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Unter Hochdruck

Ohne Ostsee-Pipeline kein Gas von Russland nach Westeuropa. Diese einfache Gleichung stellt eines der größten logistischen Probleme in unserer Energieversorgung dar. Pipelinehersteller müssen für die Ostseeroute produzieren, obwohl diese noch gar nicht genehmigt ist. Ohne Pipeline keine verbindlichen Mengenbestellung – somit droht den Westeuropäern, zu wenig Gas importieren zu können.

Von Theo Geers |
    "Ca. ne Milliarde Euro. Das ist der größte Auftrag, den Europipe je gebucht hat…."

    Der Stahl ächzt und knirscht in der Röhrenpresse. Vollautomatisch schluckt der Koloss die bis zu drei Zentimeter dicke Stahlplatte, biegt die Seiten nach oben in die Form eines U, dreht, wendet und biegt das Ganze weiter, bis unter dem Druck von 60.000 Tonnen aus dem U ein O entstanden ist. Anschließend wird die Naht von innen und außen automatisch verschweißt - und wieder ist eine Röhre fertig.

    Wir sind bei Europipe in Mülheim an dem Ruhr, Europas größtem und modernstem Röhrenwerk. Alle zweieinhalb Minuten läuft hier eine solche Großröhre vom Band, eine von über 60.000, die für diesen einen Großauftrag bis Januar 2010 noch vom Band laufen werden. Die Röhren gleichen einander wie ein Ei dem anderen: Jede ist gut zwölf Meter lang, Durchmesser 1,22 Meter. Toleranzen für Abweichungen bewegen sich im hundertstel Millimeter Bereich. Die Röhren sind High-Tech-Produkte. Bestimmt sind sie für die Nordstream. So heißt die neue Gaspipeline 1220 Kilometer quer durch die Ostsee von Wyborg in Russland nach Greifswald in Vorpommern.

    "1220 Kilometer entspricht ungefähr einer Gesamttonnage von 1,2 Millionen Tonnen."

    Axel Esder arbeitet als Verkaufsleiter für Europa und die GUS-Staaten bei Europipe. Er hat diesen Großauftrag für das frühere Mannesmann-Röhrenwerk in Mülheim an Land gezogen. 2011 soll die Nordstream in Betrieb gehen, trotz der Proteste gegen die Ostseepipeline. Polen und die baltischen Staaten fühlen sich übergangen, weil sie an ihnen vorbeiführt. Schweden und Finnland sorgen sich um den Umweltschutz in der Ostsee. Auch deshalb ist das Milliardenprojekt noch nicht einmal genehmigt. Doch in Mülheim/Ruhr laufen die Röhren schon vom Band. Alle zweieinhalb Minuten eine. Sonst würden die 60.000 Röhren auch nicht rechtzeitig fertig für die Ostseepipeline, die für die deutsche und die europäische Gasversorgung von strategischer Bedeutung ist.

    "Wenn man sich anschaut, wie denn unsere Versorgungssituation ist, dann stellt man fest, dass die langfristigen Gasmengen größtenteils eingekauft sind, aber noch nicht vollständig. Gerade den Importunternehmen steht noch eine Herausforderung bevor, nämlich eine Importlücke von 100 Mrd. Kubikmeter zu schließen, das ist etwa 20 Prozent des Jahresbedarfs von Europa heute, und das ist eine große Herausforderung, denn Europa steht bei der internationalen Gasbeschaffung auch im kontinentalen Wettbewerb."

    Rainer Seele ist Vorstandschef von Wingas in Kassel, dem zweitgrößten Gasimporteur in Deutschland. Das Kasseler Unternehmen gehört je zur Hälfte dem russischen Gazprom-Konzern und Wintershall, der Energietochter des Chemieriesen BASF. Das erleichtert zumindest in Russland den Gaseinkauf ganz erheblich, wobei schon jetzt die Ostseepipeline fest eingeplant ist.

    "Ich habe bis 2035 das Nordstream-Gas eingekauft. Ich würde es liebend gerne bis 2050 oder 2060 einkaufen, denn in der Zukunft wird der Wert der Erdgasmengen, die wir importieren, immer ansteigen."

