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UNO-Generaldebatte
Putin fordert breites Anti-Terror-Bündnis

Wenn es um den Syrienkrieg und Baschar al-Assad geht, besteht zwischen Russland und den USA nach wie vor ein tiefer Graben. Das wurde bei der Generaldebatte der UNO-Vollversammlung in New York deutlich. Während US-Präsident Obama die Zukunft des Landes ohne den syrischen Machthaber sieht und ihn einen "Tyrannen" nannte, der sein eigenes Volk abgeschlachtet habe, lobte Putin das Vorgehen Assads gegen den IS.

28.09.2015
    Russlands Präsident Putin während seiner Rede vor der UNO-Vollversammlung.
    Forderte eine breite Koalition für den Kampf gegen den "Islamischen Staat": Russlands Präsident Putin. (TIMOTHY A. CLARY / AFP)
    "Es ist ein großer Fehler, die syrische Regierung und ihre Armee infrage zu stellen", sagte Präsident Wladimir Putin am Montag vor der UNO-Vollversammlung in New York und machte deutlich, dass Russland trotz aller Kritik aus dem Westen weiter am syrischen Diktator Baschar al-Assad festhält. Das Land kämpfe wahrhaft gegen die Bedrohung durch islamistische Terroristen, sagte Putin. Zugleich warf er dem Westen vor, für das Chaos in Libyen, dem Irak und auch Syrien verantwortlich zu sein.
    Putin schlug erneut eine internationale Koalition im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" vor. Die könne nach dem Modell der Anti-Hitler-Koalition im Zweiten Weltkrieg funktionieren. Es war die erste Rede Putins vor der UNO-Vollversammlung seit zehn Jahren.
    Obama fordert Abgang des "Tyrannen" Assad
    Nur eine Stunde zuvor hatte US-Präsident Barack Obama Russland und dem Iran Gespräche über die Syrien-Krise angeboten - aber nur unter der Bedingung, dass der "Tyrann" Assad am Ende einer Übergangsphase von einem anderen Führer abgelöst wird. Ein Mann, der Zehntausende Menschen seines eigenen Volkes getötet habe, dürfe nicht mehr an der Spitze einer Regierung stehen. Obama ließ dabei offen, wie lange der "geordnete Übergang" zu einer neuen politischen Führung in Damaskus dauern solle. Im August 2012 hatte der US-Präsident den möglichen Einsatz Assads von Chemiewaffen gegen sein Volk als "rote Linie" bezeichnet. Werde diese überschritten, werde er eine militärische Reaktion in Erwägung ziehen. Trotz eines Giftgaseinsatzes ein Jahr später mit mehr als 1.400 Toten verzichtete Obama allerdings auf einen Militärschlag.
    In seiner Rede warf Obama Moskau erneut eine Annexion der Halbinsel Krim und aggressives Verhalten in der Ostukraine vor. "Wir können nicht einfach danebenstehen, wenn die Unabhängigkeit und Integrität der Ukraine schamlos verletzt werden", sagte der US-Präsident. "Wenn das in der Ukraine passiert, dann könnte das jedem anderen Land, das heute hier vertreten ist, auch passieren." Moskau hätte anstelle dessen "wahre Diplomatie" praktizieren sollen. "Das wäre besser für die Ukraine, Russland und die Welt gewesen." Gleichzeitig betonte Obama, dass Russland nicht isoliert werden dürfe. "Das wollen wir nicht. Wir wollen ein starkes Russland."
    Ban: Europa soll mehr tun
    Zum Auftakt der Generaldebatte in New York hatte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon Europa die internationale Gemeinschaft aufgerufen, die Fluchtursachen in den Herkunftsländern anzugehen. Vor allem im Syrien-Konflikt hätten "vier Jahre diplomatische Lähmung" dazu geführt, dass die Krise außer Kontrolle geraten sei. Nun seien vor allem fünf Länder gefordert, die den "Schlüssel" zu einer Lösung in der Hand hielten: Russland, die USA, Saudi-Arabien, Türkei und der Iran.
    Zudem erinnerte Ban Europa an seine Verantwortung in der Flüchtlingskrise. "Ich dränge Europa, mehr zu tun. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es Europäer, die die Hilfe der Welt gesucht haben", sagte Ban. Ohne den von Ungarn gebauten Grenzzaun direkt zu erwähnen, fügte der Generalsekretär hinzu: "Im 21. Jahrhundert sollten wir keine Zäune und Mauern bauen."
    Die 70. Generaldebatte der Vereinten Nationen, die bis zum 3. Oktober dauert, steht unter dem Eindruck des Bürgerkriegs in Syrien und der Flüchtlingskrise. Am Rande kommen Obama und Putin zu ihrem ersten offiziellen Gespräch seit Juni 2013 zusammen. Deutschland wird von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier vertreten, der am Donnerstag sprechen wird. Die UNO feiern bei der Generalversammlung in diesem Jahr ihr 70-jähriges Bestehen. In der jährlich im September zusammentretenden Versammlung sind alle UNO-Mitgliedsstaaten mit je einer Stimme vertreten. Ihre Entscheidungen sind völkerrechtlich nicht bindend, können aber Einfluss auf die Politik des UNO-Sicherheitsrates und nationaler Regierungen haben.
    (pg/ach)