Bei unserer Ankunft in Messac liegen rund 100 Boote in der Marina, von dem einen bellt ein Hund, von einem anderen weht Gitarrengeklimper herüber. Die Atmosphäre erinnert ein bisschen an einen Campingplatz. Wir nehmen es mehr unbewusst wahr, denn noch haben wir unser Hausboot ja nicht kennengelernt.
"Also vorne sind zwei Kabinen, hinten sind zwei Kabinen - freie Wahl."
"Langsam, langsam! Es ist keine Hotelsuite, es ist auf dem Boot."
Das ist zwölf Meter lang, reichlich vier Meter breit und achteinhalb Tonnen schwer, bietet mit einer kompletten Küche den Komfort einer Ferienwohnung; mit je einer Dusche und Toilette neben den Kabinen vorn und hinten den Komfort eines Hotels.
"Schön, toll, unerwartet! Es ist so geräumig - viel geräumiger, als ich dachte. Und es sieht alles ganz blitzblank sauber aus. Und es ist also auch viel mehr Platz, als ich dachte, also für ein Boot. Ja, man kann sich schon wohlfühlen für eine ganze Weile."
Mit diesem guten Gefühl gehen wir in Messac auf Entdeckung, suchen uns ein Restaurant zum Abendessen, trinken aus kleinen Keramikschalen Cidre, eine Art Nationalgetränk in der Bretagne, prosten uns auf Bretonisch zu und sind schon jetzt in Ferienstimmung und vor allem gedanklich ganz weit weg von zu Hause, bevor wir nur einen Kilometer auf der Vilaine zurückgelegt haben.
Am nächsten Morgen lassen wir uns in die Geheimnisse des Steuerns, Wendens, die Kunst der Flussfahrt einweisen und Ratschläge geben - wie den, dass man in einen Hafen langsam einfährt.
"Wenn zum Beispiel eine Familie gerade an Deck sitzt und Mittag isst, und wir schlagen dann Wellen - nicht dass das Mittagessen vom Tisch hüpft."
Irgendwann geht es dann endlich los, werden die Leinen gelöst und wir spielen Kapitän.
"Nein, lass die erst rankommen. Das ist zu riskant."
Lernen, das Schiff mit einem Knoten fest zu machen:
"Du legst einmal das Seil über den Anleger drüber und ziehst es dann fest."
"Ist doch alles fest jetzt?"
"Soll ich dir mal einen Knoten zeigen? Warte, ich zeig dir mal einen Knoten: einfach nur eine Schlinge; ziehst es fest, dann machst du so eine Schlinge, mit der anderen Seite eine entgegengesetzte Schlinge - so rum. Und schon bist du fest."
"Irgendwas stimmt hier nicht mit der Schlinge. Aber jetzt hält das nicht."
""Warte, warte! Ja, so."
"Hat der einen Namen? - hat sicherlich einen Namen."
"Seemannsknoten."
Noch haben wir Luic an Bord, der uns in die Feinheiten des Bootsbetriebs erklärt hat - und nun die Regeln auf dem Wasser:
"Der Kanalführer muss immer auf der richtigen Seite geöffnet sein. Vor uns stehen zwei Schilder: links nach Redon, rechts nach Renne. Wir wollen nach Redon, also schlagen wir demnächst nach links ein. Voila! Wir fahren immer auf der rechten Seite des Flusses, falls es mal Gegenverkehr gibt. Und wir sehen den ersten Angler. Auf der Vilaine darf man sogar nur acht Kilometer pro Stunde fahren, damit die Wellenbewegungen auch nicht so das Ufer aufschlagen."
"Woran kann man das sehen, wie schnell wir fahren?"
"Schätzen! Er schätzt, wie schnell wir uns entlang des Ufers bewegen - Erfahrungswerte. Zwölf, 13 Kilometer pro Stunde sind möglich."
