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Unverzichtbarer Prof

Seit einem knappen halben Jahr dürfen Professoren in Nordrhein-Westfalen ihre Dienstzeit verlängern. Von Jahr zu Jahr müssen sie jedes Mal einen neuen Antrag stellen, über den erst die eigene Hochschule und schlussendlich das zuständige Landeswissenschaftsministerium entscheidet. An der Ruhr-Universität in Bochum ist einigen Anträgen schon stattgegeben worden.

Von Andrea Groß |
    Ich bin der Auffassung - und immer der Auffassung gewesen - dass Hochschullehrer sein zu dürfen dem entspricht, dass man einen Traumberuf ausüben kann. Und das gilt für mich nicht nur für die ganze Forschungsarbeit, sondern insbesondere auch für die Versorgung der Studenten, für die Lehre und für die Arbeit mit den Studierenden.

    Karl-Richard Bausch, Professor für Sprachlehrforschung an der Uni Bochum, ist Hochschullehrer aus Leidenschaft. Jedes Seminar, jede Vorlesung bedeutet für ihn einen belebenden und herausfordernden Dialog mit der Jugend. Für ihn wäre es ein Verlust an Lebensqualität gewesen, hätte er Ende vergangenen Semesters seinen Hut nehmen müssen. Nicht nur die Lehre hätte ihm gefehlt, sondern auch die Arbeit in unterschiedlichen Gremien und die Möglichkeit hochschulpolitischen Einfluss zu nehmen.

    Natürlich gibt es auch ein paar Konditionen, die ich mir sehr genau überlegt habe. Also ich hätte das nicht gemacht, wenn - wie das in anderen Fächern der Fall ist - junge, habilitierte Nachwuchswissenschaftler in Serie Schlange gestanden hätten.

    Im Bochumer Institut für Sprachlehrforschung gibt es vier Professorenstellen, von denen aktuell nur eine besetzt ist. Von Karl-Richard Bausch. Eine weitere befindet sich im Besetzungsverfahren. Wenn alles gut geht, erhält Bausch im kommenden Sommersemester Unterstützung durch eine Kollegin. Ohne die Möglichkeit der verlängerten Arbeitszeit für Professoren hätte das Institut ein Problem gehabt, das räumt auch der Dekan der Philologischen Fakultät, Franz Lebsanft ein.

    Wenn es um einen profilierten und sehr angesehenen Kollegen, wie Herrn Bausch geht, dann fällt es der Universität natürlich nicht schwer, einem solchen Antrag auf Verlängerung zuzustimmen, aber das muss dann natürlich immer im Einzelfall geprüft werden und die verschiedenen Gesichtspunkte müssen gegeneinander abgewogen werden.

    Der Antrag auf Arbeitszeitverlängerung wird vom betroffenen Professor an die Fakultät gestellt. Die prüft, ob da etwa der Lehrstuhl nicht ohnehin auf der Streichliste steht, ob die fachliche Ausrichtung nicht revisionsbedürftig ist, ob die Studierendenzahlen noch stimmen und ob die Habilitierten nicht vor der Tür schon Schlange stehen. Karl-Richard Bausch ist seit mehr als 30 Jahren an der Uni Bochum tätig. In so einem Zeitraum entstehen nicht immer nur Freundschaften, sagt er. Da kann es passieren, dass jemand versucht, offene Rechnungen zu begleichen. Stimmt die Fakultät jedoch dem Antrag zu, wird er an das Rektorat weitergeleitet, das ihn dann ebenfalls noch einmal prüft. Das zuständige Wissenschaftsministerium kann ihn zwar noch ablehnen. Das aber ist graue Theorie, wie Gerhard Möller, Kanzler der Uni Bochum erläutert.

    Das ist sehr unwahrscheinlich wenn man die Interessenlage beleuchtet, die dahinter steht. Diese neue Regelung ist gekommen unter dem Eindruck von Finanzproblemen und hat das Ziel, Gehälter oder Versorgungsbezüge - je nachdem, wie man es betrachtet - einzusparen. Deshalb wird das Ministerium in der Regel nicht einen Antrag ablehnen, der von dem Professor gewollt wird und den Fakultät und Universität befürwortet haben.

    Die Gefahr, dass das Ministerium umgekehrt einem Antrag zustimmt, den Fakultät und Universität eigentlich ablehnen, hält der Kanzler für wesentlich höher. Andererseits hat auch die Universität ein Interesse an der Einsparung von Gehältern oder Versorgungsbezügen. Die Mittel fließen der Hochschule dann auf andere Weise zu. Überhaupt - da sind sich alle Beteiligten einig - fallen die drei zusätzlichen Jahre im nationalen und internationalen Vergleich nicht allzu sehr ins Gewicht. In anderen Bundesländern, so gibt Kanzler Möller zu bedenken, arbeiten Professoren schon bis zu ihrem 68sten Lebensjahr. In Spanien, weiß der Romanist Franz Lebsanft, müssen Professoren bis zu ihrem 70sten Lebensjahr arbeiten und in Kanada, so Karl Richard Bausch, werden sie gar auf Lebenszeit ernannt. Der Sprachlehrforscher hat sich für die Zukunft jedenfalls noch einiges vorgenommen.

    Wir haben ein Zentrum für Lehrerbildung reingeholt in die Ruhr-Universität, das Rektorat hat vor einigen Tagen beschlossen ein Sprachenzentrum aufzubauen, da war ich beratend hinzugenommen worden, weil es zu meinem Wirkungsbereich gehört. Und ich denke, dass ich in diesen beiden Bereichen auch außerhalb meines Seminars durchaus noch meine Dienste anbieten kann.