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UNO-Generalsekretär Antonio Guterres
Gescheiterter Vermittler oder stiller Kommunikator?

Fest zu seinen Prinzipien stehen und offen sein für Dialog - so geht UNO-Generalsekretär Antonio Guterres nach eigenen Angaben mit den Regierungen der Welt um. Da verwunderte manche sein langes öffentliches Schweigen zu den Raketentests von Nordkorea. Ist er als Brückenbauer gescheitert?

Von Georg Schwarte | 09.09.2017
    Der frühere portugiesische Ministerpräsident Antonio Guterres sitzt in seiner Zeit als UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge bei einer Pressekonferenz am 18. Dezember 2015 in Genf (Schweiz).
    Der frühere portugiesische Ministerpräsident und amtierende UN-Generalsekretär Antonio Guterres (dpa / picture-alliance / Salvatore Di Nolfi)
    Die Welt - ein Scherbenhaufen. Und er steht davor. Betrachtet die Welt. Scherbe für Scherbe, Krisen all überall. Und er, Antonio Guterres, der UNO-Generalsekretär, soll es richten und scheint doch gar nicht mehr hinterherzukommen, mit dem Zusammenkehren der Scherben.
    Überall Krisen. Syrien und gerade jetzt Nordkorea. Und die erst leise gestellte Frage wabert über die Flure des großen UN-Hauptquartiers hier in New York. Wo eigentlich ist der Mann, der sich - einst als Kandidat für den Chefposten der Welt als Brückenbauer, Vermittler, als pragmatischen Utopisten anpries?
    Möglichkeiten der UN beschränkt
    Der Sound des Antonio Guterres, damals noch Kandidat, heute bereits ein leicht verzweifelter Brückenbauer, der feststellen muss, dass beispielsweise in der Nordkoreakrise seine Brücke möglicherweise zu kurz, zu instabil, zu wenig belastbar ist.
    Der Einfluss der UNO, vielleicht zu gering, die Möglichkeiten zu beschränkt. Er aber habe den Parteien im Nordkoreakonflikt wieder und wieder signalisiert, er stehe zur Verfügung. Und weil dieser Antonio Guterres seine Vereinten Nationen liebt, trotz all ihrer Beschränkungen, reagiert er an diesem Freitagmorgen - an dem Tag an dem die Vereinten Nationen jedes Jahr ihre Mitarbeiter würdigen, auf die wachsende Kritik an der Hilflosigkeit der UNO auf seine Art.
    Botschafter schätzen Guterres
    Gerade hat er einen Kranz niedergelegt, im Hauptquartier der Vereinten Nationen für alle Blauhelme, Mitarbeiter die im vergangenen Jahr ihr Leben gaben um Brücken zu bauen. Über 30 Tote Blauhelme.
    Und dann sagt er diesen Satz: "Jeden einzelnen Tag gibt es so viele Heldentaten von UNO-Mitarbeitern, von denen all die Kritiker vermutlich nichts wissen, sonst würden sie anders über die UNO reden."
    Und Guterres, der, so bestätigen UNO-Botschafter hier in New York, hinter den Kulissen wirbele wie kein Zweiter, der im Rekordtempo das UNO-Management auf den Kopf stelle, Strukturen schlanker, schneller, schlagkräftiger mache. Die Botschafter, sie schätzen ihn.
    Hintertür-Diplomatie führte im Nordkoreakonflikt nicht weiter
    Die UNO-Reform, Guterres hat sie gerade erst beim jährlichen UNO-Wochenende auf Long Island mit allen 194 UNO-Botschaftern in einem - wie Teilnehmer sagen, sehr spontanen siebenstündigen Kurzreferat erläutert: ohne Manuskript. Eine Botschaft von Guterres aber auch dort. Er sei nicht der Oberbefehlshaber der Vereinten Nationen: Er brauche die Hilfe aller.
    Trotzdem. Sein langes öffentliches Schweigen zu Raketentests von Nordkorea, es verwunderte manche. Sein Sprecher sagte beschwichtigend, Antonio Guterres bevorzuge meistens die Hintertür-Diplomatie. Er selbst sagt, manchmal rede man zu viel über die Dinge, die nicht passiert seien.
    In der Nordkoreakrise, die größte wie Guterres selbst sagt, die die Welt derzeit gegenwärtige, hat er seine Zurückhaltung jetzt aufgegeben. Offen bietet er an, was zuvor offenbar in der Hintertür-Diplomatie nicht weiterführte: Seine Rolle als Vermittler.
    "Als Generalsekretär stehe ich zur Verfügung, jede friedliche Lösung zu unterstützen, die zur Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel führt."
    Trump macht die Sache noch komplizierter
    Aber am Fall Nordkorea wird zugleich auch deutlich, dass selbst der größte Brückenbauer ohne einen Auftrag eben nur der theoretisch größte Brückenbauer bleiben wird. Bei Guterres klingt diese Einsicht dann so: Bei Verhandlungen könne er nur vermitteln, wenn die Parteien auch verhandeln wollten.
    Dass Guterres neben allen Krisen jetzt ausgerechnet auch noch einen amerikanischen Präsidenten namens Trump als Gesprächspartner hat, macht die Sache für ihn eigentlich noch komplizierter. Aber in der Antwort darauf schimmert er dann schon wieder durch, der utopische Pragmatist Antonio Guterres.
    "Auf alle komplizierten Dinge gibt es eine einfache Antwort: Fest zu seinen Prinzipien stehen und offen sein für Dialog. So gehe ich mit Washington und jeder anderen Regierung dieser Welt um."