Eine Geschwindigkeit, die zu Beginn der Reise irritiert. Geht es nicht ein bisschen schneller voran? Sollen wir tagelang so dahinzuckeln? Aber dann fällt unmerklich diese innere Hektik ab. Das gleichmäßige Brummen des Motors, die leichten Wellenbewegungen, eine Landschaft, die alles andere als spektakulär ist. Alles wirkt entspannend, beruhigend. Auch die Menschen an den Ufern verbreiten Ruhe: die Angler, die in stoischer Ruhe am Ufer sitzen, auf ihre wie Spinnenfäden in der Sonne glänzenden Angelschnüre schauen; die Ausflügler, die mit dem Campingwagen an den Fluss gekommen sind und nun in ihren Stühlen dösen. Und selbst das Passieren der ersten Schleuse sorgt zunächst einmal nicht für Aufregung:
"Wir müssen jetzt eine Zwangspause machen, weil die Schleusenwärter Mittagspause machen."
Später wird es dann doch noch aufregend weil:
"Es ist ungewohnt und schwierig, weil das Schiff nicht so reagiert. Ich hab das Lenkrad jetzt ganz nach links. Jetzt haben wir bisschen den Steg gerammt, aber es reagiert nicht."
"Jetzt."
"Es reagiert nicht. Ich komm immer wieder rechts an den Rand."
"Abstoßen, ihr müsst mal abstoßen."
"Jetzt müssen wir gleich mal auf der andern Seite abstoßen, würde ich sagen. Ganz schwierig ist es jetzt, diese schmale Öffnung zu treffen von der Schleuse. Die ist nämlich nur ein wenig breiter als das Boot selbst. - Nach links, nach links. - Jetzt bremse ich. Jetzt hau ich den Rückwärtsgang ein. Langsam vor und rum, sagt der Lotse. Wunderbar, sagt er. Das hört sich gut an."
"Ich bremse mal ein bisschen, damit wir hier nichts mitnehmen. Dann geben wir mal ein bisschen Gas. Ganz langsam, bisschen nach rechts lenken. Und dann nehmen wir das Gas mal ganz weg. Ja, jetzt kommen wir gerade rein."
… kommen auch gerade wieder raus, verabschieden uns von der Schleusenwärterin.
"Au revoir, Au revoir!","
… und belohnen den Kapitän mit Beifall. An Bord kehrt wieder Ruhe ein. Die Gedanken gehen spazieren. Schon eine Ewigkeit, so scheint es, sind wir mit dem Hausboot unterwegs.
""Am ersten Abend war das Schiff noch fremd, ein Fremdkörper. Alles war neu, eng - und man musste sich erst dran gewöhnen. Man wusste nicht, wo was war, wo man was verstauen kann. Am nächsten Tag das Frühstücken - da hatte man schon langsam das Gefühl, auf dem Schiff zu Hause zu sein. Aber dieses Wir-Gefühl, das Schiff und ich, das kam, als ich das erste Mal dieses Schiff gesteuert habe: eine spiegelglatte Wasserfläche vor einem, ein Graureiher, der sich vor einem erhebt, ein bretonisches Haus, erbaut aus diesen grauen Steinen am anderen Ufer, Stille und vor einem diese Wasserfläche."
Wir fahren in Häfen ein, ein paar Kilometer auf dem Kanal Nante-Brest, unterqueren Brücken, über die der ICE donnert, wechseln uns beim Steuern des Schiffes ab - und beim Kochen.
"Das Nudelwasser kocht noch nicht."
"Wollen wir erst mal eine kleine Kostprobe vom Wein machen?"
"Essen! Es geht los!"
"Guten Appetit!"
Als die fünf Tage unserer Tour vorüber sind, stellen wir fest:
"Zum einen fand ich es erstaunlich, wie einfach es ist, so ein Boot zu steuern, so ein Riesending. Und dann finde ich auch die Art des Reisens … Man denkt ja zuerst: Naja, so richtig schnell fährt das Ding ja nicht. Aber es ist das Schöne, dass es so meditativ ist."
