihr Wert – inzwischen mehr als 7 Billionen Dollar. 67 Prozent mehr als vor vier Jahren.
Branchenverband betont: Skype, Spotify, booking.com kommen aus Europa
Europäische Firmen, deutsche Firmen sind dagegen weit abgeschlagen. Auch Bernhard Rohleder, der Geschäftsführer des IT-Branchenverbandes Bitcom kennt die Zahlen. Trotzdem ist ihm das Bild zu düster, dass die UN da malt.
"So schwarz weiß sehen wir die Situation natürlich nicht. Gerade im Bereich des Internet of things, auch der Medienplattformen, da gibt es in Europa viele schon sehr gute Entwicklungen, starke Unternehmen, die auch tatsächlich ganze Branchen verändert haben. Skype, das die Videotelefonie erfunden hat, kommt aus Europa, Spotify kommt aus Europa, auch booking.com ist ein europäisches Unternehmen. Nur sind zwei dieser Unternehmen eben von amerikanischen Investoren erworben worden. Und das ist der Punkt, an dem wir ansetzen müssen. Dass die guten Ideen und Entwicklungen aus Europa dann auch hier bleiben und hier in Europa Wertschätzung leisten."
Deshalb sei die Politik noch stärker gefordert. Die Unternehmen dürften nicht allein im Regen stehen gelassen werden, fordert Rohleder.
"Wir müssen, was die politische Flankierung angeht, schon dafür sorgen, dass wir nicht auf der einen Seite Technologien wie die künstliche Intelligenz mit viel Geld fördern, aber dass wir gleichzeitig den Rohstoff der künstlichen Intelligenz und das sind Daten letztlich nicht zugänglich machen."
Weltweiter Datenverkehr ist explodiert
Denn - und da gehen Bernhard Rohleder und die UN wieder Hand in Hand - der digitale Handel wird immer wichtiger. Schon jetzt erzielt er bis zu 15 Prozent der Wertschöpfung der Weltwirtschaft. Auch eine andere Zahl spricht dafür. Der weltweite Datenverkehr ist regelrecht explodiert. Dazu nochmal Mukhisa Kituyi der Generalsekretär der UN-Konferenz für Handel und Verkehr
"Wenn wir auf 1992 schauen. Damals waren es 100 GB Daten-Volumen, die an einem Tag weltweit versendet wurden. 2017 waren es dann schon 45-tausend GB pro Sekunde. Für 2023 rechnen wir mit 150-tausend GB in der Sekunde."
Auch deshalb werden der Zugang zum Internet und vor allem schnelle Datenverbindungen immer notwendiger. Überall in der Welt.