Jochen Spengler: 5,2 Millionen Arbeitslose sind der Anlass für den Job-Gipfel morgen. Was tun gegen die Arbeitslosigkeit? Der Bundespräsident hat gestern eine politische Vorfahrtsregel für Arbeit gefordert. Vermutlich würde es ein Buch füllen, alle Vorschläge und Mehr-Punkte-Programme aufzulisten, die allein in den letzten Tagen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gemacht wurden. Die wichtigsten Stichworte lauten Bürokratieabbau, flexiblere Arbeitsmärkte, niedrigere Unternehmenssteuern, geringere Lohnnebenkosten. So haben zum Beispiel drei führende Wirtschaftsforschungsinstitute vorgeschlagen, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zu senken und die Mehrwertsteuer dafür um zwei Prozentpunkte zu erhöhen. Das fordert Ralf Stegner schon seit mehr als einem Jahr. Ralf Stegner ist Sozialdemokrat und der Finanzminister von Schleswig-Holstein. Guten Morgen Herr Stegner.
Ralf Stegner: Guten Morgen Herr Spengler.
Spengler: Fühlen Sie sich bestätigt?
Stegner: Allerdings, das fühle ich mich in der Tat, denn unser Problem sind ja nicht die hohen Steuern, sondern unser Problem sind die hohen Lohnnebenkosten. Das heißt die Arbeit wird zu stark belastet und das geht zu Lasten der Arbeitnehmer und zu Lasten der Betriebe, die auf Arbeitsplätze setzen, anstatt sie abzubauen. Insofern wenn das allmählich in die Richtung unserer Vorschläge geht, wäre das sehr begrüßenswert.
Spengler: Der Kanzler hat aber die Mehrwertsteuererhöhung schon abgelehnt. Wieso hört er nicht auf Sie?
Stegner: Manchmal dauert das ein bisschen, bis man sich durchsetzen kann mit solchen Positionen. Die Politik hat in der Regel Angst vor dem Mehrwertsteuer-Thema, weil es natürlich leicht einfach als eine Steuererhöhung dargestellt werden kann. Wenn man das aber vernünftig macht und auch nicht mitten in einer Konjunkturkrise, sondern wenn die Konjunktur ein bisschen angezogen hat, dann führt das eben dazu, dass die Arbeitnehmer mehr netto in der Tasche haben und wir wie gesagt die Unternehmen stärken, die nicht wie bei der Deutschen Bank ankündigen, dass sie Leute rausschmeißen, sondern die auf Arbeitsplätze setzen. Das stärkt den Standort Deutschland. Insofern bin ich ganz zuversichtlich, dass wir das schaffen werden, dafür Mehrheiten zu bekommen: erst innerhalb der SPD und schließlich auch über die SPD hinaus.
Spengler: Obwohl eine Bedingung, die Sie gerade erwähnt haben, ja nun nicht erfüllt ist: die anziehende Konjunktur. Davon kann ja nicht die Rede sein.
Stegner: Nein. Das hat aber auch ein bisschen glaube ich damit zu tun, dass wir in so einer Negativspirale uns befinden und dass viele den Standort schlecht reden, so tun als ob hier alles katastrophal sei, dass die Zuversicht fehlt. Und nun kommt eben noch jemand wie der Herr Ackermann dazu, der bei Rekordgewinnen seiner Bank - und die zahlen kaum Steuern - dann auch noch erklärt, jetzt nutzt man das, um den Aktionären etwas Gutes zu tun, und kündigt Arbeitsplatzverluste an. Das verschreckt in der Tat ganze viele Normal- und Geringverdiener. Das heißt die Rahmenbedingungen müssen stabiler werden. Aber es ist glaube ich schon etwas, was auf Sicht, wenn man sagt das und das wollen wir tun, dann die Bürger auch überzeugt und dann kann man das auch machen.
Spengler: Senkung der Arbeitslosenversicherung beziehungsweise der Beiträge dazu, das scheint inzwischen überall Konsens zu sein, die Mehrwertsteuer nicht. Da müssen wir wahrscheinlich noch etwas abwarten. Jetzt soll angeblich die Eigenheimzulage wegfallen, um den Beitrag für die Arbeitslosenversicherung zu senken. Wäre das genauso gut wie die Mehrwertsteuererhöhung?
