"Es liegt eine Insel im Roten Meer und die Insel heißt Berlin. Und die Brandung geht hoch und der Wind geht schwer und die dunklen Wolken ziehen."
Als "Die Insulaner" im Dezember 1948 mit diesem Lied auf Sendung gingen, war Westberlin schon ein halbes Jahr abgeriegelt. Die Rote Armee blockierte die Straßen- und Schienenverbindungen zu den westlichen Besatzungszonen. Die Versorgung der Stadt erfolgte aus der Luft. Die Sendung sollte den Menschen Mut machen.
"Der Insulaner verliert die Ruhe nicht, der Insulaner liebt keen Jetue nicht. Und brummen nachts auch laut die viermotorigen Schwärme, det is Musik für unser Ohr, wer red' vom Lärme."
"Da ging einem der Bibber. Das war ganz ernsthaft gemeint. Heute ist das urkomisch. Da verändert sich natürlich die Geschmacksnerven. Aber dass das auf der Höhe der Zeit war, ist nicht zu leugnen",
sagt Volker Kühn, der die Doppel-CD "Schlag nach bei Neumann" zusammengestellt hat. Neumanns Werk ist so vielfältig, dass man heute nur staunen kann. 1929 kam er in Berlin als 16-Jähriger zum Kabarett der Komiker und später in die Katakombe, wo er als Pianist die Stars des Vorkriegskabaretts begleitete – zum Beispiel Kate Kühl.
"Jahrelang hast du das Jagen dieser Hölle mitgemacht. Fieber ist in deinen Tagen, Fieber ist in deiner Nacht. Autos brüllen durch die Welt: Geld ist Zeit und Zeit ist Geld. Deine Nerven zerrt ein Riese. Großstadt! Großstadt! Herz aus Stein."
Der Großstadt-Song ist eines der ersten Lieder, die Günter Neumann für das Kabarett Katakombe geschrieben hat. 1935 wurde das Haus von den Nazis geschlossen, der Leiter Werner Finck wurde verhaftet und vorübergehend in ein Konzentrationslager gebracht. Neumann kam mit dem Schrecken davon. Er schrieb nur noch harmlose Lieder und wurde im Krieg als Truppenbetreuer bei der Wehrmacht eingesetzt.
"Und als '45 dann Schluss war, hat er auch sehr zeitig auch wieder angefangen, kaum dass er aus der Kriegsgefangenschaft nach Berlin kam, hier Kabarett zu machen. Und zwar auf eine zweifache Weise interessant. Erstens: Er hat die Formen der 20er-Jahre, der kabarettistischen Revuen, von Nelson und Friedrich Holländer wieder aufgenommen und wieder belebt und in gewisser Weise neu gestaltet – also nicht nur mit neuen Inhalten, sondern auch formal. Er hat ganze Stücke daraus gemacht."
Die dann auch von Theaterregisseuren wie Gustaf Gründgens und Carl-Heinz Schroth inszeniert wurden. Nach dem Krieg war das Kabarett die Kunstform der ersten Stunde. Die Leute wollten wieder lachen – und wenn es über Probleme des Alltags war.
"Das Leben ist ein Rummelplatz"
Die Nachkriegswirklichkeit der späten 40er Jahre - also Schwarzmarkt, Obdachlosigkeit, Hunger, Verelendung, die ganze Flüchtlingsproblematik, die hat er zu kleinen Revuen zusammen gestrickt.
Wirklich berühmt wurde Neumann aber erst mit seinem Rundfunkkabarett. Eigentlich sollten die Insulaner 1948 nur eine einzige Sendung bestreiten, aber sie kamen so gut an, dass sie eine feste Institution wurden. Neumann lieferte mehr als zehn Jahre im Alleingang Texte und Musik – dem Zeitgeist des Kalten Krieges entsprechend: streng antikommunistisch. Es wurden vor allem die Missstände in der DDR aufs Korn genommen.
