
Von allen amerikanischen Mannschaftsportarten waren die Basketballer schon immer den anderen einen Tick voraus. Zwar wird das nicht unbedingt deutlich, wenn man betrachtet, wie im US-Basketball das Thema Homosexualität abgehandelt wurde. Aber es gilt für die Akzeptanz von Spielern und Trainern aller Hautfarben und jedweder Herkunft. Und seit einiger Zeit auch für den Umgang mit Frauen. Es gibt weibliche Schiedsrichter in der NBA und seit kurzem eine erste Assistenztrainerin – bei den San Antonio Spurs.
Doch das, was die Mitglieder der NBA-Spielergewerkschaft im letzten Sommer beschlossen, war dann doch ziemlich ungewöhnlich. Sie hatten den Mut zu einem echten Novum: Sie wählten aus den zahlreichen Kandidaten, die sich für den Posten des hauptamtlichen und bestens bezahlten Geschäftsführers beworben hatten, eine Frau. Michele Roberts, 58 Jahre alt. Von Beruf Anwältin. Und nicht interessiert an dem Klischeebild, wie eine Frau auszusehen und aufzutreten hat.
"In dem Milieu, in dem ich arbeite, zählt nicht Glamour. Man beurteilt dich danach, ob du was du im Kopf hast. Und Mumm."
Aus ärmsten Verhältnissen
In ihrem Leben hat sie hinreichend demonstriert, wieviel sie von beidem besitzt. Sie kommt aus ärmsten Verhältnissen in der New Yorker South Bronx. Als Tochter einer alleinerziehenden Mutter und Hochbegabte war sie nicht nur an einem weißen Mädchen-Internat mit vielen Widrigkeiten konfrontiert. Später als junge Anwältin erlebte sie die Anfeindungen eines von Männern dominierten Gewerbes.
Sie war allerdings nicht irgendeine Anwältin. Sie begann als sozial engagierte Pflichtverteidigerin und setzte sich für die ärmsten der Armen ein. Auch in Prozessen, in denen es um Mord und Totschlag ging. Männer mussten irgendwann begreifen, dass sie gegen Michel Roberts Prozesse verloren, weil sie fälschlicherweise annahmen, sie sei jemand, den man ignorieren kann.
Das beeindruckte die Spieler, wie einer von Ihnen dem Fernsehsender PBS verriet. "Dass sie Prozesserfahrung hat, war wichtig für uns", sagte Lou Amundson von den New York Knicks. "Sie ist zäh und lässt sich keinen Mist verkaufen". Aber noch etwas anderes spielte mit, so deutete Amundson an. Ihr Geschlecht. "Das hilft. Sie wirkt nicht so einschüchternd, wie das bei einigen Männern der Fall wäre."
Der Prototyp
Tatsächlich repräsentiert Michele Roberts so etwas wie einen Prototyp. Den Typ der starken schwarzen Frau, die oft als alleinerziehende Mutter einen niederschmetternden Alltag aus Armut und Hunger zu bewältigen hat.
"Starke Frauen waren von Anfang an Teil der afro-amerikanischen Geschichte. Ich bin das Produkt einer solchen Frau. Und ich weiß, dass einige dieser Spieler mich deshalb respektieren, weil sie ebenfalls aus solchen Verhältnissen kommen. Sie sind die Söhne starker Frauen, deren Rolle oft darin besteht, dass sie Leben retten."
Michele Roberts kann nicht allen helfen. Aber sie tut ihr Bestes. So wie im Fall des NBA-Profis Thabo Sefolosha. Der wurde im April vor einem New Yorker Nachtclub von mehreren Polizisten niedergerungen und erlitt dabei einen Wadenbeinbruch und fehlt seinem Team, den Atlanta Hawks, in den Playoffs.
Der dunkelhäutige Schweizer Nationalspieler, der für die Atlanta Hawks spielt, hatte ahnungsvoll nur wenige Wochen vorher zum Thema Polizeibrutalität gegen unbewaffnete schwarze Amerikaner auf Twitter geschrieben: "Ich könnte der Nächste sein". Auf dem Video eines Passanten sieht man, wie ein Polizist einen Schlagstock zückt und zuschlägt.
"Die Beweismittel, die ich gesehen habe, sagen: die Behandlung von Thabo durch die Polizei war nicht gerechtfertigt. Sie war komplett unangebracht."
Weshalb Sefoloshas Anwalt bereits angekündigt hat, eine Schadenersatzklage einzureichen.
Solidarität gefordert
Solidarität tut not unter den insgesamt 450 NBA-Spielern, die bei den beiden letzten Tarifauseinandersetzungen von der Liga ausmanövriert wurden. Sie wurden wochenlang ausgesperrt und machten massive finanzielle Zugeständnisse. Wenn in zwei Jahren neue Verhandlungen beginnen, soll das nicht noch mal passieren. Weshalb man dann erwarten kann, dass Roberts dann ihre größten Qualitäten zeigt. Ihre Argumente sind nicht schlecht. Demnächst tritt ein neuer Fernsehvertrag mit enormen Einnahmezuwächsen in Kraft. Daneben zeigte der Fall des Besitzers der Los Angeles Clippers, der aufgrund seiner rassistischen Äußerungen 2014 von der Liga gezwungen wurde, seinen Club zu verkaufen, wer in der NBA wirklich verdient. Die Teambesitzer, wenn sie sich von der Mannschaft trennen. Zwei Milliarden Dollar gingen bei der Transaktion an Donald Sterling, den Ex-Eigentümer der Clippers. Mehr noch, sagt Michele Roberts.
"Die Spieler haben diesen Wert geschaffen. Es ist erbärmlich zu sehen, dass kein einziger Cent davon an irgendeinen Spieler ging."