"Wenn ich ausgewählt werde, muss ich das wohl mitmachen. Und wie ich mich fühlen werde, kann ich erst sagen, wenn ich selbst vor die Entscheidung gestellt bin. Die Todesstrafe an sich finde ich nicht gut. Ich würde eher für eine lebenslange Gefängnisstrafe plädieren. Aber das sieht die Familie des Opfers wahrscheinlich anders."
Aussagen einer 60-jährigen Frau in Tokio, die bald als Laienrichterin eingesetzt werden könnte. Am 21. Mai beginnt für das japanische Justizsystem eine neue Zeitrechnung. Von da an werden drei professionellen Richtern gemeinsam mit sechs Schöffen über solche Fälle wie Mord, Raubmord, Vergewaltigung, Entführung oder Brandstiftung zu Gericht sitzen.
"Der Grund für die Einführung liegt darin, dass die Meinung und das Empfinden des Volkes in die Rechtssprechung einfließen sollen. Damit kann eine größere Nähe zwischen den Menschen und dem Gerichtswesen in Japan hergestellt und auch ein größeres Vertrauen geschaffen werden","
erklärt der zuständige Leiter im japanischen Justizministerium, Ryuji Kawahara. Die Japaner leben nach wie vor in einer stark hierarchisch geprägten Gesellschaft, zu der auch gehört, dass man sich in der Regel auf die Staatsdiener verlässt, ihre Handlungen nicht weiter hinterfragt. Als Laienrichtern soll den Japanern mehr Eigenverantwortung abverlangt werden.
""Das Schöffensystem soll darüber hinaus eine Einstellung verändern, die in Japan weit verbreitet ist: Wer von der Polizei festgenommen wurde, der ist auch ein Täter. Mit den Laienrichtern kann aus unserer Sicht gerade die Unschuldsvermutung gestärkt werden."
Japans Justiz hat eine sogenannte Erfolgsquote von 99,9 Prozent - in fast allen Fällen also, in denen es zur Anklage kommt, erfolgt auch eine Verurteilung. Die Verhörmethoden der Polizei gelten als hart und erstaunlich oft wird während der Untersuchungshaft ein Geständnis erreicht. Die Befragungen finden ohne Anwalt statt und müssen auch nicht aufgezeichnet werden. Die Tokioter Polizei lässt derzeit freiwillig Videoaufnahmen der Verhöre zu, aber eine entsprechende gesetzliche Regelung fehlt.
"Bisher ist es so, dass die Polizei Verdächtige bis zu 23 Tage festhalten darf. Dabei finden viele Befragungen statt. Und die Polizei hat die Möglichkeit Geständnisse zu erwirken. Das geschieht in Japan in Massen","
bemängelt Takeshi Nishimura von Japans Anwaltskammer. Aus seiner Sicht haben es Anwälte in Japan schwer, Einsicht in die entsprechenden Dokumente und Beweise nehmen zu können. Während Staatsanwälte wie Richter Angestellte des Staates sind, also innerhalb des Systems stehen, werden Rechtsanwälte in Japan als Außenseiter - oft sogar als Störenfried - angesehen. Auf Augenhöhe mit der Staatsanwaltschaft vor Gericht die Sache ihres Mandanten zu vertreten, sei deshalb kein leichtes Unterfangen.
Nishimura verspricht sich von der Einführung des Schöffensystems eine größere Chancengleichheit und mehr Transparenz.
""Das Problem war, dass das Volk bisher nicht am Gerichtswesen teilgenommen hat und die Richter ein wenig abgehoben von dem Empfinden der Menschen ihre Urteile fällten. Denn sie blieben meist unter sich. Sie sind ja ebenso wie die Staatsanwälte Beamte. So kam es auch zu einer Reihe von Fehlurteilen. Die Reform mit der Einführung der Schöffengerichte kann auch dazu führen, dass die Vorverurteilung der Beschuldigten zurückgeht."