Und deshalb wird es vielleicht auch nicht die letzte Reise dieser Art gewesen sein.
"Also vorne sind zwei Kabinen, hinten sind zwei Kabinen - freie Wahl."
"Langsam, langsam! Es ist keine Hotelsuite, es ist auf dem Boot."
Das ist zwölf Meter lang, reichlich vier Meter breit und achteinhalb Tonnen schwer, bietet mit einer kompletten Küche den Komfort einer Ferienwohnung; mit je einer Dusche und Toilette neben den Kabinen vorn und hinten den Komfort eines Hotels.
"Schön, toll, unerwartet! Es ist so geräumig - viel geräumiger, als ich dachte. Und es sieht alles ganz blitzblank sauber aus. Und es ist also auch viel mehr Platz, als ich dachte, also für ein Boot. Ja, man kann sich schon wohlfühlen für eine ganze Weile."
Mit diesem guten Gefühl gehen wir in Messac auf Entdeckung, suchen uns ein Restaurant zum Abendessen, trinken aus kleinen Keramikschalen Cidre, eine Art Nationalgetränk in der Bretagne, prosten uns auf Bretonisch zu und sind schon jetzt in Ferienstimmung und vor allem gedanklich ganz weit weg von zu Hause, bevor wir nur einen Kilometer auf der Vilaine zurückgelegt haben.
Am nächsten Morgen lassen wir uns in die Geheimnisse des Steuerns, Wendens, die Kunst der Flussfahrt einweisen und Ratschläge geben - wie den, dass man in einen Hafen langsam einfährt.
"Wenn zum Beispiel eine Familie gerade an Deck sitzt und Mittag isst, und wir schlagen dann Wellen - nicht dass das Mittagessen vom Tisch hüpft."
Irgendwann geht es dann endlich los, werden die Leinen gelöst und wir spielen Kapitän.
"Nein, lass die erst rankommen. Das ist zu riskant."
Lernen, das Schiff mit einem Knoten fest zu machen:
"Du legst einmal das Seil über den Anleger drüber und ziehst es dann fest."
"Ist doch alles fest jetzt?"
"Soll ich dir mal einen Knoten zeigen? Warte, ich zeig dir mal einen Knoten: einfach nur eine Schlinge; ziehst es fest, dann machst du so eine Schlinge, mit der anderen Seite eine entgegengesetzte Schlinge - so rum. Und schon bist du fest."
"Irgendwas stimmt hier nicht mit der Schlinge. Aber jetzt hält das nicht."
""Warte, warte! Ja, so."
"Hat der einen Namen? - hat sicherlich einen Namen."
"Seemannsknoten."
Noch haben wir Luic an Bord, der uns in die Feinheiten des Bootsbetriebs erklärt hat - und nun die Regeln auf dem Wasser:
"Der Kanalführer muss immer auf der richtigen Seite geöffnet sein. Vor uns stehen zwei Schilder: links nach Redon, rechts nach Renne. Wir wollen nach Redon, also schlagen wir demnächst nach links ein. Voila! Wir fahren immer auf der rechten Seite des Flusses, falls es mal Gegenverkehr gibt. Und wir sehen den ersten Angler. Auf der Vilaine darf man sogar nur acht Kilometer pro Stunde fahren, damit die Wellenbewegungen auch nicht so das Ufer aufschlagen."
"Woran kann man das sehen, wie schnell wir fahren?"
"Schätzen! Er schätzt, wie schnell wir uns entlang des Ufers bewegen - Erfahrungswerte. Zwölf, 13 Kilometer pro Stunde sind möglich."
