Nach den Erdbeben
UNO-Experte: Not in Afghanistan so groß wie noch nie

Das Welternährungsprogramm hat vor einer massiven humanitären Katastrophe in Afghanistan gewarnt. Der Landesdirektor der UNO-Organisation, Aylieff, sagte dem Evangelischen Pressedienst, die Not sei so groß wie noch nie und werde durch die aktuellen Erdbeben zusätzlich verstärkt.

    Blick auf ein von einem Erdbeben zerstörten Dorf in der afghanistan Provinz Kunar.
    Die Erdbebenregion im Osten Afghanistans wurde völlig verwüstet. Jetzt droht Hunger. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Wahidullah Kakar)
    Nach Angaben der UNO haben knapp zehn Millionen Afghaninnen und Afghanen deutlich zu wenig zu essen, mehr als ein Fünftel der Bevölkerung. Viele hungernde Frauen nähmen stundenlange Fußwege zu den Lebensmittelausgaben auf sich und müssten dann abgewiesen werden, "weil wir kein Geld haben, ihnen zu helfen." Es seien die gleichen Frauen, denen die Welt nach der Machtübernahme der Taliban 2021 unerschütterliche Solidarität versprochen habe.

    Hilfsgelder drastisch gekürzt

    Laut Aylieff hat sich die Wirtschaftslage in Afghanistan nach zwei guten Ernten in diesem Jahr deutlich verschlechtert. Zudem hätten die internationalen Geber ihre Hilfen gekürzt. Das Welternährungsprogramm habe für dieses Jahr weniger als die Hälfte der Mittel von 2024 erhalten. Die Folge sei ein dramatischer Rückgang der Nahrungsmittelverteilungen.
    Hinzu komme eine Dürre in 19 der 34 Provinzen und die Rückkehr von zwei Millionen Menschen, die aus Pakistan und dem Iran abgeschoben wurden, sagte Aylieff. Sie bräuchten nun Essen, Unterkunft und Arbeit. Außerdem habe über eine Million von ihnen zuvor gearbeitet und Geld an die ärmsten Familien in Afghanistan geschickt, die jetzt kein Einkommen mehr hätten.

    Erdbebenregion völlig verwüstet

    In der Erdbebenregion im Osten Afghanistans herrscht nach Angaben der UNO völlige Verwüstung. Die Bergregion gehört zu den ärmsten des Landes. Viele Dörfer waren laut Aylieff wegen fehlender Infrastruktur auch vor den Erdbeben kaum zu erreichen. Den Betrieb eines Helikopters habe das Welterährungsprogramm aus Geldmangel einstellen müssen. Durch die Beben starben nach offiziellen Angaben über 2.200 Menschen.
    Aylieff warnte, dass es im Winter viele weitere Opfer geben könnte, weil dann viele Menschen von der Außenwelt abgeschnitten seien. Das Winterprogramm des Welternährungsprogramms, mit dem sechs Millionen Menschen unterstützt werden sollen, sei bisher nicht finanziert. Aylieff befürchtet, dass in diesem Jahr "vermutlich so viele Kinder in Afghanistan sterben wie noch nie“.
    Diese Nachricht wurde am 07.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.