Vögel tun es, Bienen tun es, sogar gebildete Flöhe tun es ... dichtete Cole Porter, und jetzt weiß man: auch Oktopusse tun es - ein berühmtes Blatt des großen Katsushika Hokusai von 1814 zeigt einen gewaltigen Oktopus beim Cunnilingus mit einer jungen Perlentaucherin, seine acht Fangarme umschlingen sie, ein kleinerer Oktopus küsst sie auf den Mund und spielt mit ihren Brustwarzen. Ihre Augen sind geschlossen, ihr gekrümmter Rücken und ihr Gesicht signalisieren Extase.
Das ist nichts für uns prüde Gemüter aus dem Westen, wo es seit jeher eine strikte Trennung von 'hoher Kunst' und dem 'Obszönen' gibt. In der japanischen Kunst der Edo-Zeit, von 1600 bis 1850, kennt man diese Unterscheidung nicht. Auch die größten Künstler ihrer Zeit, neben Hokusai etwa der sehr viel ältere Hishikawa Moronobu und Kitagawa Utamaro schufen Shunga-Darstellungen. Die Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit, mit der sie ihr Motiv angehen - die freizügige Darstellung des Geschlechtsakts - hat auch einen philosophischen, ja religiösen Hintergrund: Dem Schöpfungsmythos der Shinto-Religion liegt ein sexueller Akt zugrunde - aus der körperlichen Vereinigung der beiden Gottheiten Izanagi und Izanami gingen die japanischen Inseln hervor.
Die erotischen Szenen wurden nach 1600 zunächst auf Papierrollen gemalt, im Auftrag von reichen Kunden. Größere Verbreitung erreichten sie dann durch die Vervielfältigung von Holzschnitten, Bücher wurden produziert, die man in Bibliotheken ausleihen konnte. Ein Holzschnitt zeigt eine Druckerei, in der vor allem Frauen in Papierstapeln nach der geeigneten Szene suchen - Frauen waren ebenso Konsumenten von erotischer Kunst wie Männer.
Obwohl Shunga 1722 verboten wurde, war die Kunst immer erhältlich, wenn auch ab und zu nur unter dem Ladentisch. Erst nach 1850, als sich das Land dem Westen gegenüber geöffnet hatte, war Shunga tabu. Genau damals begannen, sich westliche Sammler für das Genre zu interessieren. Das Britische Museum erhielt seine ersten Shunga-Blätter 1865 durch eine Schenkung des Industriellen George Witt, die prompt in einer Geheimkammer verschwanden, für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Shunga entwickelte seine ganz eigene Bildsprache. Männliche und weibliche Genitalien sind oft bis ins fast Groteske vergrößert dargestellt, mit gutem Grund, wie ein Künstler schrieb: "Wenn sie in ihrer natürlichen Größe gezeigt würden, gäbe es nichts von Interesse zu sehen." Doch sie sind nie bloßer Blickfang, sondern eher Werkzeug zur Erreichung von sexueller Befriedigung, nicht nur des Mannes, sondern in gleichem Maße der Frau. Voyeurismus ist unbekannt, und die kopulierenden Paare werden nur selten ganz nackt gezeigt. Gerade die geschürzten luxuriösen Kimonos und die oft stark farbige Unterwäsche verleihen den Darstellungen etwas besonders Pikantes. Homosexualität wird auch gezeigt, meist zwischen erwachsenen Männern und Jünglingen, ganz selten zwischen zwei Frauen. Auch Humor spielt eine Rolle: Eine eifersüchtige Frau bewirft ihren mit einer jungen Frau im Bett liegenden Mann mit einem Schneeball, eine andere knufft den ihren in den Rücken.
Höhepunkt der Schau ist der Raum mit Arbeiten der sogenannten Schule 'der fließenden Welt' und deren Blütezeit zwischen 1750 und 1850. Da ist etwa eine Serie von 'Rollen für den Ärmel' von Torij Kiyonaga (um 1785) - querformatige, ganz schmale Blätter, die man zusammengerollt in den Kimono-Ärmel stecken konnte, die Liebespaare sind nur in Ausschnitten zu sehen. Hokusais Blätter besitzen dieselbe Intensität wie seine Landschaften, Hosoda Eishi malte auf seinen vier Blättern "Leidenschaft in den vier Jahreszeiten" um 1800 besonders luxuriöse Stoffe, und von Utamaro, dessen Oeuvre zum Großteil aus Shunga-Szenen besteht, ist seine berühmte Serie "Utamakura" von 1788 zu sehen, das "Gedicht des Kopfkissens", das eine der ganz wenigen Vergewaltigungen des Genres enthält. Die fließenden Linien der Körper und Kleidungsstücke strahlen Sinnlichkeit aus, ganz besonders schön zu sehen auf Blatt zehn, auf dem sich das Paar nach vollendetem Geschlechtsakt in einem Raum des Teehauses ausruht.
