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Verbindung zum Erdinneren

Geologie. – Mag auch Hollywood gerade in einem Special-Effects-Reißer eine Rettungsmission ins Innere der Erde geschickt haben - sich zum Erdkern aus glühender Lava vorzuarbeiten, wird wohl ein unerfüllbarer Traum bleiben. Nur an einigen Stellen auf unserem Planeten gibt es Kanäle zwischen dem Erdinneren und der Kruste, der Oberfläche: Vulkane erlauben einen indirekten Blick ins Innere. Von speziellem Interesse sind dabei Lavaseen. Von denen gibt es weltweit nur drei, die permanent aktiv sind. Einer davon, Erta Ale genannt, befindet sich im Norden Äthiopiens. Seit langem wissen die Forscher, daß an diesem Ort ein so genannter Hot Spot vorliegt: eine bedeutende thermische Anomalie, die vom Erdinneren ausgeht. Eine heiße Stelle, die von den Kontinentalplatten am Ausbruch gehindert wird. Ende März nun hat eine französisch-italienische Forschungsmission, unter Leitung des CNRS und des Pariser Instituts für Geophysik, zehn Tage lang Erta Ale studiert.

    Von Suzanne Krause

    Erta Ale bedeutet: rauchender Berg. Und der äthiopische Vulkan mit seinem kraterförmigen Lavasee, auf einer Bergkette inmitten von salzüberkrusteten Ebenen angesiedelt, macht seinem Namen alle Ehre. Der erste Eindruck ist überwältigend, beschreibt Eric Humler, Leiter der wissenschaftlichen Mission:

    Wir sind bei der Ankunft mit dem Helikopter über den Lavasee geflogen und haben ihn von weit oben gesehen. Er stößt eine enorme, dicke Rauchwolke aus, die die ganze Gegend überzieht. Das ist sehr beeindruckend, man befindet sich mitten in der Wüste, es ist heiß, trocken und dann überall diese Rauchschwaden. Diese Gasausstöße haben mich sehr überrascht. Von Zeit zu Zeit gingen wahre Wolken von Schwefel und Chlor auf uns nieder. Nachts beispielsweise, da wurden wir im Camp dann hustend wach. Außerdem macht der Vulkan ganz schön Krach. Und nachts erhellt er die Wolken am Himmel mit einem glühend-roten Schein, ein fantastischer Anblick.

    Im Vulkansee variieren die Temperaturen zwischen 400 und bis zu 1.200 Grad. Erstaunlicherweise strahlt diese Hitze nicht sehr weit ab. Mit unterschiedlichen Untersuchungsprogrammen gingen die Forscher Erta Ale auf den Grund: sie entnahmen Gesteinsproben in nächster Nähe des Vulkans, um die chemische Zusammensetzung dieser seit langem abgekühlten Lavaschichten zu bestimmen. Sie zapften ihm Gasproben ab fürs Labor. Sie zeichneten den Krach der Gasblasen auf, die an der Seeoberfläche zerplatzen, das erlaubt Rückschlüsse über die Tiefe und Größe des Vulkansees. Und sie führten, eine Premiere, geophysikalische Messungen durch. Humler:

    Wir pflanzten Seismometer rund um den Vulkan auf , um die Bodenbewegungen, die kleinen Erdstöße zu messen. Während der 10 Tage unserer Mission dort gelang es uns, um die 20 Erdstöße zu registrieren, zwei davon spürten wir am eigenen Leib. Dank dieser Aufzeichnungen können wir nun im Computer ein dreidimensionales Bild des so genannten Magma-Reservoirs unterhalb des Vulkansees erstellen. Herausfinden, ob es sich um eine kleine oder um eine große Magma-Tasche handelt.

    Die entnommenen Proben werden nun im Labor untersucht. Bestimmt werden soll beispielsweise, ob die chemische Zusammensetzung der Lava sich im Laufe der Zeit veränderte oder nicht. Eine Beobachtung gibt den Forschern noch große Rätsel auf: seit der Vulkansee Anfang letzten Jahrhunderts erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde, ist sein Lavastand um zehn Meter gefallen. Humler:

    Die Gründe dafür sind für uns noch ein Geheimnis. In den zehn Tagen unserer Mission sank der Pegel um einen Meter, das ist ziemlich beachtlich. Ebenso hätte die Lavamasse vehement ansteigen können.

    Ganz leicht erklären kann Missionsleiter Eric Humler hingegen, warum er als Ozeanograph nun in der Wüste gearbeitet hat:

    Erta Ale ist eine Stelle, an der die heißen Ströme aus dem Erdinneren sich einen Durchbruch zur Erdkruste suchen. Der Erdmantel ist dabei, an dieser Stelle auseinander zureißen. Wir erleben also die Anfänge einer Ozeanbildung. Und können studieren, wie aus einem Hot Spot mal ein Ozean entstehen wird, wie das beim Atlantik, dem Pazifik oder dem Indischen Ozean der Fall war. Allerdings dauert der Vorgang mindestens 10 Millionen Jahre. Wir werden also nicht mehr dasein, um überprüfen zu können, ob wir mit unseren entsprechenden Theorien Recht hatten.