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Venus gab seltene Galavorstellung

Astronomie. - Eine astronomische Rarität - zu mindest für eine Lebensspanne - fand Dienstagmorgen am Himmel über Europa statt. Denn nur alle 122 Jahre ereignet sich ein so genannter Venustransit, bei dem sich unser Nachbarplanet genau zwischen Sonne und Erde setzt. Entsprechend gespannt hatten Profi- und Amateurastronomen der Miniatur-Sonnenfinsternis entgegengefiebert. Das Wetter spielte in vielen Teilen Europas ebenfalls mit und ermöglichte einen ungetrübten Blick auf die Venus im Antlitz der Sonne.

    Einen Logenplatz bei einem historischen Ereignis hatten heute alle Europäer, deren Herz für die Astronomie schlägt. Denn um 7.20 Uhr MESZ begann der so genannte Venustransit, bei der sich der Nachbarplanet durch die optische Achse zwischen Sonne und Erde schiebt. Vielerorts in Europa waren für den Genuss dieser Miniatursonnenfinsternis bei strahlendem Sonnenschein und nahezu völliger Wolkenlosigkeit beste Beobachtungsverhältnisse gegeben. Rund 20 Minuten dauerte es, bis sich die Venus vom Rand der Sonne löste und als vollständiger Punkt vor dem gleißenden Hintergrund der Sonne erschien. Dabei ereignete sich das seltsam anmutende Lichtbrechungsphänomen des so genannten "schwarzen Tropfens", wenn die Venus für den Beobachter zwar bereits vollständig vor der Sonne steht, aber noch für einen Moment eine schattenhafte Brücke zum schwarzen Rand der Sonne sichtbar ist. Insgesamt rund fünf Stunden dauerte das Spektakel der Durchwanderung der Sonne, bis unser etwas kleinerer Nachbarplanet am anderen Ende der Sonnenscheibe wieder in der Dunkelheit verschwand. Das nächste mal wird diese Konstellation erst wieder 2125 in Europa zu sehen sein.

    Extra ins spanische Teneriffa war der US-amerikanische Planetenforscher Timothy Brown aus Boulder, Colorado, gereist, um mit Hilfe des dortigen Spezialteleskops zur Sonnenbeobachtung mehr über die obere Atmosphäre der Venus zu erfahren. Denn wenn die Venus vor der Sonne vorüber zieht, dann scheint Sonnenstrahlung durch die äußere Gashülle und wird dabei gefiltert. Aus dem Spektrum der noch zu Erde gelangten Strahlung schließen Astronomen auf die chemische Zusammensetzung der äußeren Venusatmosphäre. Überdies versuchte Brown, die dort herrschenden Windgeschwindigkeiten exakter zu bestimmen als je zuvor.

    In Paris näherten sich Experten dem Gestirn indes nicht nur mit dem Fernrohr, sondern auch mit konkreten Überlegungen, der geheimnisvollen Nachbarin noch sehr viel näher zu treten. So wird sich Ende 2005 eine Sonde der Europäischen Raumfahrtagentur ESA auf den Weg zur Venus machen. "VenusExpress" soll mit einer Reihe von Experimenten und Instrumenten Details der venusianischen Atmosphäre ermitteln, einen tieferen Blick in ihre dichten Wolkenfelder werfen und den Hintergrund des gewaltigen dortigen Treibhauseffektes und seinen immensen Temperaturen erhellen. Andere Fragestellungen des ehrgeizigen Vorhabens sind etwa die Erforschung möglicherweise noch existierenden Vulkanismus auf der Venus sowie die Suche nach Wasser in der Atmosphäre.

    [Quelle: Dirk Lorenzen]