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USA-Nordkorea
Kriegsdrohung als legitimes Mittel

Die USA wollen, dass Nordkorea sein Atomprogramm aufgibt. China braucht Nordkorea als Puffer zwischen sich und dem USA-Freund Südkorea. Nordkoreas Regime wiederum fürchtet, von den USA gestürzt zu werden. Ob eine Militäroption aus diesen Interessenskonflikten herausführen kann, darüber sind Polit-Experten sich uneins.

Von Antje Passenheim | 10.08.2017
    Ein Fernsehschirm in Südkorea zeigt US-Präsident Trump.
    Alles Teil einer Werkzeugkiste: Kriegsandrohung, Sanktionen und Dialog? Dem widersprechen andere Experten und fordern mehr Kompromisse. (dpa / AP / Lee Jin-man)
    Die Nordkorea-Strategie geht auf - meint Außenminister Tillerson noch auf dem Rückflug vom Asean-Gipfel.
    Allein: Es fällt vielen schwer, sie zu erkennen. Während Präsident Trump mit schärfsten Drohungen aus der Hüfte gegen Nordkorea schießt - steuert Tillerson dagegen. Versucht, das Kriegsgebrüll zurück in diplomatische Bahnen zu lenken. Der einzige Weg, meint der ehemalige Spitzendiplomat Nicholas Burns:
    "Diplomatie ist die letzte Chance", sagt der Ex-Vize Außenminister von Präsident Georg W. Bush. Doch gerade, um sich Gehör zu verschaffen, müssten die USA zeitgleich militärische Stärke demonstrieren. Wenn auch mit weniger schrillem Gebrüll als dem von Trump. Für Burns ist klar: Trumps harsche Worte waren an die Chinesen gerichtet:
    "Er lässt sie wissen, dass wir Amerikaner unser Land verteidigen sowie unsere Verbündeten Japan und Südkorea und unsere dort stationierten Soldaten."
    Und würden die Amerikaner militärisch in Nordkorea zuschlagen, würden sie damit auch China treffen. Das habe große Angst vor einem Zusammenbruch des Nachbarlands: Vor Hunderttausenden Flüchtlingen ebenso wie vor einem vereinten Korea an der Seite der USA. China sei an einer stabilen Pufferzone zwischen sich und dem Amerikafreund Südkorea interessiert. Seit er im Weißen Haus ist, hat Trump daher versucht, China ins Boot zu holen, um den Diktator in Pjöngjang zum Einlenken zu zwingen. Diese Anstrengungen müssten verschärft werden. Die Staatschefs sollten schleunigst direkt miteinander sprechen.
    "Die Chinesen müssen ins Boot. Sie haben Einfluss. Sie versorgen Nordkorea mit Lebensmitteln und Kohle."
    Das gemeinsame Votum für die Ausweitung von Sanktionen reiche nicht aus, meint auch die ehemalige Top-Diplomatin in der Obama-Regierung Wendy Sherman.
    Das Puzzle hat viele andere Teile, sagt sie.
    Korea-Expertin: Militäroption als wichtiges Mittel
    Wir brauchen Zuckerbrot und Peitsche, um die Nordkoreaner an den Verhandlungstisch zu bekommen. Noch deutlicher sagte es Korea-Expertin Balbina Hwang von der Georgetown Universität in Washington.
    "Die Militäroption war stets auf dem Tisch. Zu Recht, wie ich meine. Und dort sollte sie auch bleiben. Denn im Prinzip sind wir mit Nordkorea im Krieg."
    Die gebürtige Südkoreanerin, die viele Jahre im US-Außenministerium gearbeitet hat, sieht diese Option als wichtiges Mittel, um der ganzen Region eines klarzumachen:
    "Wenn China nichts tut und Nordkorea sein Verhalten nicht ändert, gibt es schwere militärische Konsequenzen. Und es wäre nicht das Schlechteste, wenn die Region das begreift."
    Es gehe hier nicht um eine Entweder-oder-Frage, meint Hwang. Eine Kriegsdrohung sei keine Absage an die Diplomatie:
    "Militäroptionen, Sanktionen, Dialog - Das alles sind Teile einer Werkzeugkiste".
    Polit-Experte: "Mehr Kompromisse und Zwischenschritte"
    Und von allen sollten die USA Gebrauch machen, um Nordkorea dazu zu bringen, sein Atom- und Raketenprogramm aufzugeben. Doch auch hier sollte das Weiße Haus seine Strategie überdenken, meint Robert Litwak vom Washingtoner Politik-Forum Wilson Center. Er plädiert für mehr Kompromisse und Zwischenschritte.
    "Eine neue Komponente wäre es, wenn wir China dazu brächten, den Nordkoreanern moderaten Druck zu machen, sie vom Einfrieren des Programms zu überzeugen. Null Sprengköpfe - das ist für Nordkorea keine Option. Aber 20 sind besser als hundert."
    Eine Option, die Nordkorea die Angst nehmen würde, dass die USA das Regime stürzen wollten. Dieser Kompromiss würde Kim Jong Un die Macht weiter sichern. Und das Beste aus der verfahrenen Situation machen, meint Politologe Litwak. Doch eins sei unabdingbar, um den seit 30 Jahren schwelenden Konflikt zwischen Pjöngjang und Washington beizulegen, sagt Litwak:
    Es wäre allein schon hilfreich, den Mischmasch an Botschaften zu klären, die gerade aus Washington kommen.