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Unterschätzte Gefahr: Lungenentzündung

Lungenentzündungen - im Fachjargon auch "Pneumonien" genannt - sind die häufigste Todesursache in Deutschland: 75.000 Betroffene sterben jedes Jahr an dieser Erkrankung. Einziges Gegenmittel im Kampf gegen Lungenentzündungen sind Antibiotika. Doch viele der bakteriellen Erreger sind mittlerweile resistent, lassen sich also nur schwer in den Griff bekommen. Wenn Viren die Lungenentzündung auslösen, dann helfen die Medikamente sogar überhaupt nicht. Bleiben die Schutzimpfungen - insbesondere gegen Pneumokokken. Doch auch sie können nicht jede Lungenentzündung verhindern.

Von Michael Engel |
    Arzthelferin Nadin Touaiti hat in diesen Tagen viel zu tun. Ständig klingelt das Telefon in der pneumologischen Praxis, denn die nasskalte Jahreszeit macht vielen Patienten zu schaffen: Husten, Schnupfen, Heiserkeit, und auch die Zahl der Lungenentzündungen nimmt jetzt dramatisch zu, so der Lungenfacharzt Dr. Alexander Schulz.

    In einer lungenfachärztlichen Schwerpunktpraxis ist gerade diese milde Winterwitterung prädisponierend für Atemwegsinfekte. Gerade in diesem Winter sehen wir eine hohe Zahl von Lungenentzündungen, langwierigen und hartnäckigen Bronchitiserkrankungen: Atemwegsinfekte spielen in der Tat eine große Rolle.

    Plötzlich einsetzender Husten, Schleimauswurf, Luftnot, begleitet von heftigem Fieber – das sind die untrüglichen Zeichen für eine Lungenentzündung. Doch besonders bei älteren Menschen sind die Symptome nicht immer gleich eindeutig - wie bei dieser Patientin:

    Es ging los, dass ich Beklemmungen in der Brust hatte, erst in der linken Seite, dass ich gedacht hatte, es ist irgend etwas mit dem Herzen. Dann merkte ich plötzlich, ich bekomme Husten, der etwas anders war als der normale Husten. Ein bellender Husten, und es tat alles weh.

    Eine Lungenentzündung kann sich im Körper rasch ausbreiten, zu Vereiterungen des Rippenfellraumes führen und sogar – worst case - eine Blutvergiftung mit Todesfolge auslösen. Schnelles Handeln ist daher die Devise:

    Bei der Pneumonie ist eine entsprechende Antibiotikawahl von größter Bedeutung, weil damit der Verlauf positiv beeinflußt werden kann und Heilung erreichbar ist.

    So genannte "Pneumokokken" sind in 50 Prozent der Fälle bei Lungenentzündungen beteiligt, andere bakterielle Erreger wie Legionellen dagegen nur mit fünf Prozent. Bei Viren sind es nach neuesten Erkenntnissen sogar 13 Prozent. Wenigstens gegen die Pneumokokken gibt es eine Schutzimpfung, doch bietet sie bis heute leider keinen umfassenden Schutz.

    Aber sie verhütet doch in einem hohem Prozentsatz die schwerwiegenden Verläufe. Die schwere Lungenentzündung mit Rippenfellvereiterung oder eben so genannte Hirnhautentzündungen. Also die schwerwiegende Verlaufsform wird hiermit in doch einem ganz relevanten Prozentsatz – man sagt 70 bis 80 Prozent Risikoreduktion kann angenommen und erwartet werden.

    Alle fünf bis sechs Jahre muss eine Pneumokokken-Impfung aufgefrischt werden: Empfehlenswert für ältere Menschen jenseits von 60 Jahren, aber auch für chronisch Kranke mit Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Asthma. Neben der Pneumokokkenimpfung ist auch eine Grippeschutzimpfung unerläßlich, so das Urteil von Dr. Tobias Köhnlein, Lungenexperte an der Medizinischen Hochschule Hannover:

    Was die jüngeren Patienten betrifft: Risikofaktoren, also vorbestehende Lungenerkrankungen oder gehäufter Umgang zum Beispiel im Krankenhausbereich – im professionellen Bereich mit Patienten – also ein erhöhtes Infektionsrisiko ist durchaus ein Grund sich impfen zu lassen.

    Statistiken zeigen: Das Risiko für eine Lungenentzündung kann mit einer Grippeschutzimpfung um 20 Prozent gesenkt werden. Nicht zuletzt deswegen legt Prof. Adolf Windorfer vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt Pneumokokken und Grippeschutzimpfung dringend ans Herz.

    Das ist unentgeltlich, speziell für Menschen über 60 Jahre und für Menschen, die eine chronische Grunderkrankungen haben – egal welchen Alters – also Diabetiker oder Menschen mit einer chronischen Herz-Lungen-Erkrankung und was es auch immer sei. Für die ist diese Impfung unentgeltlich. Wie bei allen Impfungen und Vorsorgemaßnahmen entfällt da ja immer die Praxisgebühr.

    Was nur wenige Patienten wissen: Nicht nur die empfohlenen Schutzimpfungen sind für Kassenpatienten unentgeltlich, sondern auch die Impfberatungen. Wer mit dem Impfpaß den Arzt seines Vertrauens aufsucht, muss nicht einmal zehn Euro Praxisgebühr bezahlen, sofern keine anderen Behandlungen notwendig werden. Für Annegret Wilhelm, die gerade eine Lungenentzündung mitgemacht hat, ist der Fall klar:

    Die Grippeimpfung habe ich schon hinter mir, habe mit dem Arzt gesprochen, Pneumokokkenimpfung: Ja, hat er gesagt, wenn alles total abgeklungen ist, dann kann ich mich gegen Pneumokokken impfen lassen. Und ich werde das machen.