Justizministerium, Anwaltskammer und fast alle Parteien im japanischen Parlament waren sich einig über den Sinn der Einführung von Schöffengerichten.
Aber noch ist die Ablehnung in der japanischen Bevölkerung groß und die Angst, als Laie mit den juristischen Dingen überfordert zu sein, dafür einer der Hauptgründe. Die drei professionellen Richter sollen die Beweise und Indizien, die im Vorfeld gesammelt wurden, den Laienrichtern entsprechend erklären, das manchmal komplizierte Juristen-Japanisch verständlicher machen. Eine Mehrheitsentscheidung der neunköpfigen Jury ist möglich, wenn mindestens ein Berufsrichter dabei ist. Neben dem Urteil "schuldig oder nicht-schuldig" wird auch das Strafmaß bestimmt, das die Todesstrafe beinhalten kann.
"Natürlich ist das mit der Todesstrafe keine einfache Sache. Aber auch in den USA gibt es das System, dass die Verhängung der Todesstrafe vom Volk mit entschieden wird. Wir wissen, dass das für die Schöffen nicht einfach wird, aber es wird nicht unmöglich sein","
verteidigt der zuständige Leiter im Justizministerium, Ryuji Kawahara, das neue System. Jeder, der in Japan wahlberechtigt ist, kann als Saiban-in, als Laienrichter, einberufen werden. Ab dem 21. Mai werden die ersten Kandidaten durch ein Losverfahren bestimmt. Entschuldigt ist nur, wer über 70 Jahre oder Student ist, wer ein Familienmitglied pflegt oder in bestimmten Zeiten an seinem Arbeitsplatz unabkömmlich ist. Statistiken zufolge trifft es je nach Präfektur jährlich einen aus 300 bis 500 Personen. Die Verantwortlichen sind sich sicher, dass mit der Zeit die Akzeptanz für das neue System steigen wird.
""Ich werde diese Pflicht akzeptieren. Grundsätzlich möchte ich natürlich nicht die Todesstrafe aussprechen. Aber wenn das Gesetz es verlangt, dann kann man da auch nichts machen, da es die Strafe nun einmal gibt."
Aussagen einer 60-jährigen Frau in Tokio, die bald als Laienrichterin eingesetzt werden könnte. Am 21. Mai beginnt für das japanische Justizsystem eine neue Zeitrechnung. Von da an werden drei professionellen Richtern gemeinsam mit sechs Schöffen über solche Fälle wie Mord, Raubmord, Vergewaltigung, Entführung oder Brandstiftung zu Gericht sitzen.
"Der Grund für die Einführung liegt darin, dass die Meinung und das Empfinden des Volkes in die Rechtssprechung einfließen sollen. Damit kann eine größere Nähe zwischen den Menschen und dem Gerichtswesen in Japan hergestellt und auch ein größeres Vertrauen geschaffen werden","
erklärt der zuständige Leiter im japanischen Justizministerium, Ryuji Kawahara. Die Japaner leben nach wie vor in einer stark hierarchisch geprägten Gesellschaft, zu der auch gehört, dass man sich in der Regel auf die Staatsdiener verlässt, ihre Handlungen nicht weiter hinterfragt. Als Laienrichtern soll den Japanern mehr Eigenverantwortung abverlangt werden.
""Das Schöffensystem soll darüber hinaus eine Einstellung verändern, die in Japan weit verbreitet ist: Wer von der Polizei festgenommen wurde, der ist auch ein Täter. Mit den Laienrichtern kann aus unserer Sicht gerade die Unschuldsvermutung gestärkt werden."
Japans Justiz hat eine sogenannte Erfolgsquote von 99,9 Prozent - in fast allen Fällen also, in denen es zur Anklage kommt, erfolgt auch eine Verurteilung. Die Verhörmethoden der Polizei gelten als hart und erstaunlich oft wird während der Untersuchungshaft ein Geständnis erreicht. Die Befragungen finden ohne Anwalt statt und müssen auch nicht aufgezeichnet werden. Die Tokioter Polizei lässt derzeit freiwillig Videoaufnahmen der Verhöre zu, aber eine entsprechende gesetzliche Regelung fehlt.
