Als Anthropologen 1930 im usbekischen Teshik-Tash ein kindliches Skelett aus der Steinzeit entdeckten, war das eine Sensation. Der Schädel und einige Knochen des zehnjährigen Jungen war gut erhalten. Jedoch konnte kein Forscher bislang mit Sicherheit sagen, ob es die sterblichen Überreste eines Neandertalers waren oder die eines unserer Vorfahren. Gleiches galt für die fragmentierten Knochen aus einer Höhle des Altaigebirges in Südsibirien, sagt der Paläoanthropologe Jean-Jaques Hublin:
"Normalerweise ist es relativ einfach, Neandertalerknochen zu identifizieren, denn sie haben viele Eigentümlichkeiten. Bei vielen Funden aber sind die Knochen nur sehr bruchstückhaft und unvollständig erhalten, so dass eindeutige Merkmale fehlen. Jetzt konnten wir zum ersten Mal dank der Paläogenetik Fossilien als Neandertalerknochen identifizieren, was wir mit der reinen Beschreibung nie geschafft hätten. Und das war wirklich – vor allem bei dem Fund in Sibirien - eine Überraschung, denn kaum jemand hatte geglaubt, dass die Neandertaler so weit östlich von Europa gelebt haben."
Dass die beiden Funde aus Usbekistan und Sibirien überhaupt noch Erbgut enthielten und sie tatsächlich Neandertaler waren, hatte niemand erwartet. Obwohl beide Skelette von weit außerhalb des vermuteten Verbreitungsgebietes der Neandertaler gefunden wurden, gibt es keinen Zweifel. Die Neandertaler sind nicht nur bis ins heutige Usbekistan vorgedrungen, sondern sogar bis nach Sibirien, sagt Svante Pääbo, der die beiden Fossilien im Rahmen des Neandertaler-Genom-Projekts untersucht hatte.
"Wir konnten zeigen, dass es die Neandertaler 2.000 Kilometer weiter nach Osten geschafft haben als wir das bislang angenommen haben. Zudem sahen wir, dass sie sich genetisch sehr ähnlich waren. Es sieht so aus, als wären sie wie unsere Vorfahren aus einer kleinen Gründerpopulation entstanden. Wenn wir Neandertaler sogar in Südsibirien finden, ist es nicht vermessen, anzunehmen, dass wir vielleicht auch bald welche in der Mongolei und China finden. Nach diesen Ergebnissen können wir eine Art Marco-Polo-Neandertaler in China nicht mehr ausschließen."
Damit konnte der Paläogenetiker vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig auch zeigen, dass die Neandertaler von Westeuropa bis nach Zentralasien eng verwandt waren.
"Als wir uns die mitochondriale DNS der beiden Individuen angeschaut haben, sahen wir, dass sowohl das Kind von Teshik-Tash als auch das erwachsene Individuum aus Okladnikov in Sibirien den westeuropäischen Neandertalern sehr ähnlich waren. Das Kind ist sogar mit einem Fund aus Belgien näher verwandt als mit anderen Neandertalern aus Osteuropa. Wenn man sich nur die DNS anschaut, sehen beide eigentlich wie typische europäische Neandertaler aus."
Diese Erkenntnisse verändern das Bild unseres Vetters gewaltig. Es sieht so aus, dass sich die Neandertaler irgendwo in Osteuropa entwickelt haben. Während einige von ihnen später nach Westen – unter anderem ins heutige Neandertal – zogen, hat es anscheinend auch einzelne Gruppen bis nach Asien getrieben, sagt Jean-Jaques Hublin.
"Es ist schon eine Überraschung, denn jetzt steht fest, dass die ursprünglichen Europäer die Neandertaler waren und nicht wir. Unsere Vorfahren sind nur Immigranten. Aber wir wissen leider immer noch nicht viel über die Entwicklung der Menschheit in Asien. Bis vor wenigen Jahren wurde ich noch für die Überlegung, dass ein chinesischer Neandertaler existiert haben könnte, ausgelacht."
