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US-amerikanische Truppen intervenieren in Panama

Am 20. Dezember 1989, kurz nach Mitternacht, ist es soweit: Von den Militärstützpunkten der USA in Panama nehmen Lastwagen-Konvois voller Soldaten Kurs auf das Hauptquartier der panamaischen Streitkräfte. Kurz darauf jagen US-amerikanische Kampfflugzeuge und Hubschrauber über Panama-Stadt hinweg.

Von Ole Schulz |
    Insgesamt kommen 26.000 US-Soldaten zum Einsatz. Erklärtes Ziel der Amerikaner ist es, Panamas Machthaber, General Manuel Noriega, des Amtes zu entheben. Der US-Präsident George Bush senior über die Gründe für den militärischen Angriff:

    Noriega, den wegen Drogenhandels angeklagten Diktator Panamas, wir wollen ihn vor Gericht stellen, Wir wollen ihn raus haben. Wir wollen die Demokratie in Panama wiederherstellen.

    Was der US-Präsident dabei allerdings verschweigt: Die Amerikaner hatten den zwielichtigen Noriega lange Zeit gestützt. Die CIA interessierte sich für den selbsternannten Staatsführer Panamas seit Ende der 60er Jahre: Man brauchte den Despoten im Kampf gegen den Kommunismus in Zentralamerika. Und obwohl Noriega in Panama ein Schreckensregiment führte, unternahm auch der spätere Präsident George Bush nichts, als er ab 1976 kurzzeitig Direktor der CIA wurde.

    Peter Dale Scott, (Friedensaktivist und) Englisch-Professor in Berkeley, hat ein Buch über die CIA-Strategie in Mittelamerika geschrieben:

    Peter Dale Scott: Die Drogengeschäfte erhöhten Noriegas Bedeutung für die CIA. Er war jemand, der schmutzige Tricks in dieser Gegend ausführen konnte.
    Es war kein Zufall, dass die CIA Noriega zunächst lautstark gegen den Vorwurf des Drogenhandels verteidigte. Die Leute, mit denen sich die CIA einlässt, sollen mit den stärksten Kräften des Landes zu tun haben, und das sind häufig die Drogenkreise.


    Das Verhältnis zu Noriega kühlte erst ab, als er sich immer häufiger dem Willen der USA verweigerte. Zum Bruch kam es schließlich 1986, auf dem Höhepunkt des Iran-Contra-Skandals. Weil Drogenhandel und Gewalt in Panama zugenommen hatten, fiel Noriega in Ungnade. 1988 wurde er wegen Geldwäsche und Drogenhandel angeklagt. Doch Noriega konnte sich weiter an der Macht halten. Als im Oktober 1989 wiederholt Putschversuche gegen Noriega misslangen, beschloss George Bush den Angriff.

    Der Politologe Chris Mitchell von der New York University ist seit Jahren ein kritischer Beobachter der US-amerikanischen Außenpolitik:

    Chris Mitchell: Noriegas Verbindungen zu Drogenhändlern wurden in den US-amerikanischen Medien hochgespielt. Es gab eine vorbereitende Phase, in den Medien, in denen die Amerikaner sich allmählich an die Idee gewöhnten, dass amerikanische Truppen nach Panama gehen und eingreifen.

    Unter dem sinnigen Namen "Operation gerechte Sache" wurde Panama-Stadt tagelang von den Amerikanern unter Beschuss genommen, viele Zivilisten kamen ums Leben: Nach Schätzungen unabhängiger Menschrechtsorganisationen starben bei dem nur fünf Tage dauernden Krieg insgesamt bis zu 7000 Menschen.

    Peter Dale Scott: Ich habe während der Invasion bewusst die europäische Presse parallel zur amerikanischen gelesen. Es war offensichtlich: Während die Amerikaner von ein paar hundert Zivilopfern sprachen, nannten die Europäer von Anfang an einige tausend. Die Menschen in den USA wussten eigentlich gar nicht, was los war in Panama.

    Die USA ernannten den ihnen freundlich gesinnten Politiker Guillermo Endara zum neuen Präsidenten Panamas. Der Schaden für das mittelamerikanische Land war gleichwohl beträchtlich: Auf 2,2 Mrd. US-Dollar wurde er später beziffert, inklusive der durch die vorangegangenen US-Sanktionen entstandenen Schäden.

    Weil die Ergreifung Noriegas am Ende gelang, verbuchten die Amerikaner die Militäroperation als Erfolg. Völkerrechtler hingegen kritisierten sowohl den Einmarsch der Amerikaner in Panama als auch das Vorgehen gegen Noriega. Der stellte sich Anfang Januar 1990, nachdem er sich zuvor in die Botschaft des Vatikans geflüchtet hatte. Zwei Jahre später wurde er in den USA zu 40 Jahren Haft verurteilt.

    Doch die Amerikaner halten weiterhin ihre "schützende Hand" über die Region - auch nachdem sie den Panama-Kanal - nach 95 Jahren - am 31. Dezember 1999 wieder in heimische Hände übergaben. Denn die Verträge sehen vor, dass die Amerikaner in Panama intervenieren dürfen, wenn die Sicherheit des Kanals bedroht ist. Falls nötig, könnten Truppen innerhalb von Stunden wieder im Lande sein.