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US-Wahl
Was Trump den Weg geebnet hat

Die USA, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Eines erschien kaum vorstellbar: Dass die haushohe Favoritin Hillary Clinton einem politischen Nobody wie Donald Trump unterliegen könnte. Nun hat Trump doch gewonnen. Woran lag es?

09.11.2016
    Trump-Anhänger in Siegeslaune auf dem Times Square in New York
    Unterstützer von Donald Trump feiern in New York dessen Sieg. (dpa / picture alliance / Sputnik / Alexey Filippov)
    Dass der Milliardär nun doch der kommende Präsident der Vereinigten Staaten sein wird, sei ein Ergebnis, das die "etablierten Strukturen zerreißt", sagte der US-Politologe Andrew B. Denison im DLF. Der Wille zahlreicher Amerikaner, einen politischen "Wandel" herbeizuführen, habe Trump zum Sieg verholfen. Ähnlich bewertete es der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. Wirtschaftlich Benachteiligte, speziell aus der Mittelschicht, die sich "von der Politik verlassen" fühlten, hätten ihrer Wut an der Wahlurne Ausdruck verliehen.
    Tatsächlich spielte wohl das Gefühl, wirtschaftlich und sozial abgehängt zu sein, für den Wahlausgang eine große Rolle. Laut Umfragen von Infratest Dimap schätzte mehr als ein Drittel der Trump-Wähler ihre persönliche finanzielle Situation schlechter ein als vor vier Jahren, 81 Prozent glaubten, sie sei prekärer als vor 50 Jahren. Generell konnte sich Trump stark auf weiße Wähler in ländlichen Gebieten verlassen. Deren Beteiligung sei in diesem Jahr "durch die Decke gegangen", erklärte der Politologe Larry Sabato der Tagesschau.
    Weiße Amerikaner unterstützen Trump
    Konkretere Zahlen zu Trumps Erfolg bei der weißen US-Bevölkerung lieferten CNN und der "Guardian". Demnach haben 63 Prozent der weißen Männer für Trump gestimmt, aber auch 53 Prozent der weißen Frauen. Auch in der Gruppe der 18 bis 29-jährigen Weißen war Trump obenauf. Innerhalb der weißen Bevölkerung konnte Clinton nur diejenigen mit Hochschul-Abschluss für sich gewinnen - und selbst dort nur knapp (45 Prozent).
    Eines von Clintons Problemen war laut CNN und "Guardian" ein großer Stimmverlust bei Afroamerikanern und Latinos. Im Vergleich zu Barack Obamas Wiederwahl 2012 holte Clinton bei diesen Gruppen fünf beziehungsweise sechs Prozentpunkte weniger. Unter dem Strich, so CNN, habe Clinton die "Obama-Koalition" innerhalb verschiedener Wählergruppen nicht erneut mobilisieren können. Stattdessen habe es Trump geschafft, auch an "versteckten Stellen" Wähler zu gewinnen. Das belegt auch eine Einschätzung des "Guardian", wonach eine Mehrheit der Amerikaner mit einem Einkommen von mindestens 50.000 US-Dollar pro Jahr für Trump gestimmt hätten.
    Clinton mit Schwächen in ihrer Kampagne
    Dass Clinton trotz ihrer jahrzehntelangen Erfahrung und einer 1,3 Milliarden Dollar teuren Kampagne die Wahl verloren hat, ist laut Marcus Pindur, ehemaliger USA-Korrespondent des Deutschlandradios, auch Schwächen in ihrer Kampagne zuzuschreiben. Trumps Erfolge in Wisconsin und Pennsylvania, Staaten mit traditionell demokratischer Wählerschaft, seien dafür ein Beleg. "Clinton hat sich in diesen Staaten sehr sicher gefühlt und erst spät Wahlkampfreisen dahin unternommen", so Pindur. Sie habe diese Gebiete möglicherweise vernachlässigt.
    Ähnlich beschrieb es Thilo Kößler, der derzeitige Deutschlandfunk-Korrespondent in Washington. "Die Demokraten haben dieses Ergebnis ganz bestimmt nicht für möglich gehalten", so Kößler. Deshalb hätten sie die Zügel am Ende wohl etwas schleifen gelassen.
    (ps/jasi)