    Noch strömt das Gas nach Deutschland. Doch selbst für einen Gasimporteur, der wie Rainer Seele beste Beziehungen nach Russland hat, wird das Geschäft schwieriger. Während die Gasverbraucher vor allem unter den steigenden Gaspreisen stöhnen, spüren die Gasimporteure einen ganz anderen Druck. Erdgas wird immer begehrter, und das verschärft den Wettlauf um die weltweiten Gasreserven, erläutert Bernhard Reutersberg, Vorstandschef von EON-Ruhrgas:

    "Energiehungrige Schwellenländer wie Indien oder China greifen in großem Stil in den Weltmarkt ein. Wir agieren heute in einem globalen Nachfragemarkt, in dem der Abschluss langfristiger Verträge immer schwieriger wird.""

    Ohne solche Verträge wird aber auch die Versorgung mit Gas unsicherer.

    84 Mrd. Kubikmeter Erdgas hat Deutschland im letzten Jahr verbraucht. Das waren, dem milden Winter sei Dank, 4,5 Prozent weniger als 2006. Dieses Gas fließt an die Industrie, in etwa 280 Gaskraftwerke zur Stromproduktion und an 18,4 Mio. Haushalte, die in Deutschland mit Gas heizen und ihr Warmwasser bereiten. Das ist fast die Hälfte aller privaten Haushalte hierzulande.

    Während die privaten Haushalte immer sparsamer mit dem Gas umgehen, zieht die Nachfrage nach Kraftwerksgas spürbar an, weil das im Vergleich zur Kohle weit klimafreundlichere Erdgas immer stärker zur Stromproduktion eingesetzt wird. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in der EU. Die Union wird ihren Erdgasverbrauch - im letzten Jahr etwa 530 Mrd. Kubikmeter - bis 2030 noch einmal um 43 Prozent steigern. Doch während er Verbrauch steigt, gehen die Vorräte vor allem in der Nordsee zur Neige. Die Zeit drängt also noch mehr, um die Importlücke von 20 Prozent des europäischen Gasverbrauchs zu schließen. Und 2020 oder auch 2030, das erklärt Domenico Dispenza, Präsident des europäischen Branchenverbandes Eurogas, ist in der langfristig planenden Gaswirtschaft praktisch schon übermorgen :

    ""Aber mehr Gaslieferungen nach Europa heißt Investitionen. Diese Investitionen vor allem in die Gasförderung, um diese Lücke zu schließen, belaufen sich auf mehrere hundert Milliarden Euro. Das ist eine enorme Summe!"

    Eine enorme Summe, die die Westeuropäer auch ausgeben würden. Wenn man sie denn ließe. Neben langfristigen Lieferverträgen, die immer schwerer abzuschließen sind, sind direkte Beteiligungen an Erdgasfeldern besonders begehrt. Das aktuelle Beispiel ist Yushno Russkoje in Russland. 700 Milliarden Kubikmeter Erdgas sind dort sicher nachgewiesen, genug, um alle 18 Millionen deutschen Privathaushalte, die mit Gas heizen, mehr als 20 Jahre lang zu versorgen. Doch während sich die BASF-Tochter Wintershall ihre Minderheitsbeteiligung von 25 Prozent minus einer Aktie an dem Feld längst gesichert hat, schaut der deutsche Marktführer EON-Ruhrgas seit drei Jahren buchstäblich in die Röhre, räumt Konzernchef Bernhard Reutersberg ein:

    "Die Gespräche werden unverändert fortgesetzt. Angesichts des stark gestiegenen Ölpreises ist es allerdings zunehmend schwierig, eine gemeinsame Bewertungsbasis für die gegenseitig zu tauschenden Assets zu finden."