"Also wir Kabarettisten, die wir ja in den 60er-Jahren angefangen haben, wir fanden das ein bisschen naserümpfend, dass der RIAS immer nur Kabarett gemacht hat über die Zustände da drüben. Wir fragten immer: Was ist mit uns? Lasst uns doch mal vor unserer eigenen Tür kehren",
sagt Volker Kühn, der in den 60er-Jahren Kabaretttexte für Wolfgang Neuss und Volker Ludwig schrieb. Obwohl er mit Neumann politisch nicht einer Meinung war, sah er ihn in gewisser Weise als Vorbild.
"Dass das ein Allround-Talent war, der Texte schreiben konnte, wie wir das immer gewollt haben, ... das ist nicht zu leugnen. Da erinnere ich nur noch mal an Übersetzungen, die er gemacht hat: "Kiss me, Kate" hat er ja eingedeutscht. Die Texte, die dort zu Schlagern wurden, die müssen einem erstmal einfallen."
Volker Kühns Porträt-CD präsentiert nicht nur den politischen Neumann, sondern auch den großen Entertainer. Heute würde man ihn wahrscheinlich als Comedy-Macher bezeichnen. Doch auch das greift natürlich zu kurz. Neumann war Neumann – als Komponist und Satiriker immer am Puls der Zeit. Mit seinen Texten kann man durch viele Jahrzehnte deutscher Geschichte reisen. Deshalb wird ihm heute in der Akademie der Künste in Berlin ein ganzer Abend gewidmet: Katherina Lange, Franziska Troegner und Ilja Richter singen Songs aus den 40er-, 50er- und 60er-Jahren – auch den über das "Wirtschaftswunder", den man eigentlich mit Wolfgang Neuss verbindet. Doch Neuss hat ihn nur gesungen. Der Text stammt von Günter Neumann.
"Schlag nach bei Neumann" das ist der Titel der CD und des Liederabends heute Abend in der Akademie der Künste in Berlin. Für uns berichtete Oliver Kranz.
Als "Die Insulaner" im Dezember 1948 mit diesem Lied auf Sendung gingen, war Westberlin schon ein halbes Jahr abgeriegelt. Die Rote Armee blockierte die Straßen- und Schienenverbindungen zu den westlichen Besatzungszonen. Die Versorgung der Stadt erfolgte aus der Luft. Die Sendung sollte den Menschen Mut machen.
"Der Insulaner verliert die Ruhe nicht, der Insulaner liebt keen Jetue nicht. Und brummen nachts auch laut die viermotorigen Schwärme, det is Musik für unser Ohr, wer red' vom Lärme."
"Da ging einem der Bibber. Das war ganz ernsthaft gemeint. Heute ist das urkomisch. Da verändert sich natürlich die Geschmacksnerven. Aber dass das auf der Höhe der Zeit war, ist nicht zu leugnen",
sagt Volker Kühn, der die Doppel-CD "Schlag nach bei Neumann" zusammengestellt hat. Neumanns Werk ist so vielfältig, dass man heute nur staunen kann. 1929 kam er in Berlin als 16-Jähriger zum Kabarett der Komiker und später in die Katakombe, wo er als Pianist die Stars des Vorkriegskabaretts begleitete – zum Beispiel Kate Kühl.
"Jahrelang hast du das Jagen dieser Hölle mitgemacht. Fieber ist in deinen Tagen, Fieber ist in deiner Nacht. Autos brüllen durch die Welt: Geld ist Zeit und Zeit ist Geld. Deine Nerven zerrt ein Riese. Großstadt! Großstadt! Herz aus Stein."
Der Großstadt-Song ist eines der ersten Lieder, die Günter Neumann für das Kabarett Katakombe geschrieben hat. 1935 wurde das Haus von den Nazis geschlossen, der Leiter Werner Finck wurde verhaftet und vorübergehend in ein Konzentrationslager gebracht. Neumann kam mit dem Schrecken davon. Er schrieb nur noch harmlose Lieder und wurde im Krieg als Truppenbetreuer bei der Wehrmacht eingesetzt.
