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Unterwegs auf der Datenautobahn

"Sie sind doch nur hier, um wieder etwas zu Ihrem Lieblingsthema loszuwerden: Mautgebühren und das der Datenschutz dadurch gefährdet ist, der Autofahrer zum gläsernen Bürger wird." - "Ich werde schon nicht lästig." - Ein Gespräch mit dem Datengewissen.

Von Claudia Sanders |
    Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Tag!

    Das Datengewissen! Was machen Sie denn hier? Kann ich jetzt noch nicht einmal mehr ungestört Auto fahren, ohne dass Sie schon wieder Ihren Senf dazugeben?

    Eigentlich bin ich nur hier, ums Sie zu unterhalten - damit Ihnen nicht langweilig wird. Keine zwei Kilometer mehr und Sie kommen in einen acht Kilometer langen Stau, ich dachte, da würden Sie sich über etwas Abwechslung freuen.

    Abwechslung? Erzählen Sie mir doch nichts. Sie sind doch nur hier, um wieder etwas zu Ihrem Lieblingsthema loszuwerden: Mautgebühren und das der Datenschutz dadurch gefährdet ist, der Autofahrer zum gläsernen Bürger wird und so weiter und so fort. Kenn ich schon alles, danke.

    Bitte, bitte, keine Sorge, ich werde schon nicht lästig. Und ich versichere Ihnen, dass hier eine ganze Reihe anderer Autofahrer mit Vergnügen meinen Ausführungen lauschen würden, denn …

    Verdammt! Das war knapp.

    Sagte ich nicht, dass gleich ein Stau kommt? Sie haben bestimmt von den Plänen der Niederländer gehört: Dort soll es bald keine KFZ-Steuer mehr geben.

    Dagegen hätte ich nun auch überhaupt nichts einzuwenden.

    Ja, ja, aber Moment. Dafür soll dann per Satellitensystem und einer kleiner Senderbox in jedem einzelnen Auto die Anzahl der gefahrenen Kilometer registriert werden. Und für jeden Einzelnen davon bittet der Finanzminister zur Kasse.

    Oh? Aber obwohl, im Grundsatz ...

    Im Grundsatz finden die Holländer besonders den Spionagekasten nicht lustig. So nennen sie dieses kleine Kästchen, das in jedem Auto angebracht wird. Sie befürchten - und nicht zu Unrecht -, dass da ein perfektes Bewegungsprofil der Bürger erstellt wird. Denn es sollen ja nicht nur die Kilometer, sondern auch Strecken und Uhrzeit erfasst werden.

    Wieso Uhrzeit, was soll denn damit erreicht werden? Und warum um Himmels willen kommen wir hier immer noch nicht von der Stelle - dieser Stau! Was ist das nur, weder ein Unfall noch eine Baustelle sind zu sehen, Himmel noch mal!

    Das ist nur eine Autopanne, weiter vorne. Für die Niederlande soll dann gelten: Wer zur Rushhour, also den Hauptverkehrszeiten, unterwegs ist, zahlt mehr; die anderen weniger. Das soll den Verkehrsfluss steuern und weniger Staus produzieren.

    Gucken Sie sich das mal an, es geht überhaupt nicht vorwärts hier - weniger Staus, das wäre doch was! Dieses Chaos ist auf jeden Fall nervenaufreibend: Es kostet Zeit und Geld und belastet die Umwelt. Das kann doch nicht im Sinne des Erfinders sein.

    Ist mir auch ein Rätsel, warum sich hier nichts bewegt. Und dann noch immer diese Baustellen.

    Das Beste ist ja: Sobald die eine Baustelle verschwindet, werden mindestens zwei neue auf dieser Autobahn errichtet. Natürlich immer mit dem Hinweis: Vielen Dank für Ihr Verständnis, lächerlich! Vermutlich ist das nur ein großes Konjunkturprogramm für die Bauwirtschaft.

    Oder es ist einfach eine gesundheitsfördernde Maßnahme.

    Eine gesundheitsfördernde Maßnahme?

    Nun ja, in jedem Stau, in dem sie stehen, stärken sie ihre mentalen Kräfte.

    Wie bitte?

    Sie lernen Demut, Selbstbeherrschung, erkennen den Wert der Langsamkeit. Das stärkt Sie, macht Sie widerstandsfähig!

    Widerstandsfähig? Selbstbeherrschung?

    Oh, schauen Sie mal, der Stau löst sich auf.

    Das war auch höchste Zeit!Und jetzt, liebes Datengewissen, entschuldigen Sie mich bitte: Ich muss nun meine neu gewonnen mentalen Kräfte ausprobieren.