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US-Auslandssender
Sorgen um die Zukunft unter Trump

Radio Free Europe gibt es seit 1950, es soll unabhängigen Journalismus für Osteuropa und darüber hinaus garantieren. Doch mit dem Amtsantritt von Donald Trump gibt es nun Zukunftssorgen beim US-Auslandsrundfunk - denn der Präsident kann dort direkt eingreifen.

Von Dieter Wulf | 21.01.2017
    Logo and satellite dishes at the headquarters of Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) in Prague, Czech Republic, July 18, 2013.
    Der Hauptsitz des Radiosenders "Radio Free Europe" in Prag. (picture alliance / dpa / Martin Sterba)
    "Radio Free Europe/Radio Liberty operiert in 26 Sprachen und wir senden in 23 Länder. Alle Nachfolgestaaten der Sowjetunion, den Balkan, Afghanistan und Pakistan. Wir haben 600 Mitarbeiter in Prag und zusätzlich 19 Büros in diesen Ländern."
    Erklärt Thomas Kent, der Direktor von Radio Free Europe. Und längst sei der Sender viel mehr als ein Radio. Mittlerweile senden die Redaktionen von Prag aus genauso Fernsehprogramme über Satellit und nutzen mobile Apps und soziale Netzwerke zur Verbreitung von Nachrichten und Kulturprogrammen. Welch enormen Preis sie manchmal dafür zahlen, das sei ihm, bevor er seine Stelle vor gut einem halben Jahr antrat, so nicht bewusst gewesen, meint Tom Kent.
    "Oft führt das zu Vergeltungsaktionen von Behörden, Oligarchen, Kriminellen oder Extremisten. Ich hatte keine Ahnung von dem Druck, unter dem wir stehen, dafür, dass wir ehrlichen Journalismus machen."
    Dieser Druck aber, befürchtet Jeff Gedmin, der von 2007 bis 2011 den Sender in Prag leitete, könne dem Sender demnächst auch aus Washington drohen.
    "Wie Donald Trump die Presse behandelt, wie er auf Kritik reagiert. Versteht er eigentlich, ich stelle einfach die Frage, ob er wirklich begreift, welche Rolle die Presse in einer demokratischen Gesellschaft spielt? Ich denke, dass er nicht viel vom Journalismus hält, das ist mein Eindruck."
    Direktor ist direkt dem Präsidenten unterstellt
    In den letzten Jahrzehnten sicherte ein überparteiliches Aufsichtsgremium, das Broadcasting Board of Gouverneurs, gleichberechtigt besetzt aus Republikanern und Demokraten, die journalistische Unabhängigkeit der US-Auslandsmedien wie Voice of America oder eben Radio Free Europe.
    Vor anderthalb Jahren wurde mit John Lansing erstmals ein Direktor für dieses Gremium bestellt und erst vor einigen Monaten eine Gesetzesänderung verabschiedet, die praktisch das überparteiliche Gremium zugunsten eines Direktors ausschaltet. Einem Direktor, der einzig dem US-Präsidenten untergeordnet ist, erklärt Jeff Gedmin.
    "Man dachte, es sei eigentlich effektiver und die haben ja im Obama Weißen Haus, die haben ja nie geglaubt, die sind ja wirklich nicht auf die Idee gekommen, Hillary Clinton könnte verlieren. Das wurde völlig ausgeschlossen. Die haben sich gar nicht vorgestellt, was sie damals gemacht haben, könnte ja plötzlich ein Spielzeug, wenn ich das so sagen darf, für einen Präsident Trump sein. Und das war ein großer Fehler."
    Die Angriffe des neuen US Präsidenten im Wahlkampf gegen fast alle etablierte Medien und die Berufung von Steve Bannon, dem Chefredakteur der rechtspopulistischen Website Breitbart-News als Chefberater im Weißen Haus, lassen bei Jeff Gedmin besonders nach dieser Gesetzesänderung alle Warnlampen aufleuchten.
    "Wenn Donald Trump meint, ich brauche ja mein "America Today". Putin hat sein "Russia Today", ich brauche mein "America Today". Wenn er meint, das wäre ja ganz toll als Public Relations Exercise vor allem für mich als Präsident, das ist ja alles meiner Meinung nach nicht auszuschließen."
    Ganz so einfach sei es dann doch nicht, beruhigt der jetzige Direktor von Radio Free Europe Tom Kent.
    "Das neue Gesetz sagt auch, dass unsere Sendungen verlässlich, akkurat, objektiv, umfassend und den höchstmöglichen Standards entsprechen müssen."
    Außerdem werde das Budget, im Falle von Radio Free Europe sind das derzeit etwa 108 Millionen US-Dollar pro Jahr, nicht vom Weißen Haus, sondern vom Kongress bewilligt.