"Bisher ist es so, dass die Polizei Verdächtige bis zu 23 Tage festhalten darf. Dabei finden viele Befragungen statt. Und die Polizei hat die Möglichkeit Geständnisse zu erwirken. Das geschieht in Japan in Massen","
bemängelt Takeshi Nishimura von Japans Anwaltskammer. Aus seiner Sicht haben es Anwälte in Japan schwer, Einsicht in die entsprechenden Dokumente und Beweise nehmen zu können. Während Staatsanwälte wie Richter Angestellte des Staates sind, also innerhalb des Systems stehen, werden Rechtsanwälte in Japan als Außenseiter - oft sogar als Störenfried - angesehen. Auf Augenhöhe mit der Staatsanwaltschaft vor Gericht die Sache ihres Mandanten zu vertreten, sei deshalb kein leichtes Unterfangen.
Nishimura verspricht sich von der Einführung des Schöffensystems eine größere Chancengleichheit und mehr Transparenz.
""Das Problem war, dass das Volk bisher nicht am Gerichtswesen teilgenommen hat und die Richter ein wenig abgehoben von dem Empfinden der Menschen ihre Urteile fällten. Denn sie blieben meist unter sich. Sie sind ja ebenso wie die Staatsanwälte Beamte. So kam es auch zu einer Reihe von Fehlurteilen. Die Reform mit der Einführung der Schöffengerichte kann auch dazu führen, dass die Vorverurteilung der Beschuldigten zurückgeht."
Justizministerium, Anwaltskammer und fast alle Parteien im japanischen Parlament waren sich einig über den Sinn der Einführung von Schöffengerichten.
Aber noch ist die Ablehnung in der japanischen Bevölkerung groß und die Angst, als Laie mit den juristischen Dingen überfordert zu sein, dafür einer der Hauptgründe. Die drei professionellen Richter sollen die Beweise und Indizien, die im Vorfeld gesammelt wurden, den Laienrichtern entsprechend erklären, das manchmal komplizierte Juristen-Japanisch verständlicher machen. Eine Mehrheitsentscheidung der neunköpfigen Jury ist möglich, wenn mindestens ein Berufsrichter dabei ist. Neben dem Urteil "schuldig oder nicht-schuldig" wird auch das Strafmaß bestimmt, das die Todesstrafe beinhalten kann.
"Natürlich ist das mit der Todesstrafe keine einfache Sache. Aber auch in den USA gibt es das System, dass die Verhängung der Todesstrafe vom Volk mit entschieden wird. Wir wissen, dass das für die Schöffen nicht einfach wird, aber es wird nicht unmöglich sein","
verteidigt der zuständige Leiter im Justizministerium, Ryuji Kawahara, das neue System. Jeder, der in Japan wahlberechtigt ist, kann als Saiban-in, als Laienrichter, einberufen werden. Ab dem 21. Mai werden die ersten Kandidaten durch ein Losverfahren bestimmt. Entschuldigt ist nur, wer über 70 Jahre oder Student ist, wer ein Familienmitglied pflegt oder in bestimmten Zeiten an seinem Arbeitsplatz unabkömmlich ist. Statistiken zufolge trifft es je nach Präfektur jährlich einen aus 300 bis 500 Personen. Die Verantwortlichen sind sich sicher, dass mit der Zeit die Akzeptanz für das neue System steigen wird.
""Ich werde diese Pflicht akzeptieren. Grundsätzlich möchte ich natürlich nicht die Todesstrafe aussprechen. Aber wenn das Gesetz es verlangt, dann kann man da auch nichts machen, da es die Strafe nun einmal gibt."