Eine Geschwindigkeit, die zu Beginn der Reise irritiert. Geht es nicht ein bisschen schneller voran? Sollen wir tagelang so dahinzuckeln? Aber dann fällt unmerklich diese innere Hektik ab. Das gleichmäßige Brummen des Motors, die leichten Wellenbewegungen, eine Landschaft, die alles andere als spektakulär ist. Alles wirkt entspannend, beruhigend. Auch die Menschen an den Ufern verbreiten Ruhe: die Angler, die in stoischer Ruhe am Ufer sitzen, auf ihre wie Spinnenfäden in der Sonne glänzenden Angelschnüre schauen; die Ausflügler, die mit dem Campingwagen an den Fluss gekommen sind und nun in ihren Stühlen dösen. Und selbst das Passieren der ersten Schleuse sorgt zunächst einmal nicht für Aufregung:
"Wir müssen jetzt eine Zwangspause machen, weil die Schleusenwärter Mittagspause machen."
Später wird es dann doch noch aufregend weil:
"Es ist ungewohnt und schwierig, weil das Schiff nicht so reagiert. Ich hab das Lenkrad jetzt ganz nach links. Jetzt haben wir bisschen den Steg gerammt, aber es reagiert nicht."
"Jetzt."
"Es reagiert nicht. Ich komm immer wieder rechts an den Rand."
"Abstoßen, ihr müsst mal abstoßen."
"Jetzt müssen wir gleich mal auf der andern Seite abstoßen, würde ich sagen. Ganz schwierig ist es jetzt, diese schmale Öffnung zu treffen von der Schleuse. Die ist nämlich nur ein wenig breiter als das Boot selbst. - Nach links, nach links. - Jetzt bremse ich. Jetzt hau ich den Rückwärtsgang ein. Langsam vor und rum, sagt der Lotse. Wunderbar, sagt er. Das hört sich gut an."
"Ich bremse mal ein bisschen, damit wir hier nichts mitnehmen. Dann geben wir mal ein bisschen Gas. Ganz langsam, bisschen nach rechts lenken. Und dann nehmen wir das Gas mal ganz weg. Ja, jetzt kommen wir gerade rein."
… kommen auch gerade wieder raus, verabschieden uns von der Schleusenwärterin.
"Au revoir, Au revoir!","
… und belohnen den Kapitän mit Beifall. An Bord kehrt wieder Ruhe ein. Die Gedanken gehen spazieren. Schon eine Ewigkeit, so scheint es, sind wir mit dem Hausboot unterwegs.
""Am ersten Abend war das Schiff noch fremd, ein Fremdkörper. Alles war neu, eng - und man musste sich erst dran gewöhnen. Man wusste nicht, wo was war, wo man was verstauen kann. Am nächsten Tag das Frühstücken - da hatte man schon langsam das Gefühl, auf dem Schiff zu Hause zu sein. Aber dieses Wir-Gefühl, das Schiff und ich, das kam, als ich das erste Mal dieses Schiff gesteuert habe: eine spiegelglatte Wasserfläche vor einem, ein Graureiher, der sich vor einem erhebt, ein bretonisches Haus, erbaut aus diesen grauen Steinen am anderen Ufer, Stille und vor einem diese Wasserfläche."
Wir fahren in Häfen ein, ein paar Kilometer auf dem Kanal Nante-Brest, unterqueren Brücken, über die der ICE donnert, wechseln uns beim Steuern des Schiffes ab - und beim Kochen.
"Das Nudelwasser kocht noch nicht."
"Wollen wir erst mal eine kleine Kostprobe vom Wein machen?"
"Essen! Es geht los!"
"Guten Appetit!"
Als die fünf Tage unserer Tour vorüber sind, stellen wir fest:
"Zum einen fand ich es erstaunlich, wie einfach es ist, so ein Boot zu steuern, so ein Riesending. Und dann finde ich auch die Art des Reisens … Man denkt ja zuerst: Naja, so richtig schnell fährt das Ding ja nicht. Aber es ist das Schöne, dass es so meditativ ist."
Und deshalb wird es vielleicht auch nicht die letzte Reise dieser Art gewesen sein.