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Urlaub
Abstinenz von E-Mails und Anrufen

Es ist Sommer – und damit Urlaubszeit. Endlich darf man sich mal wochenlang überhaupt nicht um die Kollegen und die Arbeit kümmern. Aber so ganz frei sind viele in der Freizeit trotzdem nicht. Und wenn dann eine Mail von der Arbeit reinkommt, schaut man eben doch schnell mal nach, ob es vielleicht etwas Dringendes ist.

Von Michael Böddeker | 04.08.2014
    Eine Frau telefoniert mit ihrem Handy an einem sonnigen Strand.
    Der Urlaub dient der Erholung - Anrufe und E-Mails sind in den Ferien tabu. (dpa / Daniel Naupold)
    Früher war es vielleicht mal toll, im Urlaub angerufen zu werden – das zeigte ja immerhin, dass die Kollegen nicht ohne einen auskommen. Mittlerweile sind die meisten dank Smartphone und Internet ohnehin ständig erreichbar und wollen zumindest im Urlaub ihre Ruhe haben. Erholung ist wichtig, sagt Mario Utess, Rechtsanwalt bei der Gewerkschaft IG Metall in Köln:
    "Also wir sagen ganz klar: Urlaub dient der Erholung. Urlaub dient letzten Endes auch dem Arbeitgeber, nach dem Urlaub wieder einen vernünftig motivierten und auch wieder relaxten Mitarbeiter im Betrieb zu haben. Und wir sind der Auffassung: Nur Mitarbeiter, die sich in der Freizeit auch erholen können, haben auch die Möglichkeit, ihre Arbeitsleistung dann voll abzurufen."
    Viele große Unternehmen haben deshalb mittlerweile Regelungen dazu eingeführt. Bei Daimler zum Beispiel können die Mitarbeiter alle E-Mails aus der Urlaubszeit automatisch löschen lassen. Dem Absender der Mail wird das durch eine automatisierte Antwort mitgeteilt, außerdem wird ihm ein möglicher Ersatz-Ansprechpartner genannt.
    Bei BMW gibt es eine ähnliche Regelung. Wenn dort aber jemand trotz Urlaub oder Feierabend doch noch am eigenen Rechner sitzt und für die Firma arbeitet, dann soll das künftig als Überstunden in einem Arbeitszeitkonto erfasst werden. Auch bei der Telekom gibt es eine Richtlinie, erklärt Pressesprecher Husam Azrak:
    "Die Regelung, die wir getroffen haben, sieht so aus, dass Mitarbeiter während des Urlaubs, am Wochenende und nach Feierabend weder Telefonanrufe von Kollegen und Vorgesetzten annehmen müssen, noch E-Mails beantworten müssen."
    Besonders wichtig sei es dabei, die Führungskräfte einzubinden:
    "Das heißt konkret, dass die Führungskräfte im Besonderen darauf achten sollen und achten müssen, wann sie Anrufe tätigen, wann sie einen Mitarbeiter anrufen, wann sie eine E-Mail schreiben und auch absenden."
    Was aber tun, wenn es in der eigenen Firma keine solche Regelung gibt? Rein rechtlich gesehen ist der Fall klar, sagt die Arbeitsrechtsexpertin Franziska Hasselbach:
    "Also grundsätzlich muss man als Arbeitnehmer im Urlaub nicht arbeiten. Das bedeutet, dass man gar nichts machen muss, was mit der Arbeit zusammenhängt. Keine E-Mails abrufen, keine Telefonanrufe annehmen - schlichtweg nicht verfügbar sein."
    Und selbst wenn sich der Arbeitgeber wünscht, den Mitarbeiter im Urlaub weiterhin erreichen zu können, hat das nichts zu sagen, ergänzt Mario Utess von der IG Metall:
    "Also grundsätzlich sind selbst Klauseln in Arbeitsverträgen, die Mitarbeiter verpflichten, zum Beispiel im Urlaub E-Mails zu beantworten, unzulässig - weil diese Klauseln ganz eindeutig gegen den Zweck des Bundesurlaubsgesetzes verstoßen."
    Trotzdem halten sich nicht alle an die gesetzlichen Vorgaben. Was also tun, wenn der Vorgesetzte trotzdem in der Urlaubszeit etwas von mir will?
    Mario Utess:
    "Als Erstes sollte ich ein Gespräch mit ihm suchen, ihm erklären, das mir der Urlaub wichtig ist. Dass ich mich auch wieder auf die Arbeit nach dem Urlaub vorbereiten möchte, meine Akkus auftanken. Und wenn das nicht fruchtet, dann kann ich mich immer noch an den Betriebsrat oder an die Personalvertretung wenden."
    Franziska Hasselbach:
    "Dann ist der Einzelne auch ein bisschen aus der Schusslinie genommen. Der Betriebsrat stellt das dann als Allgemeininteresse dar, fragt gegebenenfalls auch einfach mal bei den anderen Arbeitnehmern, wer sich da noch gestört fühlt. Und hat natürlich auch eine ganz andere Verhandlungsmacht."
    Soweit das Formale. Aber vielleicht haben ganz normale Arbeitnehmer auf der Straße ja noch andere Ideen, was man mit E-Mails und Anrufen im Urlaub machen kann?
    - "Einfach abschalten. Gar nicht erst annehmen."
    - "Gut, das Handy gar nicht erst mitnehmen."
    - "Also, ich hab immer einen Abwesenheitsassistenten. Das ist eigentlich das Einfachste."
    - "Ja, ich habe bei meinem Auto-Responder eine ausländische Nummer angegeben, weil erfahrungsgemäß die Leute da weniger anrufen."