Diese Stimmen verstummen jedoch allmählich. Bislang sind die Kooperationen zu chinesischen Paläontologen rar, die ihre Funde dem Neandertaler-Genom-Projekt zur Verfügung stellen. Das wird sich aber bald ändern, da die Neandertaler nicht nur Europäer, sondern vielleicht auch Asiaten waren.
"Normalerweise ist es relativ einfach, Neandertalerknochen zu identifizieren, denn sie haben viele Eigentümlichkeiten. Bei vielen Funden aber sind die Knochen nur sehr bruchstückhaft und unvollständig erhalten, so dass eindeutige Merkmale fehlen. Jetzt konnten wir zum ersten Mal dank der Paläogenetik Fossilien als Neandertalerknochen identifizieren, was wir mit der reinen Beschreibung nie geschafft hätten. Und das war wirklich – vor allem bei dem Fund in Sibirien - eine Überraschung, denn kaum jemand hatte geglaubt, dass die Neandertaler so weit östlich von Europa gelebt haben."
Dass die beiden Funde aus Usbekistan und Sibirien überhaupt noch Erbgut enthielten und sie tatsächlich Neandertaler waren, hatte niemand erwartet. Obwohl beide Skelette von weit außerhalb des vermuteten Verbreitungsgebietes der Neandertaler gefunden wurden, gibt es keinen Zweifel. Die Neandertaler sind nicht nur bis ins heutige Usbekistan vorgedrungen, sondern sogar bis nach Sibirien, sagt Svante Pääbo, der die beiden Fossilien im Rahmen des Neandertaler-Genom-Projekts untersucht hatte.
"Wir konnten zeigen, dass es die Neandertaler 2.000 Kilometer weiter nach Osten geschafft haben als wir das bislang angenommen haben. Zudem sahen wir, dass sie sich genetisch sehr ähnlich waren. Es sieht so aus, als wären sie wie unsere Vorfahren aus einer kleinen Gründerpopulation entstanden. Wenn wir Neandertaler sogar in Südsibirien finden, ist es nicht vermessen, anzunehmen, dass wir vielleicht auch bald welche in der Mongolei und China finden. Nach diesen Ergebnissen können wir eine Art Marco-Polo-Neandertaler in China nicht mehr ausschließen."
Damit konnte der Paläogenetiker vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig auch zeigen, dass die Neandertaler von Westeuropa bis nach Zentralasien eng verwandt waren.
"Als wir uns die mitochondriale DNS der beiden Individuen angeschaut haben, sahen wir, dass sowohl das Kind von Teshik-Tash als auch das erwachsene Individuum aus Okladnikov in Sibirien den westeuropäischen Neandertalern sehr ähnlich waren. Das Kind ist sogar mit einem Fund aus Belgien näher verwandt als mit anderen Neandertalern aus Osteuropa. Wenn man sich nur die DNS anschaut, sehen beide eigentlich wie typische europäische Neandertaler aus."
Diese Erkenntnisse verändern das Bild unseres Vetters gewaltig. Es sieht so aus, dass sich die Neandertaler irgendwo in Osteuropa entwickelt haben. Während einige von ihnen später nach Westen – unter anderem ins heutige Neandertal – zogen, hat es anscheinend auch einzelne Gruppen bis nach Asien getrieben, sagt Jean-Jaques Hublin.
"Es ist schon eine Überraschung, denn jetzt steht fest, dass die ursprünglichen Europäer die Neandertaler waren und nicht wir. Unsere Vorfahren sind nur Immigranten. Aber wir wissen leider immer noch nicht viel über die Entwicklung der Menschheit in Asien. Bis vor wenigen Jahren wurde ich noch für die Überlegung, dass ein chinesischer Neandertaler existiert haben könnte, ausgelacht."
Diese Stimmen verstummen jedoch allmählich. Bislang sind die Kooperationen zu chinesischen Paläontologen rar, die ihre Funde dem Neandertaler-Genom-Projekt zur Verfügung stellen. Das wird sich aber bald ändern, da die Neandertaler nicht nur Europäer, sondern vielleicht auch Asiaten waren.