"Und als '45 dann Schluss war, hat er auch sehr zeitig auch wieder angefangen, kaum dass er aus der Kriegsgefangenschaft nach Berlin kam, hier Kabarett zu machen. Und zwar auf eine zweifache Weise interessant. Erstens: Er hat die Formen der 20er-Jahre, der kabarettistischen Revuen, von Nelson und Friedrich Holländer wieder aufgenommen und wieder belebt und in gewisser Weise neu gestaltet – also nicht nur mit neuen Inhalten, sondern auch formal. Er hat ganze Stücke daraus gemacht."
Die dann auch von Theaterregisseuren wie Gustaf Gründgens und Carl-Heinz Schroth inszeniert wurden. Nach dem Krieg war das Kabarett die Kunstform der ersten Stunde. Die Leute wollten wieder lachen – und wenn es über Probleme des Alltags war.
"Das Leben ist ein Rummelplatz"
Die Nachkriegswirklichkeit der späten 40er Jahre - also Schwarzmarkt, Obdachlosigkeit, Hunger, Verelendung, die ganze Flüchtlingsproblematik, die hat er zu kleinen Revuen zusammen gestrickt.
Wirklich berühmt wurde Neumann aber erst mit seinem Rundfunkkabarett. Eigentlich sollten die Insulaner 1948 nur eine einzige Sendung bestreiten, aber sie kamen so gut an, dass sie eine feste Institution wurden. Neumann lieferte mehr als zehn Jahre im Alleingang Texte und Musik – dem Zeitgeist des Kalten Krieges entsprechend: streng antikommunistisch. Es wurden vor allem die Missstände in der DDR aufs Korn genommen.
"Also wir Kabarettisten, die wir ja in den 60er-Jahren angefangen haben, wir fanden das ein bisschen naserümpfend, dass der RIAS immer nur Kabarett gemacht hat über die Zustände da drüben. Wir fragten immer: Was ist mit uns? Lasst uns doch mal vor unserer eigenen Tür kehren",
sagt Volker Kühn, der in den 60er-Jahren Kabaretttexte für Wolfgang Neuss und Volker Ludwig schrieb. Obwohl er mit Neumann politisch nicht einer Meinung war, sah er ihn in gewisser Weise als Vorbild.
"Dass das ein Allround-Talent war, der Texte schreiben konnte, wie wir das immer gewollt haben, ... das ist nicht zu leugnen. Da erinnere ich nur noch mal an Übersetzungen, die er gemacht hat: "Kiss me, Kate" hat er ja eingedeutscht. Die Texte, die dort zu Schlagern wurden, die müssen einem erstmal einfallen."
Volker Kühns Porträt-CD präsentiert nicht nur den politischen Neumann, sondern auch den großen Entertainer. Heute würde man ihn wahrscheinlich als Comedy-Macher bezeichnen. Doch auch das greift natürlich zu kurz. Neumann war Neumann – als Komponist und Satiriker immer am Puls der Zeit. Mit seinen Texten kann man durch viele Jahrzehnte deutscher Geschichte reisen. Deshalb wird ihm heute in der Akademie der Künste in Berlin ein ganzer Abend gewidmet: Katherina Lange, Franziska Troegner und Ilja Richter singen Songs aus den 40er-, 50er- und 60er-Jahren – auch den über das "Wirtschaftswunder", den man eigentlich mit Wolfgang Neuss verbindet. Doch Neuss hat ihn nur gesungen. Der Text stammt von Günter Neumann.
"Schlag nach bei Neumann" das ist der Titel der CD und des Liederabends heute Abend in der Akademie der Künste in Berlin. Für uns berichtete Oliver Kranz.