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US-Chemikonzern verschwieg Gefahren einer Chemikalie

Die neue Chemikalienrichtlinie der Europäischen Union - bekannt unter dem Kürzel REACH - hat in erster Linie Offenheit zum Ziel: Es soll bekannt werden, welche Chemikalie welchen Schaden anrichten könnte. Der US-Chemiegigant DuPont muss jetzt dafür büßen, dass er es an einer solchen Offenheit fehlen ließ: Die Firma muss zahlen, weil sie Informationen über einen Stoff zurückgehalten hat, der bei der Herstellung von Teflon eingesetzt wird.

Von Ralph Ahrens |
    Sie heißt "Perfluoroktansäure” – und wird eingesetzt, um Kunststoffe herzustellen, die die Chemikalie Fluor enthalten. Umweltschützer wie Patricia Cameron vom BUND; dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, halten diesen Stoff für äußerst gefährlich.

    "Die Perfluoroktansäure ist vor allen Dingen persistent, das heißt also ein Dauergift, überhaupt nicht abbaubar in der Umwelt und damit für uns ein Problem für Hunderte von Jahren – beginnend sozusagen mit ihrem Eintrag in die Umwelt. "

    Zudem gilt diese Säure als krebserregend und sie führt bei Ratten zu Missbildungen bei neugeborenen Tieren. Zu jenen Firmen, die Perfluoroktansäure einsetzen, gehört DuPont. Der internationale Chemiekonzern stellt mit Hilfe dieses Stoffes seit mehr als 40 Jahren Teflon her. Und bereits seit 1981 weiß die Firma, dass diese Säure im Mutterleib auf Föten übertragen werden kann, gab dieses Wissen aber nicht weiter an die amerikanischen Umweltbehörde EPA. Patricia Cameron:

    "Das ist natürlich ein Skandal und das zeigt, dass die Industrie leider nicht eigenverantwortlich handelt, wie ja häufig von der Politik gewünscht wird. Es zeigt ganz klar, dass wir Gesetze brauchen, die den Umgang mit gefährlichen Chemikalien regeln, um die Öffentlichkeit, die Menschen, die Natur nicht zu gefährden. "

    Doch die Firma verteidigt sich: Vor mehr als 20 Jahren habe es keinen Anlass gegeben, die Umweltbehörde zu informieren, meint Ralf Thomas, Pressesprecher der deutschen DuPont-Filiale in Bad Homburg. Perfluoroktansäure galt damals als ungefährlich. Doch inzwischen steht der Stoff im Mittelpunkt des Interesses:

    "Die EPA stellte sich im Sommer 2004 auf den Standpunkt, DuPont habe gewisse Berichtspflichten, diesen Stoff betreffend, versäumt. Und hat dann DuPont aufgefordert, ein Bußgeld zu zahlen. Und da DuPont dazu nicht bereit war, weil wir der Ansicht sind, wir haben keine Berichtspflichten verletzt, ist die EPA vor Gericht gegangen. "

    Um jedoch eine längere Gerichtsverhandlung zu vermeiden, haben sich die Firma und die Umweltbehörde im Dezember 2005 außergerichtlich geeinigt. Worauf genau, das erklärt Ralf Thomas:

    "Zehn Millionen Dollar Bußgeld und darüber hinaus, 6,25 Millionen Dollar zu zahlen für die Unterstützung bestimmter Umweltschutzprojekte. "

    Mit welchen Geldbußen eine Firma in der EU zu rechnen hätte, wenn sie wichtige Daten zurückhält, ist offen. So sieht der aktuelle Verhandlungstext zu REACH, also zur künftigen europäischen Chemikalienpolitik, keinen Bußgeldkatalog oder ähnliches vor. Stattdessen soll jeder Mitgliedsstaat mögliche Sanktionen für "schwarze Schafe” unter den Firmen selber festlegen. Doch egal, ob national oder europäisch, Patricia Cameron vom BUND hält die Androhung hoher Strafen für wichtig:

    "Was wir auf jeden Fall brauchen, damit REACH ein wirksames Instrument für den Verbraucher- und Umweltschutz ist, ist dass "schwarze Schafe" bestraft werden, die also auch längerfristig damit rechnen müssen, mit millionenschweren Strafen ja abgestraft zu werden, wenn sie diese notwendigen Daten nicht einreichen. "

    Die Chemieexpertin des BUND zieht aus dem Fall der Perfluoroktansäure außerdem eine zweite Lehre für REACH:

    "Es wäre augenblicklich so, dass die Chemikalie, die Gefährlichkeit dieser Chemikalie nicht erkannt würde, weil es der Industrie gelungen ist, in einem Bereich von einer Jahresproduktion von unter Zehn-Tonnen-Herstellung eben die Lieferung von Daten, die ja REACH fordert, um eine Chemikalie als gefährlich erkennen zu können, eben so reduziert hat, dass diese Chemikalie durch das Netz fallen würde und nicht mehr identifizierbar wäre. Und das ist natürlich eine Katastrophe! "

    Diese "Katastrophe" könne aber noch verhindert werden, glaubt Patricia Cameron. Sie hofft, dass das Europäische Parlament, wenn es im Frühjahr oder Sommer erneut über die künftige europäische Chemikalienpolitik berät, hier nachbessern wird: Alle Stoffe sollten verbindlich daraufhin getestet werden, wie schnell sie sich in der Umwelt abbauen.