    Mit "Assets" sind Beteiligungen an westeuropäischen Gashandelsgesellschaften gemeint, die Gazprom gegen eine Beteiligung an Yushno Russkoje eintauschen will. Denn Gazprom will nicht mehr länger nur am Gasexport nach Europa verdienen, sondern auch am lukrativen Gasgeschäft in Europa. Ausgleichzahlungen interessieren den Staatskonzern nicht, denn er schwimmt im Geld. 2006 verdiente Gazprom 25,5 Mrd. Dollar mit dem Gasexport, 2007 waren es schon 39,5 Mrd., und in diesem Jahr werden es mindestens 64 Mrd. Dollar sein. Diese Zahlen zeigen: In den Verhandlungen ist E.ON der Gaspreis buchstäblich davongelaufen. 1000 Kubikmeter Erdgas kosteten bei Gasprom im letzten Jahr durchschnittlich 273 Dollar. In diesem Jahr kalkuliert Gazprom mit einem Durchschnittspreis von 401 Dollar, ein Anstieg um 46,8 Prozent! Damit hat sich auch der Wert des Gasfeldes immer weiter erhöht. Inzwischen ist ein Anteil an Yushno Russkoje so wertvoll, dass EON-Ruhrgas kaum noch weiß, welche Beteiligungen der Konzern den Russen noch anbieten soll, um den begehrten Anteil an dem Gasfeld auszugleichen…

    Um das Gas trotzdem sicher strömen zu lassen, blicken die Gasimporteure längst auch in Länder, die noch nicht auf der deutschen Lieferantenliste stehen. Allerdings ist die Auswahl nicht sehr groß und auch nicht sonderlich attraktiv. Denn nach Russland verfügt der Iran mit 28 Billionen Kubikmetern über die zweitgrößten Erdgasreserven der Welt, es folgt das kleine Scheichtum Katar am persischen Golf mit 25 Billionen Kubikmetern. Dieses Gas kann nicht mehr über Pipelines, sondern nur als Flüssiggas in Tankern transportiert werden. Doch in diesem Geschäft, erklärt Wingas-Chef Rainer Seele, gelten andere Regeln.

    "…weil die Produzenten auf die höherpreisigen Märkte etwa in den USA schauen, d.h. man möchte das Gas möglichst in die Märkte schicken, wo man die höchsten Preise erzielen kann."

    Das aber ist ein Kinderspiel. Ein kurzer Funkspruch reicht, um einen Gastanker an jeden Ort der Welt umzuleiten, vorausgesetzt, die nötige Infrastruktur steht. Denn für den Transport muss das Gas auf minus 160 Grad heruntergekühlt werden. Dadurch schrumpft es auf 1/600 (ein sechshundertstel) seines Volumens. Eine solche Gasverflüssigungsanlage kostet bis zu vier Mrd. Euro, die Regasifizierungsanlage im Zielhafen noch einmal eine Milliarde und ein Gastanker mindestens 200 Mio. Euro oder bis zu 65.000 Euro Miete pro Tag. Doch den Europäern bleibt keine Wahl: Wollen sie ihre Gasversorgung auf eine breitere Grundlage stellen, müssen auch sie in die teure Flüssiggaswirtschaft einsteigen, unterstreicht Rainer Seele.

    "Während wir früher als Europäer über Leitungen aus Russland selbstverständlich unser Gas bekommen haben, müssen wir uns heute im Wettbewerb zu Asien und den USA durchsetzen. Und das hat Einfluss auf das Thema Versorgungssicherheit, daher bekommt dieses Thema auch mehr Bedeutung."


    Auch deshalb sind die sieben Mrd. Euro für die neue Nordstream-Pipeline, deren Rohre seit Anfang Mai in Mülheim/Ruhr vom Band laufen, gut angelegtes Geld. Denn wenn in Europa der Gasverbrauch steigt und die eigene Förderung sinkt, wenn Flüssiggas sehr teuer ist, wenn Beteiligungen an Gasfeldern kaum zu haben und langfristige Lieferverträge immer schwerer abzuschließen sind, dann ist die Ostseepipeline Nordstream, an der Gazprom mit 51 Prozent, E.ON-Ruhrgas und Wintershall mit je 20 Prozent und die niederländische Gasunie mit neun Prozent beteiligt sind, genau die richtige Antwort, versichert Wingas-Chef Rainer Seele.

    "Inbesondere wie in diesem Fall, wo der Produzent sein Kapital da investiert hat, hat er ja auch ein essentielles Interesse, das Investment zu monetarisieren. D.h. wenn Gazprom so eine Leitung baut, hat sie ein Interesse, so eine Leitung auch maximal zu nutzen."

