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Unterricht für Schuldirektoren

Schulleiter müssen eine Organisation leiten, Personal führen, den Kontakt zur Schulaufsicht halten und nebenher auch noch unterrichten. Auf diese zahlreichen Aufgaben vorbereitet werden allerdings die wenigsten Direktoren. Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat deshalb den viersemestrigen Masterstudiengang "Schulmanagement" eingerichtet - eine Kombination aus Präsenz- und Online-Studium.

Von Matthias Günther | 06.11.2008
    Ein Schulleiter soll eine Organisation leiten, Personal führen, den Kontakt zur Schulaufsicht halten, er ist pädagogischer Leiter und soll sich mit internationalen Studien befassen und Konsequenzen aus internen Vergleichen oder den Ergebnissen der verschiedenen Schultests ziehen, sagt Professor Köller. Er ist Direktor des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen der 16 Bundesländer und kritisiert, dass die Schulleiter auf ihre Aufgaben bisher kaum vorbereitet sind:

    "Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort werden ins kalte Wasser geworfen und das ist ja auch das, was wir aus den Befragungen von Schulleitern und Schulleiterinnen wissen, dass viele auch in ihrem Job überfordert sind, vor allem dann, wenn sie auch parallel noch viel Unterricht zu erteilen haben, dass die vielfältigen Belastungen plus Unterrichtsbelastungen kaum zu bewältigen sind."

    Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat deshalb vor einem Jahr den viersemestrigen Masterstudiengang "Schulmanagement" eingerichtet - eine Kombination aus Präsenz- und Online-Studium. Die Studierenden kommen aus ganz Deutschland: zum Teil Schulleiter und stellvertretende Schulleiter, in der großen Mehrheit aber Lehrer, die sich vorstellen können, später einmal Führungsaufgaben an einer Schule zu übernehmen. Das gilt auch für Andre Schermer aus Thüringen, der Wirtschaft und Recht unterrichtet und nun bei seinem Schulmanagementstudium festgestellt hat, dass die Regeln der Unternehmensführung auch für Schulen gelten:

    "Das heißt also, dass man mittlerweile sehr stark erkennen kann, dass sich Schule und Wirtschaft in sehr viel mehr Bereichen gleichen und ähneln, als man es vorher hätte vermuten können. Es geht vor allem darum, dass Qualitätssicherung und auch Management etwas ist, was man für seinen eigenen Werdegang unwahrscheinlich benötigt."

    Auch in den Pflichtpraktika können die Lehrer diese Erfahrung machen, berichtet Jan Rüder aus Schleswig-Holstein:

    "Ich habe zum Beispiel ein Praktikum gemacht in einem Wirtschaftsbetrieb, und das war angesiedelt beim Qualitätsmanagement. Das ist eine Firma gewesen, die Werkzeuge für die Automobilindustrie herstellt und die also sehr hohen Qualitätsanforderungen ausgesetzt ist. Und da zu beobachten, wie die diese Qualitätsanforderungen erfüllen, das war schon sehr interessant."

    Außer "Qualität sichern und verbessern" sieht der Stundenplan "Personal führen" vor, "professionell kommunizieren", "Unterricht beurteilen und verbessern", "Organisation managen" und "aus Vergleichsstudien lernen". Ein besonderer Schwerpunkt des Studiums ist das Fach "diagnostizieren und evaluieren", das Professor Jens Möller unterrichtet:

    "Das ist ein bisschen so etwas wie das methodische Rückgrat dieses Studiengangs. Das heißt, wir bringen die Studierenden dazu, beispielsweise innovative Konzepte im Unterricht einführen und auch überprüfen zu können. Das heißt, die Studierenden lernen bei uns, Fragebögen zu entwickeln, Leistungstests zu konstruieren, Klassenarbeiten auch mal anders zu gestalten, und alle diese Maßnahmen in einen kritischen Blick zu nehmen, so dass sie selbst also auch die Wirksamkeit ihres Vorgehens überprüfen können."

    Die studierenden Lehrer berichten, dass ihr Streben nach einer zusätzlichen Qualifikation von ihren Schulleitern nicht gerade bejubelt wird. Nicht nur, weil die Lehrer an ihren Schulen an einigen Tagen fehlen, um an Veranstaltungen in Kiel teilzunehmen, und so den Stundenplan durcheinander bringen, meint Ulrich Kanz aus Bayern:

    "Es ist sicher ein Grund, dass man als Schulleiter sich vielleicht auch etwas beobachtet fühlt, weil jetzt ein Kollege an der Schule ist, der einem etwas auf die Finger schauen kann, aber ich denke mal, in erster Linie sind es dann schon Sachzwänge."

    Nach den Worten von Thomas Riecke-Baulecke, Direktor des Instituts für Qualitätssicherung an Schulen Schleswig-Holstein, zeigen die Studierenden ein ungewöhnlich großes Engagement - auch bei ihren Masterarbeiten, die sehr praxisbezogen sein müssen:

    "Viele Studierende haben sehr innovative Ideen, also: Entwurf einer neuen Schule, Neuüberlegungen für eine Lehr- und Lernkultur, um mehr schüleraktivierenden Unterricht zu fördern. Und es gibt auch Studierende, die sagen, sie sind so begeistert, dass sie diese Ideen, die sie in einer Masterarbeit beschreiben, dann auch gerne in die Praxis umsetzen wollen - bis hin zur Gründung neuer Schulen."

    Ob sie nun später Schulleiter werden, gar eine neue Schule gründen oder einfach Lehrer bleiben - 96 Prozent der Studierenden geben an, dass sie in dem Schulmanagement-Studium in jedem Fall viel Nützliches lernen - eine derart positive Bewertung von Fortbildungsveranstaltungen durch Lehrer ist selten.