Das ist nichts für uns prüde Gemüter aus dem Westen, wo es seit jeher eine strikte Trennung von 'hoher Kunst' und dem 'Obszönen' gibt. In der japanischen Kunst der Edo-Zeit, von 1600 bis 1850, kennt man diese Unterscheidung nicht. Auch die größten Künstler ihrer Zeit, neben Hokusai etwa der sehr viel ältere Hishikawa Moronobu und Kitagawa Utamaro schufen Shunga-Darstellungen. Die Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit, mit der sie ihr Motiv angehen - die freizügige Darstellung des Geschlechtsakts - hat auch einen philosophischen, ja religiösen Hintergrund: Dem Schöpfungsmythos der Shinto-Religion liegt ein sexueller Akt zugrunde - aus der körperlichen Vereinigung der beiden Gottheiten Izanagi und Izanami gingen die japanischen Inseln hervor.
Die erotischen Szenen wurden nach 1600 zunächst auf Papierrollen gemalt, im Auftrag von reichen Kunden. Größere Verbreitung erreichten sie dann durch die Vervielfältigung von Holzschnitten, Bücher wurden produziert, die man in Bibliotheken ausleihen konnte. Ein Holzschnitt zeigt eine Druckerei, in der vor allem Frauen in Papierstapeln nach der geeigneten Szene suchen - Frauen waren ebenso Konsumenten von erotischer Kunst wie Männer.
Obwohl Shunga 1722 verboten wurde, war die Kunst immer erhältlich, wenn auch ab und zu nur unter dem Ladentisch. Erst nach 1850, als sich das Land dem Westen gegenüber geöffnet hatte, war Shunga tabu. Genau damals begannen, sich westliche Sammler für das Genre zu interessieren. Das Britische Museum erhielt seine ersten Shunga-Blätter 1865 durch eine Schenkung des Industriellen George Witt, die prompt in einer Geheimkammer verschwanden, für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Shunga entwickelte seine ganz eigene Bildsprache. Männliche und weibliche Genitalien sind oft bis ins fast Groteske vergrößert dargestellt, mit gutem Grund, wie ein Künstler schrieb: "Wenn sie in ihrer natürlichen Größe gezeigt würden, gäbe es nichts von Interesse zu sehen." Doch sie sind nie bloßer Blickfang, sondern eher Werkzeug zur Erreichung von sexueller Befriedigung, nicht nur des Mannes, sondern in gleichem Maße der Frau. Voyeurismus ist unbekannt, und die kopulierenden Paare werden nur selten ganz nackt gezeigt. Gerade die geschürzten luxuriösen Kimonos und die oft stark farbige Unterwäsche verleihen den Darstellungen etwas besonders Pikantes. Homosexualität wird auch gezeigt, meist zwischen erwachsenen Männern und Jünglingen, ganz selten zwischen zwei Frauen. Auch Humor spielt eine Rolle: Eine eifersüchtige Frau bewirft ihren mit einer jungen Frau im Bett liegenden Mann mit einem Schneeball, eine andere knufft den ihren in den Rücken.
Höhepunkt der Schau ist der Raum mit Arbeiten der sogenannten Schule 'der fließenden Welt' und deren Blütezeit zwischen 1750 und 1850. Da ist etwa eine Serie von 'Rollen für den Ärmel' von Torij Kiyonaga (um 1785) - querformatige, ganz schmale Blätter, die man zusammengerollt in den Kimono-Ärmel stecken konnte, die Liebespaare sind nur in Ausschnitten zu sehen. Hokusais Blätter besitzen dieselbe Intensität wie seine Landschaften, Hosoda Eishi malte auf seinen vier Blättern "Leidenschaft in den vier Jahreszeiten" um 1800 besonders luxuriöse Stoffe, und von Utamaro, dessen Oeuvre zum Großteil aus Shunga-Szenen besteht, ist seine berühmte Serie "Utamakura" von 1788 zu sehen, das "Gedicht des Kopfkissens", das eine der ganz wenigen Vergewaltigungen des Genres enthält. Die fließenden Linien der Körper und Kleidungsstücke strahlen Sinnlichkeit aus, ganz besonders schön zu sehen auf Blatt zehn, auf dem sich das Paar nach vollendetem Geschlechtsakt in einem Raum des Teehauses ausruht.