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Vanuatu nach Wirbelsturm
"Noch keinen Kontakt zu einigen der Inseln"

Mobilfunktürme seien einfach weggeflogen, zu vielen Orten des Inselstaats Vanuatu bestehe kein Kontakt. Entwicklungshelfer Wulf Killmann rechnet mit dem Schlimmsten: "Es ist aber anzunehmen, dass ein Großteil der Häuser in den Dörfern zerstört ist", sagte er im DLF.

Wulf Killmann im Gespräch mit Mario Dobovisek | 17.03.2015
    Eine Satellitenaufnahme des Zyklons "Pam" über dem Inselstaat Vanuatu.
    Eine Satellitenaufnahme des Zyklons "Pam" über dem Inselstaat Vanuatu. (dpa / picture-alliance / NASA)
    Mario Dobovisek: Die Südsee gilt vielen als ein Paradies auf Erden. Dann trifft der Wirbelsturm Pam die Region mit voller Wucht, genauer den Inselstaat Vanuatu. Dort erleben viele Menschen nun die Hölle. Am Telefon begrüße ich Wulf Killmann von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, zuständig unter anderem für Vanuatu, sitzt selber momentan in Fidschi. Herr Killmann, welche Eindrücke können Sie in den Kontakten zu Ihren Mitarbeitern in Vanuatu von der Situation dort gewinnen?
    Wulf Killmann: Die Situation ist noch immer schwierig. Port Vila, die Hauptstadt auf der Insel Efate ist noch immer vom Hinterland abgeschnitten, weil die Brücken kaputt sind und die Flüsse über die Ufer getreten sind, so dass wir noch nicht genau wissen, wie es in den Dörfern aussieht. Und wir haben auch noch keinen Kontakt zu einigen der Inseln. Wir haben zum Beispiel einen Mitarbeiter auf der Insel Nguna. Die ist nordwestlich der Hauptinsel Efate. Da die Mobilfunktürme alle umgekippt sind oder weggeflogen sind, haben wir leider keinen Kontakt. Es ist aber anzunehmen, dass ein Großteil der Häuser in den Dörfern zerstört ist, weil viele dieser Häuser ja einfach gebaut sind, aus Holz und Wellblech, und auch in der Hauptstadt sind viele Leute obdachlos.
    Dobovisek: Welchen Eindruck haben Sie von den Hilfsaktionen, die inzwischen angelaufen sind?
    Killmann: Es gibt hier ein Abkommen zwischen den Franzosen, Australiern und Neuseeländern. Das heißt FRANZ. Die arbeiten eng zusammen und sind bereits seit zwei Tagen mit ihren Flugzeugen im Land und bringen Soforthilfe.
    "Die Leute sitzen im Freien"
    Dobovisek: Was wird da am dringendsten benötigt?
    Killmann: Am dringendsten wird benötigt natürlich Wasser. Am dringendsten werden benötigt Decken und Zeltplanen. Bei vielen Häusern sind ja die Dächer weg, die Leute sitzen im Freien. Ein großes Problem wird sein in naher Zukunft die Nahrungsmittelsicherheit. Wir arbeiten aufgeteilt. Die verschiedenen Organisationen übernehmen verschiedene Arbeiten. Wir unterstützen das Landwirtschafts-Cluster und da geht es vor allen Dingen darum, so schnell wie möglich vor allen Dingen Soziofrüchte - das sind die Grundnahrungsmittel - in den Boden zu bringen, damit die Leute in vier, fünf Monaten was zu essen haben. Denn es sind nicht nur die Behausungen zerstört worden, sondern es sind auch die Feldfrüchte zerstört worden. Viele dieser Leute leben ja von dem, was sie anbauen.
    Dobovisek: Der Präsident Vanuatus, Baldwin Lonsdale, sagt, Vanuatu sei ausgelöscht worden, weggewischt, weggefegt worden. Er macht dafür auch den Klimawandel verantwortlich. Sie mit Ihrem Projekt von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit befassen sich auch mit dem Klimawandel. Welche Rolle spielt er?
    Der Klimawandel verstärkt die Stürme
    Killmann: Der Klimawandel trägt hier nicht nur zur Temperaturerhöhung und zur Veränderung der Regenfälle bei, sondern in dieser Region auch zu einer Intensität der Wirbelstürme, die hier Zyklone heißen. Es nimmt die Intensität zu, und dieser war ja einer der schwersten Wirbelstürme in der Gegend seit vielen Jahren. Es war die Stärke fünf. Man kann schon annehmen, dass der Klimawandel da auch eine Rolle spielt. Das ist mit Sicherheit auch darauf zurückzuführen.
    Dobovisek: Wie präsent ist der Klimawandel in der Diskussion gerade in Ozeanien, gerade in Inselstaaten wie Vanuatu?
    Killmann: Der Klimawandel ist sehr präsent in der Region und in der Diskussion, vor allen Dingen auch in den kleinen Atollstaaten, denn wir dürfen nicht vergessen: Dieser Wirbelsturm Pam hat nicht nur Vanuatu getroffen, sondern er hat auch den östlichen Teil der Salomonen getroffen und vor allen Dingen die kleinen Atollstaaten Tuvalu und Kiribati. Der Wirbelsturm ist nicht direkt über diese Staaten hinweggefegt, aber er hat das Meer so aufgepeitscht, dass es zu großen Überschwemmungen kam, und Kiribati zum Beispiel ist ja nur maximal drei Meter über dem Meeresspiegel und sie können sich vorstellen, was dann passiert, wo 60.000 Menschen in Tarawa leben und plötzlich dann die Häuser unter Wasser stehen. Das ist ein großes Problem. In Tuvalu ist auch der Notstand ausgerufen. Wir gucken natürlich jetzt alle nach Vanuatu und über Vanuatu war ja der Wirbelsturm direkt hinweggezogen. Aber es sind auch die anderen Staaten betroffen. Und diese Auswirkungen werden natürlich auch dem Klimawandel zugeordnet.
    Dobovisek: Wulf Killmann von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, zuständig für Vanuatu, das vom Wirbelsturm Pam getroffen wurde. Ich danke Ihnen, Herr Killmann.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.