Freitag, 03. Mai 2024

Archiv

Urteil im Zuhälterei-Prozess
Freispruch für Dominique Strauss-Kahn

Seine Teilnahme an Sex-Parties war nicht strafbar: Ein Gericht im französischen Lille hat den ehemaligen Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, vom Vorwurf der Zuhälterei freigesprochen. "DSK" habe nicht gewusst, dass es sich um Prostituierte gehandelt habe.

Von Ursula Welter | 12.06.2015
    Porträtbild von Dominique Strauss-Kahn
    Dominique Strauss-Kahn war zuweilen einziger Gast der eigens für ihn organisierten Sex-Parties. (picture alliance / dpa/ Etienne Laurent)
    Nun ist es amtlich: Dem früheren Chef des Internationalen Währungsfonds und einstigem Hoffnungsträger der französischen Sozialisten konnte nicht nachgewiesen werden, dass er für Sex-Partys bezahlt hat und Nutznießer eines Prostituiertennetzes war. Somit keine Verurteilung wegen Zuhälterei; vielmehr Freispruch.
    Der Gerichtspräsident, Bernard Lemaire, hatte es gleich zu Prozessbeginn gesagt: "Wir sind eine juristische Instanz, keine moralische Instanz."
    Zwar galt Strauss-Kahn als der Mittelpunkt der organisierten Abende in Lille, in Washington, in Paris, war zuweilen einziger und exklusiver Gast - aber die Argumentationskette der Verteidigung hielt: DSK habe nicht gewusst, dass die Frauen für ihre Dienste bezahlt wurden, also Prostituierte waren.
    Hotelmitarbeiter vermittelte Frauen an Freunde
    Der frühere Chef der Öffentlichkeitsarbeit des Carlton-Hotels in Lille, René Kojfer, vermittelte Frauen an Freunde, nachdem er sich selbst von deren Qualitäten, wie es im Prozess hieß, überzeugt haben soll. Kojfer wurde heute zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt.
    Unterstützt worden war Kojfer von seinem Freund, Dominique Alderweireld, alias "Dodo la Saumure", der in Belgien zahlreiche Sexclubs besitzt.
    Die Prostituierten seien ohne seinen Rat nach Frankreich gefahren, hatte sich der Bordellbesitzer aus Belgien stets verteidigt. Die Frauen seien frei in dem, was sie täten. Das Gericht folgte nun überraschend dieser Linie, sprach "Dodo la Saumure" frei. Ihm habe nicht nachgewiesen werden könne, dass er die Fäden zog und die Mädchen zwang, an den Partys teilzunehmen. Die Prostituierte Jade hatte ausgesagt:
    "Sie wussten, dass ich eine in den Medien bekannte Person treffen sollte, aber ich war nicht eingeweiht."
    Die Frau hatte geschildert, wie sie als Mutter aus finanziellen Gründen in die Prostitution geriet, und sie war es auch, die - unter Tränen - die teils brutalen Sexualpraktiken des früheren IWF-Chefs zur Sprache gebracht hatte. Diese Praktiken, so hatte Strauss-Kahn erwidert, gingen das Gericht nichts an, wegen seiner sexuellen Gewohnheiten stehe er schließlich nicht vor Gericht.
    Anti-Prostitutionsgesetz im Parlament
    Libertinär ja, Zuhälter nein. Während der Prozess gegen DSK mit Freispruch endete, begibt sich die französische Nationalversammlung in die zweite Lesung des Anti-Prostitutionsgesetzes. Das sieht vor, dass der bislang gültige Straftatbestand des "Kundenfangs", der die Frauen ins Visier nahm, gestrichen und dass dafür die "Bestrafung der Freier" eingeführt wird.
    "Ich will keine Gesellschaft, in der eine Frau einen Preis hat", hatte die damals zuständige Ministerin Vallaud-Belcacem in der ersten Parlamentsberatung gesagt. "Die breite Mehrheit der Republik für eine Bestrafung der Freier", die sich die Ministerin auch gewünscht hatte, kam aber nicht zustande.
    Zwar berichten die Frauen auf dem Straßenstrich im Bois de Boulogne , dass die Kunden schon ausbleiben aus Angst vor Verurteilung. Aber Verbände, Politiker, Betroffene sind uneins und der Senat, die zweite Kammer, hat die geplante "Strafe für die Kunden der Prostituierten" unlängst aus dem Gesetzes-Text gestrichen - das Parlament, das jetzt am Zuge ist, redigierte den Passus wieder hinein.