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USA
Erste öffentliche Anhörung in der Ukraine-Affäre beginnt

Bei den Ermittlungen zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump in der Ukraine-Affäre werden am Mittwoch erstmals öffentlich Zeugen gehört. Mit der Live-Übertragung der Zeugenaussagen im TV erhoffen sich die US-Demokraten eine breitere Zustimmung zu einem Impeachment.

Von Thilo Kößler | 13.11.2019
Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj sitzen vor ihren Landesflaggen und geben sich die Hand.
Donald Trump und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (r.) (dpa-bildfunk / AP / Evan Vucci)
Die Zeugen sind nicht zu beneiden, die sich dem Druck dieser öffentlichen Befragung bei laufenden Kameras aussetzen müssen: Stundenlang werden sie zwei politisch verfeindeten Lagern Rede und Antwort stehen müssen. Die Demokraten wollen in dieser zweiten Phase ihrer Untersuchung in der sogenannten Ukraine-Affäre einer breiten Öffentlichkeit ein eigenes Urteil über die Zeugen und deren Glaubwürdigkeit ermöglichen, wie Adam Schiff sagt.
Nach den Worten des demokratischen Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses wollen sie den Druck auf den Präsidenten erhöhen.
Mittlerweile sind alle Aussagen der Zeugen, die sie bereits hinter verschlossenen Türen machten, veröffentlicht. Auf sie stützt sich der Vorwurf, Donald Trump habe in einem Telefonat am 25. Juli den ukrainischen Präsidenten Wolodymir Selenskyi gedrängt, Wahlkampfmaterial gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden zu sammeln.
Druck auf Selenskyi?
Alle Zeugen sagten aus, der Präsident habe dabei die Auszahlung von 400 Millionen Dollar an Militärhilfe an die Bedingung geknüpft, dass Selenskyi dieser Forderung nachkommt. Das erfüllt nach Ansicht der Demokraten den Tatbestand des Amtsmissbrauchs. Weshalb sie sich von den öffentlichen Zeugenaussagen jetzt eine noch breitere Zustimmung für das Impeachment-Verfahren erhoffen.
Allerdings versuchten die Republikaner von Anfang an, den gesamten Prozess in Misskredit zu bringen. So zweifelte Trump die Aussagen des anonymen Whistleblowers an, der im August den Stein ins Rollen gebracht hatte. Ein Obama-Mann und Trump-Gegner sei der Informant, behauptete Trump.
Die Republikaner folgen der Strategie ihres Präsidenten und gehen bis heute nicht auf die inhaltlichen Vorwürfe ein. Stattdessen behaupteten sie, die Befragungen in diesem Untersuchungsverfahren hätten ohne ihr Beisein hinter verschlossenen Türen stattgefunden - was den Abgeordneten Steve Scalise zu der steilen These veranlasste, es handle sich um einen Prozess im Sowjetstil. Den Demokraten gehe es nicht um die Wahrheit, sondern nur darum, das Wahlergebnis von 2016 ungeschehen zu machen.
Republikanische Strategie der Nebelkerzen
Von alledem konnte zwar keine Rede sein, weil das Verfahren von Anfang an dem allgemein üblichen Regelwerk folgte - allerdings unter dem Vorsitz der demokratischen Mehrheit.
Nach Informationen der Online-Plattform Axios haben sich die Republikaner in dieser nächsten Phase der öffentlichen Befragungen nun auf diese Strategie verständigt: Erstens sei der Vorwurf unhaltbar, Donald Trump habe Druck auf den ukrainischen Präsidenten ausgeübt - obwohl sich alle Zeugen entsprechend äußerten.
Zweitens habe sich Selenskyi nicht bedrängt gefühlt - obwohl er in Kiew längst das Gegenteil behauptete. Die ukrainische Regierung habe - drittens - nichts von der zurückgehaltenen Militärhilfe gewusst - was ebenfalls längst widerlegt ist.
John Dean, der der Hauptbelastungszeuge im Verfahren gegen Richard Nixon war, hält das für eine schwache Verteidigungsstrategie der Republikaner. Sie versuchten, die Substanz der eigentlichen Vorwürfe auszublenden, sagte er in CNN.
Am Ende bleibt die spannende Frage, welche der beiden Strategien die erfolgreichere sein wird: Die republikanische Strategie der Nebelkerzen, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von den Verfehlungen Donald Trumps abzulenken. Oder die Strategie der entwaffnenden Wahrheit, die Donald Trump zunehmend in Bedrängnis bringen und dem anstehenden Impeachment-Verfahren eine breite Legitimation verleihen soll.