    Das erhöht die Versorgungssicherheit beim Erdgas, zumal Gazprom mit 48 Billionen Kubikmetern die größten weltweiten Gasreserven kontrolliert. Ohne Russland, ohne Gazprom, geht es also nicht. Das Beruhigende dabei: Auch Gazprom setzt auf den europäischen und vor allem den deutschen Markt, den der Konzern seit 35 Jahren beliefert. Und beim 35. Jubiläum, das vor kurzem in Leipzig gefeiert wurde, versichert der Vorstandschef Alexej Miller, dass Gazprom seine Liefermengen weiter steigern will:

    "Europa ist unser wichtigster Kunde und wird immer die Nr. 1 sein. Für uns sind Sie unser wichtigster Abnehmer, und wir sind bereit, so viel Gas zu liefern wie sie brauchen."

    Klingt beruhigend, zumal schon heute 37 Prozent des hierzulande verbrauchten Gases aus Russland kommen. Und die Bedeutung von Gazprom wird noch zunehmen, weil die Gasreserven in Norwegen und den Niederlanden, die derzeit 26 bzw. 18 Prozent des deutschen Gasimports abdecken, in wenigen Jahren erschöpft sind. Zur Neige geht auch die heimische Gasproduktion, die heute noch 15 Prozent des Verbrauchs abdeckt. Doch Gazprom weckt auch Ängste.

    Unvergessen ist der Schock vom Januar 2006, als der bis dahin so zuverlässige Lieferant Gazprom die Gaslieferungen an die Ukraine drosselte, weil sich Moskau und Kiew nicht auf einen neuen Liefervertrag und einen neuen Lieferpreis einigen konnten. Als das Transitland Ukraine dann die Pipeline anzapfte, die auch westeuropäische Länder versorgt, kam auch dort weniger Gas an. Und das mitten im Winter! Seitdem ist das Vertrauen in die Liefertreue von Gazprom angeknackst. Doch die russische Seite hat aus dem Vorfall gelernt, zumal sie die Reaktion der Europäer, sich nach anderen Gaslieferanten umzuschauen, ihrerseits mit Sorge betrachtet. Denn 80 Prozent der russischen Gasexporte gehen derzeit nach Europa. Das erklärt, warum Gazprom-Chef Alexej Miller auch betont:

    "Gazprom hängt von Europa als Abnehmer genau so ab wie Europa von den Gaslieferungen aus Russland."

    Das Interessengleichgewicht zwischen den Kunden in Europa und dem Gasriesen in Moskau ist also ausgeglichen. Noch! Gleichwohl sitzen die Gasproduzenten am Ende doch am längeren Hebel, erklärt Klaus-Ewald Holst, Vorstandschef des drittgrößten deutschen Gasimporteurs VNG:

    "Die Welt und wir alle müssen uns darauf einstellen, dass die Frage der Energie in den nächsten Jahrzehnten eine zentrale Rolle spielt und warum sich die Länder, die in Asien sich entwickeln, nicht auch diesen Luxus haben sollen, das muss man sich fragen. Sie wollen ihn, und diese Nachfrage treibt die Preise. Das ist ein einfacher Vorgang."

    ...der sich auch in der Entwicklung des Gaspreises widerspiegelt. Eine Entwicklung, die selbst Alexej Miller, den Vorstandschef von Gazprom, überrascht hat:

    "Als Gazprom letztes Jahr den Geschäftsplan für 2008 aufstellte, gingen wir von einem Gaspreis von 310 Dollar pro 1000 Kubikmeter im Jahresmittel aus. Im März dieses Jahres lautete die Prognose für das Jahresende dann schon auf 400 Dollar. Und jetzt, wo das erste Halbjahr noch nicht einmal vorbei ist, liegen wir tatsächlich schon bei 410 Dollar für 1000 Kubikmeter. Kein Zweifel, das ist dramatisch für unsere Kunden, aber wir glauben, dass die Tendenz zu Preiserhöhungen anhalten wird."