Stegner: Ich glaube man muss beides tun. Wir müssen einerseits die Lohnnebenkosten senken und müssen das umverteilen. Ich glaube schon, dass das erforderlich ist. Wir müssen weiterhin auch Subventionen abbauen, denn wir müssen ja die öffentlichen Kassen stabil halten. Wir haben eine katastrophale Entwicklung bei den Steuern. Wenn die öffentliche Hand nicht investieren kann, zum Beispiel in den Kommunen, in Straßen, in Schulen, dann fehlt auch den Betrieben vor Ort die Beschäftigung. Das heißt wir müssen dieses tun. Das Problem mit der Eigenheimzulage ist ja nur: das ist bisher immer gescheitert an CDU und FDP, die ja sehr viel über Subventionsabbau reden, aber wenn es ernst wird, dann kneifen die regelmäßig. Das ist unser Problem. Man kann Unternehmenssteuern wirklich nur senken, wenn insgesamt die staatlichen Einnahmen nicht sinken. Das kann sich der Staat nicht mehr leisten. Das geht dann wirklich nur, wenn man Subventionen wie die Eigenheimzulage abbaut. Aber da haben wir ja sagen wir mal ein großes Durcheinander bei der CDU: der eine ist dafür, der andere ist dagegen, der dritte ist im Prinzip dafür, aber konkret dagegen. Das müsste sich wirklich ändern, wenn wir vorankommen wollen, und da geht wirklich die Aufforderung zunächst mal an die, die die Mehrheit im Bundesrat haben, und das sind CDU und FDP.
Spengler: Dieses Argument, das Sie gerade verwendet haben, was ja auch Hans Eichel immer verwendet, wir können die Steuern nicht senken, weil uns dann die Einnahmen wegbrechen, diesem Argument hat der Bundespräsident ja gestern entgegengehalten, man muss das erst mal tun, weil alle Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass wenn die erst mal gesenkt sind dann die Einnahmen des Staates stärker sprudeln. Ist Ihnen ein Staat bekannt, der völlig verarmt wäre, weil er die Steuern gesenkt und das Steuersystem vereinfacht hat?
Stegner: Bei allem Respekt vor dem Herrn Bundespräsidenten und ich teile ja seine Einschätzung, dass wir eine Vorfahrt für Arbeit brauchen. Aber wir brauchen dann auch eine Straßenverkehrsordnung, die nicht nur die Arbeitnehmer und die Politik mit einbezieht, sondern die Unternehmen auch und wir haben ja die Steuern gewaltig gesenkt. Wir haben die größte Steuersenkung in der Geschichte der Bundesrepublik gemacht, über 50 Milliarden Entlastung für Arbeitnehmer und Betriebe. Und was ist dabei heraus gekommen? Heraus gekommen ist doch, dass Arbeitsplätze weiter abgebaut worden sind. Insofern nützen wenig die Einsichten aus Büchern von Volkswirten zu diesem Thema, sondern die Wirklichkeit in der Bundesrepublik sieht eben so aus, dass auch die Unternehmen, die Rekordgewinne machen, Arbeitsplätze abgebaut haben. Deswegen finde ich muss man auch mal sehr deutlich sagen - und das kam mir ein bisschen zu kurz in der Rede gestern -, dass wir nicht neue Horrorkataloge brauchen, die die Arbeitnehmer belasten, sondern dass die Unternehmer ihrer ureigenen Verantwortung, nämlich etwas für Arbeitsplätze zu tun, dann auch gerecht werden müssen. Daran mangelt es. Und einen Blankoscheck jetzt, indem man sagt wir senken mal die Steuern und schauen mal was passiert, können wir uns wirklich nicht mehr leisten. Wenn alle an einem Strang ziehen - und zwar in die richtige Richtung, in die gleiche Richtung -, dann kann man das machen, aber nicht wir senken erst mal die Steuern und schauen was passiert. Damit haben wir in Deutschland in den letzten Jahren extrem schlechte Erfahrungen gemacht, denn Sie haben ja selbst gesagt, die Konjunktur ist nicht besonders angezogen, die Arbeitslosigkeit ist bei über fünf Millionen und das trotz Rekordsteuersenkung, die wir gemacht haben.
Spengler: Aber Herr Stegner, jetzt sind wieder Steuersenkungen geplant, wenn ich das richtig verstehe. Die Kapitalertragssteuer für die großen Unternehmen soll auf 19 Prozent gesenkt werden. Droht da eine Wiederholung der handwerklich völlig missratenen Unternehmenssteuerreform?
