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USA
US-Wissenschaftler kämpfen für Ende des Shutdowns

Geschlossene staatliche Forschungseinrichtungen, ausgesetzte Konferenzen, unterbrochene Projekte: Auch für die Wissenschaft hat die Haushaltssperre in den USA Folgen. Auf Twitter melden sich deswegen hunderte US-Wissenschaftler zu Wort und fordern eine schnelles Ende des Shutdowns.

Von Volker Mrasek | 25.01.2019
    Demonstranten fordern vor dem Kapitol in Washington D.C. ein Ende des "Shutdowns".
    Demonstranten fordern vor dem Kapitol in Washington D. C. ein Ende des Shutdowns (imago stock&people)
    Wie US-Präsident Donald Trump twittert jetzt auch Anne Jefferson, Geologin an der Kent State University im Bundesstaat Ohio:
    "Ich begann damit, als die erste Woche der Haushaltssperre gerade vorüber war. Aus Frust darüber, dass sich kaum jemand klarmachte, welche Folgen der Shutdown für Wissenschaft und Wissenschaftler hat."
    Jungen Forschern gehen womöglich Monate verloren
    ShutdownScience - so heißt der Twitter-Kanal, den Anne Jefferson einrichtete. Inzwischen haben sich dort Hunderte Forscherinnen und Forscher zu Wort gemeldet, fast alle noch frustrierter:
    "Es trifft vor allem junge Forscher, die ja finanziell nicht so gut ausgestattet sind und jetzt kein Geld mehr bekommen. Außerdem haben sie oft kurzfristige Verträge und nur beschränkte Zeit für ihre Forschung. Durch den Shutdown gehen ihnen womöglich Monate verloren. Das sind Zwanzig- oder Dreißigjährige am Anfang ihrer Karriere, die jetzt darüber nachdenken, ob sie nicht besser aus dem Staatsdienst ausscheiden oder die Wissenschaft ganz drangeben sollen."
    Notbesetzung in staatlichen Forschungseinrichtungen
    Staatliche Forschungseinrichtungen bleiben geschlossen oder haben nur noch eine Notbesetzung. Ihre Wissenschaftler dürfen auch nicht zuhause weiterarbeiten, ja sie können nicht einmal mehr auf ihr dienstliches Email-Konto zugreifen.
    "Workshops und Konferenzen mit staatlicher Beteiligung wurden gestrichen. Bei anderen durften Mitarbeiter öffentlicher Institute nicht teilnehmen. Anfang Januar lief die Jahrestagung der Amerikanischen Meteorologischen Gesellschaft und 600 Forscher der NASA, der Wetterbehörden und Wetterdienste fehlten diesmal."
    Unterbrechung von Forschungsprojekten
    Auch laufende Forschungsprojekte und Messreihen leiden unter der anhaltenden Haushaltssperre, wenn der Shutdown jetzt dazu führt, dass sie unterbrochen werden müssen. Anne Jefferson nennt ein prominentes Beispiel:
    "Am Oberen See an der Grenze zu Kanada läuft eine große Langzeitstudie über Räuber-Beute-Beziehungen mit Wölfen und Elchen. Sie steht in jedem Ökologie-Lehrbuch. Doch weil der Nationalpark dort schließen musste, können die Forscher nicht weiterarbeiten. In dem Wolfsrudel gibt es nur noch ein Männchen. Jetzt wäre eigentlich der ideale Zeitpunkt, um zu überprüfen, ob noch einmal Nachwuchs da ist oder die Wolfspopulation vielleicht ausstirbt. Denn im Schnee kann man die Fährten der Tiere gut lesen. Der Shutdown unterbricht die Beobachtungen also in einer besonders kritischen Phase."
    Die US-Raumfahrtbehörde NASA hat vor vier Monaten "Icesat 2" gestartet. Der Satellit kostete rund eine Milliarde Dollar und soll Veränderungen der polaren Eiskappen im Blick behalten. Die Haushaltssperre schadet auch dieser Mission, wie Benjamin Smith erläutert. Er ist Physiker an der Universität von Washington in Seattle und hat das wissenschaftliche Konzept mitgestaltet:
    "Wenn ein neuer Satellit ins All startet, müssen seine Instrumente erst einmal kalibriert werden. Für Icesat-2 ist schon lange eine Kampagne mit Flugzeugen und Vergleichsmessungen über Grönland geplant. Wir müssten sie jetzt eigentlich vorbereiten und Instrumente in die Maschinen einbauen. Doch durch den Shutdown darf niemand mehr in den Hangar. Die Flugzeuge sind schon für Anschlussprojekte gebucht. Das Schlimmste wäre, wenn die Haushaltssperre so lange andauert, dass wir die Messkampagne gar nicht mehr durchführen können."
    "Haushaltssperre schadet der ganzen Wissenschaft"
    Anne Jefferson arbeitet zwar nicht in einer staatlichen Fachbehörde. Doch auch sie bekommt die Folgen der Haushaltssperre tagtäglich zu spüren, wie sie beklagt. Für ihre Forschung benötige sie regelmäßig Messdaten der Wetterdienste. Zurzeit seien aber keine mehr abrufbar - genauso wenig wie sogenannte GIS-Daten für Geografische Informationssysteme aus staatlicher Hand.
    "Ich möchte wirklich, dass die Haushaltsperre endet, am besten noch heute! Sie schadet der ganzen Wissenschaft. Und ich hoffe, dass unsere Politiker uns endlich zuhören."