    Vor allem das teure Öl treibt den Gaspreis, der wiederum in vielen Lieferverträgen an den Preis für Rohöl oder auch Heizöl gekoppelt ist. Steigt der Ölpreis, steigt in der Folge je nach Vertrag drei oder sechs Monate später auch der Gaspreis. Der gleiche Mechanismus wirkt, wenn der Ölpreis sinkt, allerdings in umgekehrter Richtung. Die Ölpreisbindung ist also vor allem eine Versicherung für Zeiten sinkender Ölpreise, damit die Gas-Habenichtse dann ein Instrument in der Hand haben, um gegenüber den "Big 6", den sechs großen Gasexporteuren dieser Welt, niedrigere Preise durchsetzen zu können. Die Macht dieser "Big 6" unterschätzen die meisten Kritiker der Ölpreisbindung, meint auch VNG-Chef Klaus-Ewald Holst:

    "Wir haben vier oder fünf große Lieferanten in der Welt für Erdgas, weil, Gott, als die Erdgaslager verteilt wurden, leider zu wenig bei uns abgeladen hat. Die hat er in Russland, im Iran, ‚n bisschen in Norwegen hingelegt, und von da müssen wir den Brennstoff zu uns holen. Stellen Sie sich vor, und das impliziert die Aussage "keine Ölpreisbindung mehr", dann machen die ‚ne Gas-Opec, und dieser Zusammenschluss hätte mehr Macht als die Öl-OPEC! Und dann könnte draußen, wo wir Null Einfluss haben, kein Europa, kein Parlament, dort könnten Preise festgelegt werden!"

    Ein Ende der Ölpreisbindung brächte also nichts. Der Gaspreis würde sich weiter an der Leitwährung auf den internationalen Energiemärkten, dem Öl, orientieren. Das aber heißt nach Lage der Dinge: Die Gasrechnung von jedem der 18,4 Millionen privaten Gaskunden in Deutschland wird weiter steigen. Die spannende Frage ist nur: Um wie viel?.

    "Wenn man bei der bisherigen Kopplung des Preises von Öl und Gas bleibt und die Preissteigerungen bei Öl nimmt, dann wird nach den üblichen Erfahrungen später der Preis auch bei Gas übernommen."

    Mit dieser simplen Überlegung über die Ölpreisbindung bei Gas schreckte Michael Müller kürzlich die 18 Mio. Gaskunden in Deutschland aus ihrer Sonntagsruhe auf. Der Staatssekretär im Bundesumweltministerium hatte sich in einem Interview seine Gedanken über Gaspreisentwicklung gemacht, den Preisanstieg bei Rohöl genommen und reichlich vorschnell prognostiziert, dass die Gaspreise wegen der Ölpreisbindung im Herbst noch einmal um bis zu 40 Prozent steigen könnten. Doch

    "Wer ist Herr Müller?"

    fragt Klaus-Ewald Holst. Der Vorstandschef von Verbundnetz Gas aus Leipzig hält solche Prognosen für äußerst fahrlässig und durch nichts zu rechtfertigen:

    "Herr Müller importiert kein Gas, er versorgt keinen einzigen Kunden, er hat keinen Vertrag, er hat keinen Einblick in die Verträge, kann er ja auch nicht haben, sondern er gibt eine Empfindung wieder, oder er hat die Glaskugel geschaut. Dass Energie teurer wird ist allen bekannt, aber ich weiß diesen Wert nicht. Und er kann ihn auch nicht wissen."

    Deshalb bleiben nur Anhaltspunkte. Mit 54 Prozent entfällt derzeit gut die Hälfte des Gaspreises, den der Endverbraucher zahlt, auf den reinen Brennstoff einschließlich des Vertriebs und der Gewinnmarge. Der Rest sind Steuern, Abgaben und Netzgebühren. Wenn also der Exportpreis etwa von Gazprom innerhalb eines Jahres um fast 47 Prozent gestiegen ist und andere Exporteure ähnliche Preissteigerungen durchdrücken, dann kommt ein gutes Drittel davon beim Endverbraucher an. Das wäre ein Preisanstieg um 15 Prozent. Mindestens.