Stegner: Manches was da in der Vergangenheit gemacht worden ist war sicherlich nicht der Gipfel der Handwerkskunst. Da würde ich Ihnen sofort Recht geben. Ich sage nur: wenn wir Steuern senken, egal in welchem Bereich, und Steuersätze senken, dann geht das nur, wenn man die Bemessungsgrundlagen verbreitert, wenn man diese ganzen Ausnahmen beseitigt. Wenn wir mal über Deutschland hinausgucken; das kann man ja vielleicht auch noch mal zu der Frage sagen. Andere Länder haben niedrigere Steuersätze als wir, aber die haben diese ganzen Ausnahmen nicht. Die haben nicht diese Riesen Subventionen für die Landwirtschaft wie bei uns. Die haben eben keine Eigenheimzulage, was die größte Subvention darstellt. Aber das bedeutet eben, dass alle dann auch wirklich zusammen stehen müssen und da vermisse ich momentan die Einsicht auch bei vielen Arbeitgeberfunktionären und ich vermisse das Mittun bei denen, die für die Mehrheiten sorgen müssen. Die einseitige Kritik an der Politik in dieser Frage, die finde ich falsch, denn das wird nur gelingen, der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, wenn Politik, Gewerkschaften und Unternehmen ihrer Verantwortung gerecht werden.
Spengler: Das heißt: was machen wir mit der Kapitalertragssteuer?
Stegner: Man kann dort zu Veränderungen kommen, die auch zu einer Senkung der Sätze führen. Das haben wir auch in unserem eigenen Konzept aus Schleswig-Holstein immer gesagt. Aber das geht nur im Gleichklang damit, dass wir Subventionen abbauen und die Bemessungsgrundlage verbreitern. Ich werbe ja auch in meiner Partei dafür, dass wir ein umfassendes Steuerkonzept machen, das also insgesamt einfacher ist, deutlich einfacher, was kleinen und mittleren Betrieben besonders helfen würde, das gerechter ist und das die Interessen von Gering- und Normalverdienern - und das ist die Mehrheit in unserer Bevölkerung - berücksichtigt. Dann hätten wir auch das Zutrauen wieder und dann hätte der Bundespräsident auch Recht. Wenn daraus dann mehr Arbeitsplätze kommen, dann kommen mehr Steuern und Beitragseinnahmen. Dann brauchen wir weniger Sozialtransfers. Man muss den Pferden was zu saufen geben, habe ich früher mal in einem Buch gelesen. Das ist glaube ich notwendig und nicht, dass wir alle in so eine Negativspirale kommen, wo alles immer schlechter wird.
Spengler: Das war Ralf Stegner, Sozialdemokrat und Finanzminister von Schleswig-Holstein. Vielen Dank für das Gespräch Herr Stegner und über die Zukunft von rot/grün müssen wir dann ein andermal sprechen, die Zukunft von rot/grün in Kiel.
Stegner: Alles klar! Tschüs Herr Spengler.
Ralf Stegner: Guten Morgen Herr Spengler.
Spengler: Fühlen Sie sich bestätigt?
Stegner: Allerdings, das fühle ich mich in der Tat, denn unser Problem sind ja nicht die hohen Steuern, sondern unser Problem sind die hohen Lohnnebenkosten. Das heißt die Arbeit wird zu stark belastet und das geht zu Lasten der Arbeitnehmer und zu Lasten der Betriebe, die auf Arbeitsplätze setzen, anstatt sie abzubauen. Insofern wenn das allmählich in die Richtung unserer Vorschläge geht, wäre das sehr begrüßenswert.
Spengler: Der Kanzler hat aber die Mehrwertsteuererhöhung schon abgelehnt. Wieso hört er nicht auf Sie?
Stegner: Manchmal dauert das ein bisschen, bis man sich durchsetzen kann mit solchen Positionen. Die Politik hat in der Regel Angst vor dem Mehrwertsteuer-Thema, weil es natürlich leicht einfach als eine Steuererhöhung dargestellt werden kann. Wenn man das aber vernünftig macht und auch nicht mitten in einer Konjunkturkrise, sondern wenn die Konjunktur ein bisschen angezogen hat, dann führt das eben dazu, dass die Arbeitnehmer mehr netto in der Tasche haben und wir wie gesagt die Unternehmen stärken, die nicht wie bei der Deutschen Bank ankündigen, dass sie Leute rausschmeißen, sondern die auf Arbeitsplätze setzen. Das stärkt den Standort Deutschland. Insofern bin ich ganz zuversichtlich, dass wir das schaffen werden, dafür Mehrheiten zu bekommen: erst innerhalb der SPD und schließlich auch über die SPD hinaus.
