Es war vor 1,2 Milliarden Jahren. Einzellige Organismen bevölkerten die Erde. Pflanzen oder mehrzellige Tiere gab es noch nicht. Da geschah es. Ein Bakterium, das gelernt hatte, die Energie der Sonne zu nutzen, drang in eine andere Zelle ein und ließ sich dort nieder. Es vermehrte sich in seiner Wirtszelle und wurde als ständiger Untermieter von Generation zu Generation weiter gegeben. Das Bakterium lieferte seinem Wirt Energie, und der Wirt bot in seinem Untermieter Schutz. Es entstand eine Symbiose, ein Zusammenleben zum beiderseitigen Nutzen. Das besagt die so genannte Endosymbionten-Theorie. Beweisen lässt sie sich nicht. Aber Molekulargenetiker wie Bill Martin von der Universität Düsseldorf können das Ereignis rekonstruieren, indem sie das Erbgut heutiger Pflanzen untersuchen. Martin:
"Die Genome enthalten die Spuren der Evolution. Man kann sagen: Die Geschichte des Lebens steht auch in den Genen geschrieben. Es ist aber nicht immer ganz einfach, diese Schrift zu entziffern."
Das deutlichste Überbleibsel der damaligen Untermieter sind die Plastiden. Das sind kleine membranumschlossene Bestandteile von Pflanzenzellen. Am bekanntesten sind die Chloroplasten. Sie geben allen grünen Pflanzen die Fähigkeit zur Photosynthese, also zur Nutzung von Sonnenenergie. Martin:
"Die Plastiden waren einst frei lebende Cyanobakterien mit einem vollständigen Genom mit etwa 5000 bis 7000 Genen. Heute sind nur noch ein paar 100 davon da. Wo sind die anderen geblieben? Sind sie verloren gegangen? Nein! Sie haben sich konzentriert im Kern."
Der Untermieter, auch genannt Endosymbiont, hat seit 1,2 Milliarden dauernd Gene abgegeben – an den Zellkern der Wirtszelle. So haben die einst freien Cyanobakterien ihre Selbstständigkeit verloren. Ihre Gene wurden fortwährend durch Gentransfer auf eine andere Art übertragen, nämlich auf den ursprünglichen Wirt. Und diese natürliche Form des Genaustauschs dauert immer noch an. Bill Martin findet seine Spuren im Erbgut vieler verschiedener Pflanzen:
"Man kann sagen, dass etwa ein Fünftel bis ein Viertel der Erbmasse einer heutigen Pflanze aus Genen besteht, die aus diesen Plastiden stammen. Das heißt: Etwa 20 bis 25 Prozent der Erbmasse heutiger Pflanzen wurden eingeschleppt durch den endosymbiotischen Vorfahren der Plastiden."
Also durch den ehemaligen Untermieter: das Cyanobakterium. Bill Martin hat sich nun die eingeschleusten Gene genauer angeschaut. Viele sind für die Photosynthese zuständig oder für verschiedene Stoffwechselprozesse. Sie sind für die Pflanze lebensnotwendig. Außerdem hat er mit einer Art Detektivarbeit begonnen. Wie sah der erste Untermieter vor 1,2 Milliarden Jahren aus? Er müsste sich – so seine Idee - aus den Spuren im Erbgut heutiger Pflanzen rekonstruieren lassen. Einiges kann er schon sagen. Martin:
"Wir haben es nicht mit einem Krüppel von Endosymbionten zu tun, der stark spezialisiert war, sondern mit einem Generalisten, der fähig war, unter allen erdenklichen Umweltbedingungen gut zu Rande zu kommen."
Die größte Übereinstimmung fand Bill Martin mit der Gattung Nostoc, einem weit verbreiteten Cyanobakterium. Aber wer war der ehemalige Vermieter? Welche der heutigen Pflanzengene stammen von der ursprünglichen Wirtszelle? Das herauszufinden ist weitaus schwieriger. Das genetische Profiling hat gerade erst begonnen.
"Die Genome enthalten die Spuren der Evolution. Man kann sagen: Die Geschichte des Lebens steht auch in den Genen geschrieben. Es ist aber nicht immer ganz einfach, diese Schrift zu entziffern."
Das deutlichste Überbleibsel der damaligen Untermieter sind die Plastiden. Das sind kleine membranumschlossene Bestandteile von Pflanzenzellen. Am bekanntesten sind die Chloroplasten. Sie geben allen grünen Pflanzen die Fähigkeit zur Photosynthese, also zur Nutzung von Sonnenenergie. Martin:
"Die Plastiden waren einst frei lebende Cyanobakterien mit einem vollständigen Genom mit etwa 5000 bis 7000 Genen. Heute sind nur noch ein paar 100 davon da. Wo sind die anderen geblieben? Sind sie verloren gegangen? Nein! Sie haben sich konzentriert im Kern."
Der Untermieter, auch genannt Endosymbiont, hat seit 1,2 Milliarden dauernd Gene abgegeben – an den Zellkern der Wirtszelle. So haben die einst freien Cyanobakterien ihre Selbstständigkeit verloren. Ihre Gene wurden fortwährend durch Gentransfer auf eine andere Art übertragen, nämlich auf den ursprünglichen Wirt. Und diese natürliche Form des Genaustauschs dauert immer noch an. Bill Martin findet seine Spuren im Erbgut vieler verschiedener Pflanzen:
"Man kann sagen, dass etwa ein Fünftel bis ein Viertel der Erbmasse einer heutigen Pflanze aus Genen besteht, die aus diesen Plastiden stammen. Das heißt: Etwa 20 bis 25 Prozent der Erbmasse heutiger Pflanzen wurden eingeschleppt durch den endosymbiotischen Vorfahren der Plastiden."
Also durch den ehemaligen Untermieter: das Cyanobakterium. Bill Martin hat sich nun die eingeschleusten Gene genauer angeschaut. Viele sind für die Photosynthese zuständig oder für verschiedene Stoffwechselprozesse. Sie sind für die Pflanze lebensnotwendig. Außerdem hat er mit einer Art Detektivarbeit begonnen. Wie sah der erste Untermieter vor 1,2 Milliarden Jahren aus? Er müsste sich – so seine Idee - aus den Spuren im Erbgut heutiger Pflanzen rekonstruieren lassen. Einiges kann er schon sagen. Martin:
"Wir haben es nicht mit einem Krüppel von Endosymbionten zu tun, der stark spezialisiert war, sondern mit einem Generalisten, der fähig war, unter allen erdenklichen Umweltbedingungen gut zu Rande zu kommen."
Die größte Übereinstimmung fand Bill Martin mit der Gattung Nostoc, einem weit verbreiteten Cyanobakterium. Aber wer war der ehemalige Vermieter? Welche der heutigen Pflanzengene stammen von der ursprünglichen Wirtszelle? Das herauszufinden ist weitaus schwieriger. Das genetische Profiling hat gerade erst begonnen.