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"Unser Dorf soll schöner werden"

"Unser Dorf soll schöner werden". Alle drei Jahre findet dieser Wettbewerb statt. Diesmal in Brunow im Landkreis Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern. Wer dabei an gepflegte Blumenrabatte, frisch gestrichene Zäune und blühende Balkonkästen denkt, der täuscht sich. Dieser einst auf Sauberkeit, Ordnung und auf ein gepflegtes Äußeres setzende Wettbewerb hat sich im Laufe der Jahre geändert und gilt nun als ein wichtiges Instrument zur ländlichen Entwicklung.

von: Stephan Haufe |
    Am 15.August begann für 41 Dörfer die letzte Runde dieses Wettbewerbs. In Vorrunden auf Kreis- und Landesebene konnten sich Landgemeinden mit weniger als 3000 Einwohnern seit 1999 für die Aufnahme in den Bundeswettbewerb qualifizieren. Das Umwelt- und das Verkehrsministerium des Bundes, die Kommunalverbände und der Deutsche Landkreistag schreiben diesen Wettbewerb alle drei Jahre aus. Die Federführung obliegt seit dem ersten Durchgang im Jahre 1961 dem Bundeslandwirtschaftsministerium. Der Wettbewerb hat sich seitdem verändert, wie Brigitte Roggendorf, die zuständige Ministerialdirigentin im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Ernährung erklärt:

    Wir wollen von diesem Blumenimage wegkommen, deswegen auch der zweite Untertitel "Unser Dorf hat Zukunft". Heute geht es weniger um die Schönheit, sondern eigentlich mehr darum wie hat sich das Dorf weiterentwickelt, hat es für sich selbst, für die Bewohner Perspektiven entwickelt, dass es sich lohnt im Dorf zu wohnen, wie ist die Lebensqualität im Dorf, insofern schon wesentlich mehr als nur ein schönes Dorf zu haben.

    Ihr Augenmerk legen die Gutachter des Wettbewerbs heute darauf, ob sich die Dorfbewohner engagieren und eigene Konzepte verwirklichen. Dabei müssen die Dörfer für die erfolgreiche Teilnahme eine Reihe von Kriterien erfüllen, sagt Brigitte Roggendorf:

    Wir haben verschiedene Bewertungsbereiche, zum einem wird bewertet Konzeption und die Umsetzung im Dorf, dann die wirtschaftlichen Entwicklungen und Initiativen in dem Dorf, das soziale und kulturelle Leben , die Baugestaltung, die Grüngestaltung, dann ein Bereich ist, wie wird das Dorf in die Landschaft eingebunden, und wichtig für uns auch ist eine Querschnittsbewertung im ökologischen Bereich und ein ganzheitlicher Ansatz, wie hat sich das Dorf insgesamt weiterentwickelt.

    Seit dem Amtsantritt von Renate Künast als neue Bundeslandwirtschaftsministerin soll die angekündigte Agrarwende in die Realität umgesetzt werden. Dazu gehört auch eine geänderte Förderpraxis für den ländlichen Raum. Renate Künast will darum im September dieses Jahres einen Ideen-Wettbewerb zu Modellregionen auf dem Lande ausrufen. "Unser Dorf soll schöner werden - Unser Dorf hat Zukunft" soll dazu einen Beitrag leisten. Allerdings spielen in diesem Ausscheid die neuen Förder-Richtlinien des Ministeriums, wie zum Beispiel der Einsatz für regionale Wirtschaftskreisläufe, die Einhaltung hoher Standards im Umwelt-, Natur- und Tierschutz oder die Förderung des ökologischen Landbaus durch die Dorfgemeinschaft noch keine Rolle, wie Roggendorf einräumt.

    Entscheidend ist immer das Gesamtbild eines Ortes. Werden die Anforderungen an den Umwelt- und Naturschutz nicht berücksichtigt, gibt es Minuspunkte. Mit Pluspunkten wird unter anderem honoriert, wer Anstrengungen unternimmt, die dazu dienen der jungen Bevölkerung auf dem Land eine Zukunft zu geben. Der Wettbewerb hat sich auf die Fahnen geschrieben, Initiativen auszuzeichnen, die die Lebensqualität in den Gemeinden fördern und den Menschen eine wirtschaftliche Grundlage auf dem Land erhalten.

    Doch kann ein solcher Wettstreit der Dörfer wirklich zur Lösung entscheidender Probleme beitragen? Ilke Marschall macht auf Entwicklungen aufmerksam, die ihrer Meinung nach den ländlichen Raum heute besonders beeinträchtigen. Sie ist wissenschaftliche Assistentin am Fachbereich Stadt- und Landschaftsplanung an der Gesamthochschule Kassel:

    Da würde ich in erster Linie sagen, dass weiterhin kleinere wirtschaftlichere Betriebe verschwinden, da sind zu einem kleine Dorfläden, Metzgereien, Bäckereien und so weiter, die lange in Familientraditionen aufrecht erhalten wurden, weil es wirtschaftlich nicht mehr tragfähig ist für die jungen Leute. Zum anderen ist es, weiterhin drastisch voran schreitend, das Sterben kleinerer landwirtschaftlicher Betriebe, auch wieder aus dem Grund, dass es sich einfach nicht rechnet und ausgehend von der immer noch verheerenden Preispolitik in der Landwirtschaft eigentlich nur noch große wirtschaftliche Betriebe überlebensfähig sind.

    Der Wettbewerb wird jede Menge gute Initiativen hervorbringen, ist sich Ilke Marschall sicher, doch überschätzen sollte man ihn nicht:

    Ich denke, da muss an ganz anderen, viel, viel größeren Schrauben gedreht werden. Da muss man sich einfach keine Illusionen machen, dass man mit so einem Wettbewerb das Ruder herum reißen könnte.