Spengler: Obwohl eine Bedingung, die Sie gerade erwähnt haben, ja nun nicht erfüllt ist: die anziehende Konjunktur. Davon kann ja nicht die Rede sein.
Stegner: Nein. Das hat aber auch ein bisschen glaube ich damit zu tun, dass wir in so einer Negativspirale uns befinden und dass viele den Standort schlecht reden, so tun als ob hier alles katastrophal sei, dass die Zuversicht fehlt. Und nun kommt eben noch jemand wie der Herr Ackermann dazu, der bei Rekordgewinnen seiner Bank - und die zahlen kaum Steuern - dann auch noch erklärt, jetzt nutzt man das, um den Aktionären etwas Gutes zu tun, und kündigt Arbeitsplatzverluste an. Das verschreckt in der Tat ganze viele Normal- und Geringverdiener. Das heißt die Rahmenbedingungen müssen stabiler werden. Aber es ist glaube ich schon etwas, was auf Sicht, wenn man sagt das und das wollen wir tun, dann die Bürger auch überzeugt und dann kann man das auch machen.
Spengler: Senkung der Arbeitslosenversicherung beziehungsweise der Beiträge dazu, das scheint inzwischen überall Konsens zu sein, die Mehrwertsteuer nicht. Da müssen wir wahrscheinlich noch etwas abwarten. Jetzt soll angeblich die Eigenheimzulage wegfallen, um den Beitrag für die Arbeitslosenversicherung zu senken. Wäre das genauso gut wie die Mehrwertsteuererhöhung?
Stegner: Ich glaube man muss beides tun. Wir müssen einerseits die Lohnnebenkosten senken und müssen das umverteilen. Ich glaube schon, dass das erforderlich ist. Wir müssen weiterhin auch Subventionen abbauen, denn wir müssen ja die öffentlichen Kassen stabil halten. Wir haben eine katastrophale Entwicklung bei den Steuern. Wenn die öffentliche Hand nicht investieren kann, zum Beispiel in den Kommunen, in Straßen, in Schulen, dann fehlt auch den Betrieben vor Ort die Beschäftigung. Das heißt wir müssen dieses tun. Das Problem mit der Eigenheimzulage ist ja nur: das ist bisher immer gescheitert an CDU und FDP, die ja sehr viel über Subventionsabbau reden, aber wenn es ernst wird, dann kneifen die regelmäßig. Das ist unser Problem. Man kann Unternehmenssteuern wirklich nur senken, wenn insgesamt die staatlichen Einnahmen nicht sinken. Das kann sich der Staat nicht mehr leisten. Das geht dann wirklich nur, wenn man Subventionen wie die Eigenheimzulage abbaut. Aber da haben wir ja sagen wir mal ein großes Durcheinander bei der CDU: der eine ist dafür, der andere ist dagegen, der dritte ist im Prinzip dafür, aber konkret dagegen. Das müsste sich wirklich ändern, wenn wir vorankommen wollen, und da geht wirklich die Aufforderung zunächst mal an die, die die Mehrheit im Bundesrat haben, und das sind CDU und FDP.
Spengler: Dieses Argument, das Sie gerade verwendet haben, was ja auch Hans Eichel immer verwendet, wir können die Steuern nicht senken, weil uns dann die Einnahmen wegbrechen, diesem Argument hat der Bundespräsident ja gestern entgegengehalten, man muss das erst mal tun, weil alle Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass wenn die erst mal gesenkt sind dann die Einnahmen des Staates stärker sprudeln. Ist Ihnen ein Staat bekannt, der völlig verarmt wäre, weil er die Steuern gesenkt und das Steuersystem vereinfacht hat?
