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Uralter Göttertrank

Archäologie. – Schon die Maya der vorklassischen Periode wussten Trinkschokolade zu schätzen. Das haben jetzt Laboruntersuchungen von 2600 Jahre alten Tongefäßen ergeben. In ihnen fanden sich Rückstände eines Kakaogetränks. In der aktuellen "Nature" berichten US-Forscher über ihre Entdeckung.

    Von Volker Mrasek

    "Die Liebesaffäre des Menschen mit der Schokolade begann mindestens tausend Jahre früher als bisher angenommen." Es ist eher ungewöhnlich für eine honorige und altehrwürdige Wissenschaftszeitschrift, aber so kommentiert das britische Fachmagazin "Nature" die neuen Befunde über die Ernährungsgewohnheiten der Maya in Mittelamerika.

    Dass sie sich für Trinkschokolade erwärmten, hergestellt aus dem Kakao-Strauch Theobroma cacao - das ist schon lange bekannt, etwa aus der Zeit der spanischen Eroberer. Dass sie es aber schon in der Antike so hielten, vor vermutlich 2.600 Jahren - das ist neu ...

    Unsere ersten Analysen haben wir vor mehr als zehn Jahren gemacht, in Guatemala. Wir konnten nachweisen, dass die Maya bereits um 470 nach Christus herum Kakao tranken. Unsere neuen Arbeiten rücken den frühesten bekannten Kakao-Gebrauch jetzt weitere 1.000 Jahre in die Vergangenheit, bis in das Jahr 600 vor Christus.

    Jeffrey Hurst arbeitet beim US-amerikanischen Schokoladenhersteller Hershey. Der Biochemiker hat von Berufs wegen Ahnung von Kakao. Deswegen schickten Anthropologen der Universität Texas in Austin ihre Proben auch in sein Labor. Und zwar antike Keramik-Gefäße aus Colha, einer archäologischen Grabungsstätte im heutigen Belize, einem kleinen Nachbarland Mexikos.

    Die Relikte haben einen Henkel und sehen ganz aus wie heutige Teekannen. Hursts Aufgabe bestand darin, mögliche Kakao-Spuren in den Gefäßen nachzuweisen:

    Die Rückstände waren völlig unscheinbar. So ein paar Kratzer im Inneren der Kannen. Eigentlich sahen sie aus wie Verunreinigungen mit rötlich-brauner Erde. Wir haben darin nach Theobromin und Koffein gesucht. Diese Stoffe gehören zur Gruppe der so genannten Methyl-Xanthine. Beide kommen typischerweise in Kakao vor, und Theobromin ist dabei das mengenmäßig wichtigste Methyl-Xanthin.

    Den pflanzlichen Biomarkern konnten selbst Jahrtausende im mittelamerikanischen Urwald nichts anhaben: Hurst wies sie tatsächlich in den Ablagerungen aus den antiken Keramik-Kannen nach. Mit Hilfe von aufwändigen Analysemethoden, die zunehmend Anwendung in der Archäologie finden. In diesem Fall waren das Massenspektrometrie und Flüssig-Chromatographie.

    Man könnte fast von "molekular-archäologischer Rückstandsanalytik" sprechen. Und von einem "biochemischen Fingerabdruck" in 2.600 Jahre altem Geschirr. Demnach haben sich die Maya also schon mindestens sechs Jahrhunderte vor Christus an Trinkschokolade gelabt. Wie aber mag der Dschungel-Trunk seinerzeit geschmeckt haben? Hurst:

    Da muss ich ehrlich sagen: kein Ahnung! Aber man kann natürlich in der archäologischen Literatur nachschlagen. Da heißt es: Das Schokolade-Getränk der Maya enthielt geröstete, zerkleinerte Kakao-Bohnen, Wasser, vielleicht ein paar Gewürze, vielleicht sogar Chili-Pfeffer. Also, ich kann mir nicht vorstellen, dass irgend jemand von uns erpicht darauf wäre, so etwas zu probieren.