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Verantwortungs-Projekte an der Gesamtschule Essen

Mitarbeit im Schulcafé, Singen im Altersheim und Spielen auf der Kinderkrebsstation - unterschiedliche Bereiche, in denen Schüler sich umsehen. Die Arbeit gehört zum so genannten Verantwortungs-Projekt der Gesamtschule in Essen-Holsterhausen.

Von Armin Himmelrath |
    Das Schulcafé der integrativen Gesamtschule in Essen-Holsterhausen. Marvin ist 14, geht in die achte Klasse und hilft hier mehrere Stunden pro Woche aus.

    " Ich mach hier Kaffee, schmier die Brötchen, verkauf die Brötchen und verkauf auch Getränke. Aber der Dienst wechselt, und man muss manchmal sich auch an der Kasse betätigen und da die Bons machen, und dann Namen auch auf Bons schreiben. Wir verkaufen auch Sandwiches. Dann ist man mal am Sandwichtoaster, mal hinter der Theke, aber ich bin eigentlich immer hinter der Theke. "

    Marvins Engagement ist Teil des so genannten Verantwortungs-Projekts, das alle Schülerinnen und Schüler in der 7. und 8. Klasse auf die Beine stellen müssen. Das Schulcafé als Begegnungsraum für behinderte und nichtbehinderte Schüler sei auf die Mitarbeit von Helfern wie Marvin angewiesen, sagt Schulleiterin Margret Rasfeld.

    " Verständigung und Verantwortung sind große Herausforderungen in dieser Welt, und Verantwortung lernt man am Besten, wenn man Verantwortung übernimmt. Und deshalb gibt es an unserer Schule dieses Projekt Verantwortung, wo Schülerinnen und Schüler eben Zeit geschenkt bekommen, um für ein Jahr selber eine verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen. "

    In dieser Zeit sind die Schülerinnen und Schüler an einem Nachmittag pro Woche vom Unterricht an der Ganztagsschule befreit, um die selbst gewählte Aufgabe wahrzunehmen. Lehrer und Schüler bereiten die Projekte im Unterricht gemeinsam vor.

    " Da überlegen die eben: Was ist Verantwortung? Hab ich schon mal Verantwortung übernommen? Was kann ich eigentlich tun? Laden sich Leute ein, zum Beispiel den Pfarrer, ob der Menschen kennt, die Hilfe bräuchten. Ist aber nicht unbedingt ein soziales Projekt, sondern ein interessengeleitetes, in dem ich Verantwortung übernehme. Manchmal überlegen die dann auch: Zum Beispiel einer wollte in einer Tierhandlung arbeiten und sollte da Kartons auspacken. Dann überlegt die Klasse: Wo ist da die Verantwortung? Ist das ein Verantwortungsprojekt? "

    Als die Gesamtschule vor sechs Jahren die Verantwortungs-Projekte als verpflichtendes Lernelement einführen wollte, hatten vor allem die Lehrer Bedenken. Die Kinder seien dafür mit 13 oder 14 noch zu jung, hieß es. Doch die Schüler selbst pochten darauf, die Lernprojekte zu verwirklichen. Mittlerweile haben sie Erfahrungen in den unterschiedlichsten Einsatzfeldern sammeln können.

    " Ich war im Kindergarten auf der Margaretenhöhe, und da haben wir auf die Kinder aufgepasst.

    Ich hab bei mir in der Kirchengemeinde geholfen. Ich hab zum Beispiel alten Leuten die Zeitung gebracht oder war auch Messdiener und auch Sternsinger.

    Ich war bei einer Tierärztin, und das war sehr schön, weil man hat gesehen, dass kranken Tieren es eigentlich nicht so schlecht geht, wie man's manchmal denkt.

    Ich hab mit meinem Freund Florian im Altersheim gearbeitet, und dort haben wir die alten Leute, die Senioren, zu einem Stuhlkreis gebracht, wo wir gesungen haben. "

    Eine der schwierigsten Praktikumsstellen hatte in diesem Jahr die 13jährige Alina.

    " Ich war im Klinikum auf der Kinderkrebsstation, und dann habe ich halt mit den kranken Kindern gespielt, die aufgemuntert. Wenn die Eltern mal Zeit brauchen, weil manche Kinder auch über ein halbes Jahr da waren, dann sind die Eltern auch mal spazieren gegangen, weil sonst, wenn keiner bei den Kindern ist, sind die den ganzen Tag in der Klinik außer abends mal ne halbe Stunde oder so, und da hab ich mit den Kindern was gemacht, damit die Eltern auch mal ein bisschen Freizeit hatten, und das hat mir sehr viel Spaß gemacht, weil man gesehen hat, dass man den Kindern helfen konnte in ihrem tiefen Leid. "

    Alina hatte sich die Aufgabe selber ausgesucht. Dass die Nachmittage auf der Kinderkrebsstation nicht einfach sein würden, war ihr von vornherein klar.

    " Ja, ich hab mir auch lange überlegt, ob ich da hingehen soll, aber ich hab mir nach ner Zeit gedacht, dass ich das versuchen werde, und wenn das zu hart für mich ist, dass ich da auch aussteigen kann, nur - das war sehr hart, weil die kranken Kinder, die haben sehr gelitten darunter. Und es hat mir halt trotzdem sehr viel Spaß gemacht. "

    Aber nicht nur ihr, sondern vor allem auch den kranken Kindern. Und wenn die 13-Jährige ihr Fazit aus dem Verantwortungs-Projekt zieht, dann wird klar, wie stark beide Seiten von den Besuchen der Schülerin in der Klinik profitiert haben.

    " Es hat mir halt sehr viel Spaß gemacht, den Kindern zu zeigen, dass einer für sie da ist und die dann trotzdem gelacht haben. "