Stegner: Bei allem Respekt vor dem Herrn Bundespräsidenten und ich teile ja seine Einschätzung, dass wir eine Vorfahrt für Arbeit brauchen. Aber wir brauchen dann auch eine Straßenverkehrsordnung, die nicht nur die Arbeitnehmer und die Politik mit einbezieht, sondern die Unternehmen auch und wir haben ja die Steuern gewaltig gesenkt. Wir haben die größte Steuersenkung in der Geschichte der Bundesrepublik gemacht, über 50 Milliarden Entlastung für Arbeitnehmer und Betriebe. Und was ist dabei heraus gekommen? Heraus gekommen ist doch, dass Arbeitsplätze weiter abgebaut worden sind. Insofern nützen wenig die Einsichten aus Büchern von Volkswirten zu diesem Thema, sondern die Wirklichkeit in der Bundesrepublik sieht eben so aus, dass auch die Unternehmen, die Rekordgewinne machen, Arbeitsplätze abgebaut haben. Deswegen finde ich muss man auch mal sehr deutlich sagen - und das kam mir ein bisschen zu kurz in der Rede gestern -, dass wir nicht neue Horrorkataloge brauchen, die die Arbeitnehmer belasten, sondern dass die Unternehmer ihrer ureigenen Verantwortung, nämlich etwas für Arbeitsplätze zu tun, dann auch gerecht werden müssen. Daran mangelt es. Und einen Blankoscheck jetzt, indem man sagt wir senken mal die Steuern und schauen mal was passiert, können wir uns wirklich nicht mehr leisten. Wenn alle an einem Strang ziehen - und zwar in die richtige Richtung, in die gleiche Richtung -, dann kann man das machen, aber nicht wir senken erst mal die Steuern und schauen was passiert. Damit haben wir in Deutschland in den letzten Jahren extrem schlechte Erfahrungen gemacht, denn Sie haben ja selbst gesagt, die Konjunktur ist nicht besonders angezogen, die Arbeitslosigkeit ist bei über fünf Millionen und das trotz Rekordsteuersenkung, die wir gemacht haben.
Spengler: Aber Herr Stegner, jetzt sind wieder Steuersenkungen geplant, wenn ich das richtig verstehe. Die Kapitalertragssteuer für die großen Unternehmen soll auf 19 Prozent gesenkt werden. Droht da eine Wiederholung der handwerklich völlig missratenen Unternehmenssteuerreform?
Stegner: Manches was da in der Vergangenheit gemacht worden ist war sicherlich nicht der Gipfel der Handwerkskunst. Da würde ich Ihnen sofort Recht geben. Ich sage nur: wenn wir Steuern senken, egal in welchem Bereich, und Steuersätze senken, dann geht das nur, wenn man die Bemessungsgrundlagen verbreitert, wenn man diese ganzen Ausnahmen beseitigt. Wenn wir mal über Deutschland hinausgucken; das kann man ja vielleicht auch noch mal zu der Frage sagen. Andere Länder haben niedrigere Steuersätze als wir, aber die haben diese ganzen Ausnahmen nicht. Die haben nicht diese Riesen Subventionen für die Landwirtschaft wie bei uns. Die haben eben keine Eigenheimzulage, was die größte Subvention darstellt. Aber das bedeutet eben, dass alle dann auch wirklich zusammen stehen müssen und da vermisse ich momentan die Einsicht auch bei vielen Arbeitgeberfunktionären und ich vermisse das Mittun bei denen, die für die Mehrheiten sorgen müssen. Die einseitige Kritik an der Politik in dieser Frage, die finde ich falsch, denn das wird nur gelingen, der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, wenn Politik, Gewerkschaften und Unternehmen ihrer Verantwortung gerecht werden.
Spengler: Das heißt: was machen wir mit der Kapitalertragssteuer?
Stegner: Man kann dort zu Veränderungen kommen, die auch zu einer Senkung der Sätze führen. Das haben wir auch in unserem eigenen Konzept aus Schleswig-Holstein immer gesagt. Aber das geht nur im Gleichklang damit, dass wir Subventionen abbauen und die Bemessungsgrundlage verbreitern. Ich werbe ja auch in meiner Partei dafür, dass wir ein umfassendes Steuerkonzept machen, das also insgesamt einfacher ist, deutlich einfacher, was kleinen und mittleren Betrieben besonders helfen würde, das gerechter ist und das die Interessen von Gering- und Normalverdienern - und das ist die Mehrheit in unserer Bevölkerung - berücksichtigt. Dann hätten wir auch das Zutrauen wieder und dann hätte der Bundespräsident auch Recht. Wenn daraus dann mehr Arbeitsplätze kommen, dann kommen mehr Steuern und Beitragseinnahmen. Dann brauchen wir weniger Sozialtransfers. Man muss den Pferden was zu saufen geben, habe ich früher mal in einem Buch gelesen. Das ist glaube ich notwendig und nicht, dass wir alle in so eine Negativspirale kommen, wo alles immer schlechter wird.
Spengler: Das war Ralf Stegner, Sozialdemokrat und Finanzminister von Schleswig-Holstein. Vielen Dank für das Gespräch Herr Stegner und über die Zukunft von rot/grün müssen wir dann ein andermal sprechen, die Zukunft von rot/grün in Kiel.
Stegner: Alles klar! Tschüs Herr Spengler.