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USA
Virus tötet Millionen Schweine

In den USA grassiert derzeit ein Schweinevirus. Bis zu zehn Millionen Tiere sollen der Seuche schon zum Opfer gefallen sein. Übertragen wird das Virus durch Kot. Die Eindämmung der Krankheit ist auch ein logistisches Problem.

Von Heike Wipperfürth | 23.07.2014
    Drei Schweine stehen in einem Stall und gucken in die Kamera.
    Jede Woche sterben 100.000 Ferkel an dem Virus. (dpa/picture alliance/Bernd Wüstneck)
    Es ist ein trauriges Foto, das Teilnehmer einer Schweinekonferenz in Kansas City kürzlich anschauen mussten: Ein Lastwagen, bis obenhin voll mit ausgemergelten Ferkeln, nur wenige Tage alt, alle tot: Opfer einer neuen Schweineseuche, die in den USA grassiert.
    "Es geht so: Säue und Jungsäue erbrechen sich und leiden unter Durchfall. Säugende Ferkel bekommen schlimme Diarrhö und sterben daran."
    Dick Hesse ist Virologe an der Kansas State Universität und erforscht die Epidemie. Inzwischen ist klar: Die Schweine fallen dem "Porcine Epidemic Diarrhea Virus" - kurz PED - zum Opfer. Der Durchfallvirus hat ein Massensterben von schätzungsweise 7 bis 10 Millionen Schweinen ausgelöst, seit er im Mai 2013 in Iowa, dem größten Schweinezuchtstaat der USA, zum ersten Mal aufgetreten ist. Inzwischen hat er sich auf 31 US-Bundesstaaten ausgeweitet und kostet pro Woche 100.000 Ferkeln das Leben. Er zerstört ihren Verdauungstrakt und sie sterben an Flüssigkeitsmangel.
    In den 70er-Jahren wütete der Virus in Europa und zog dann weiter nach Asien. Von dort wurde er auf unbekanntem Wege in die USA eingeschleppt. Aber der Ausbruch in den USA sei der bisher schlimmste, erklärt Dick Hesse.
    "Laut Kollegen trägt ein Fingerhut gefüllt mit dem Durchfall eines drei Tage alten Ferkels so viele Erreger mit sich, dass sich damit alle Schweine in den USA anstecken könnten."
    "Gülle ist Ansteckungsherd"
    Die Ausbreitung des Virus zu verhindern sei auch deshalb so schwierig, weil er durch Kot übertragen werde. Das ist nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein logistisches Problem. Denn Amerikas 62 Millionen Schweine sind in ihrem kurzen Leben viel unterwegs: Von der Farm in riesige Mastbetriebe und Schlachthöfe. So entfaltet der Virus seine tödliche Wirkung, sagt Dick Hesse.
    "Die Schweineindustrie ist immer auf Achse. Wöchentlich schicken wir 500.000 Schweine nach Iowa. Täglich werden eine Million Schweine irgendwohin gefahren. Aber wo Schweine sind, da ist auch Gülle. Und die ist der Ansteckungsherd, denn dies ist eine Krankheit, die dadurch ausgelöst wird, dass die mit dem Kot ausgeschiedenen Erreger durch das Maul wieder aufgenommen werden."
    Eine Ansteckungsgefahr für Menschen bestehe allerdings nicht. Ein Schweineimpfstoff sei seit Juni zugelassen, doch seine Wirksamkeit ist noch nicht klar. Während Hesse und seine Kollegen eine neue Krankheitswelle beim nächsten kühlen und feuchten Wetter erwarten, weil sich das Virus dann schneller verbreitet, verzeichnet die 97-Milliarden-Dollar schwere Schweinezuchtbranche höhere Preise: Diese haben sich aufgrund der Schweineknappheit im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent erhöht, Tendenz steigend. Gleichzeitig wird mehr Bacon verzehrt: 2013 haben die Amerikaner 4 Milliarden Dollar für Schinkenspeck ausgegeben, fast ein Zehntel mehr als im Vorjahr.
    "Entsorgung von Jauche ist seit Jahren ein Problem"
    Es geht um Mega-Konzerne: Voriges Jahr übernahm die WH Group, Chinas größter Schweineproduzent, für 7,1 Milliarden Dollar Smith Field Foods, Amerikas größten Schweinezüchter aus North Carolina. Jetzt drängt der Fleischmulti an die Börse, obwohl auch die Schweine von Smith Field Foods unter dem Virus leiden. Mariann Sullivan, eine Juraprofessorin, die Tierrecht an der Columbia Universität unterrichtet, findet das Geschäftsgebaren der großen Schweinefleischproduzenten empörend:
    "Die Branche interessiert nur das, was unter dem Strich übrig bleibt. Die Schweine und die Menschen sind ihr völlig egal. Selbst wenn man den Virus außen vorlässt: Die Entsorgung der riesigen Mengen von Jauche, die die Schweine produzieren, ist doch schon seit Jahren ein Problem."
    Hinzu kommen nun die Millionen Kadaver toter Ferkel - Anlass für Streit mit den Züchtern, sagt Larry Baldwin von der Waterkeeper Alliance, einer Umweltschutzorganisation in den USA. North Carolina solle den Notstand ausrufen und einen Plan für die Massenentsorgung der toten Ferkel vorlegt.
    "Wenn so viele Kadaver beerdigt werden, dann machen wir uns Sorgen um die Verseuchung von Grund- und Trinkwasser."
    Die Regierung in North Carolina lehnt das ab. Und einige Politiker in dem Schweinestaat fordern ein Gesetz, das Luftbilder der Zuchtbetriebe verbietet, mit denen Tier- und Umweltschutzorganisationen in der Vergangenheit auf die Megaställe und die Missstände darin und drum herum aufmerksam machten.