
America first: Dieses Motto verfolgt die Trump-Regierung auf allen Ebenen. Auch in der Entwicklungshilfe: Die ungeschminkte Betonung der eigenen Interessen bedeutet nichts Gutes für auf Unterstützung angewiesene Länder und die Menschen, die dort leben.
Anfang Juli 2025 verkündete US-Außenminister Rubio das endgültige Aus für die US-Entwicklungsbehörde, die Regierung setzte mehr als 13.000 USAID-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Straße. Was der faktische Ausstieg der USA für die internationalen Hilfsprogramme bedeutet – ein Überblick.
Warum hat die Trump-Administration USAID abgewickelt?
Nach Ansicht der Trump-Regierung war USAID ineffizient und falsch ausgerichtet. USAID sei es jahrzehntelang nicht gelungen, mit seinen Programmen amerikanische Interessen durchzusetzen, meint US-Außenminister Marco Rubio. Stattdessen sei ein weltweites System einer Hilfsorganisationen-Industrie aufgebaut worden, das Entwicklungsziele allerdings nur selten erreicht habe. Ab jetzt habe sich die US-Entwicklungshilfe der amerikanischen Außenpolitik unterzuordnen.
Die Trump-Regierung hatte bereits Anfang Februar 2025 damit begonnen, die US-Entwicklungsbehörde zu zerschlagen: Mehr als 80 Prozent der einst von USAID geführten Projekte sollten gestrichen werden. Von den ursprünglich rund 6.200 Projekten werden nach Rubios Angaben nur noch etwa tausend unter der Aufsicht des Außenministeriums fortgeführt. Die von Präsident John F. Kennedy 1961 gegründete Behörde war eine der größten Organisationen ihrer Art weltweit.
Wie erfolgreich war USAID in den vergangenen Jahrzehnten?
USAID hat sich vor allem um die globale Gesundheit verdient gemacht, die Behörde hat mit einer Vielzahl von Programmen aber auch die demokratische und wirtschaftliche Entwicklung in anderen Ländern gefördert. Laut der Einschätzung von Wissenschaftlern hat das von der Behörde verteilte Geld in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Ländern mit niedrigem Einkommen erheblich zur Senkung der Erwachsenen- und Kindersterblichkeit beigetragen.
So hätten die Mittel vor allem in afrikanischen Ländern zu einer Senkung der Sterblichkeit geführt, bei Kindern unter fünf Jahren um 32 Prozent. Demnach waren vor allem Programme zur Bekämpfung von HIV/Aids wirkungsvoll. Auch die Malaria-Sterblichkeit wurde um 51 Prozent verringert.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten habe USAID viele Millionen Menschenleben gerettet, sagt der Epidemiologe Davide Rasella, Co-Autor einer Studie zum Thema: „Durch USAID gab es 25 Millionen weniger Aids-Tote, elf Millionen weniger Menschen sind an Durchfallerkrankungen gestorben, und acht Millionen weniger an Erkrankungen der Atemwege - also eine große Bandbreite an Krankheiten, die alle mit extremer Armut zusammenhängen.“
Was sind die Folgen der Abwicklung von USAID?
Die konkreten Folgen des Kahlschlags sind schon jetzt in den Ländern des globalen Südens zu beobachten. Julie Paquereau, medizinische Koordinatorin von „Ärzte ohne Grenzen “ in Afghanistan, verweist auf Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), nach denen bereits über 400 Gesundheitseinrichtungen im Land ihren Betrieb eingestellt haben. In der Folge hätten drei Millionen Menschen keinen Zugang mehr zu medizinischer Versorgung. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) schränkt derzeit seine Lebensmittelhilfen für krisengeplagte Länder in West- und Zentralafrika infolge der Kürzungen drastisch ein.
Forscher rechnen insgesamt mit verheerenden Auswirkungen. In einer Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift „Lancet“ veröffentlicht wurde, kommen sie zu dem Schluss, dass die Auflösung von USAID bis 2030 mehr als 14 Millionen Menschen das Leben kosten wird, darunter 4,5 Millionen Kinder. Das Geld aus den USA habe eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der globalen Gesundheit gespielt, schreiben die Autoren.
Für „Brot für die Welt“ markiert das Ende von USAID „eine tiefgreifende Zäsur“ in der Geschichte der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Die Hilfsorganisation spricht von einem „dramatischen Einschnitt“: Mindestens 120 Millionen Menschen in mehr als 100 Ländern seien direkt betroffen.
Wie viel Geld fehlt jetzt in der internationalen Entwicklungshilfe?
Verschiedene Quellen gehen von 50 Milliarden Euro und mehr jährlich aus. Die USA seien weltweit der mit Abstand größte Geber für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit gewesen, sagt Jan Friedrich-Rust von der „Aktion gegen den Hunger “. Insgesamt hätten die USA weltweit rund 40 Prozent der internationalen Hilfe bereitgestellt.
Werden andere Geldgeber einspringen?
Wie und ob die Finanzierungslücke kompensiert werden kann, ist noch unklar. Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan hat inzwischen ausgeschlossen, dass nun andere Geldgeber die Töpfe in gleicher Weise füllen. Das könnten weder Deutschland noch Europa, meint die SPD-Politikerin: „Aber wir müssen das Schlimmste verhindern.“
Mit dem Rückzug der USA sei Deutschland nun in vielen Bereichen der größte Geber. Dieses Gewicht müsse genutzt werden, um die Neuordnung der internationalen Zusammenarbeit strategisch mitzugestalten. Dafür müsse die EU noch enger zusammenarbeiten und die Vereinten Nationen durch Reformen auf eine Zukunft ohne USAID vorbereitet werden.
Jan Friedrich-Rust von der „Aktion gegen den Hunger“ sieht die Situation anders. Deutschland und Europa könnten die finanzielle Lücke sehr wohl schließen, meint er. Allein der Vorschlag, rund zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, koste rund 110 Milliarden Euro. Damit gebe allein Deutschland doppelt so viel für Verteidigung aus, wie nun durch den Rückzug der USA an finanziellen Mitteln in der internationalen Hilfe fehlten.
Nach Ansicht von Rust hat der Rückzug der USA auch Auswirkungen auf das internationale Ringen um globalen Einfluss. Andere Länder hätten längst erkannt, wie sie die aktuelle politische Situation zu ihrem eigenen Vorteil nutzen könnten. So präsentiere sich China schon seit Längerem in vielen Ländern des globalen Südens als Partner und sei inzwischen auch der größte Geber der Weltgesundheitsorganisation. Für Deutschland und die Europäische Union stelle sich jetzt auch die Frage, ob sie bereit seien, global eine Führungsrolle zu übernehmen.
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