Archiv


Verdammt scharf und verdammt klein

Technologie.- Sie ist so groß wie eine Amateurkamera und doch für professionelle Fernsehmacher gedacht: Ein am Erlanger Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen entwickeltes Hightech-Gerät filmt in HD-Qualität und überträgt das Signal bis zu 100 Meter weit – kabellos.

Von Wolfgang Noelke |
    Bilder von Sportveranstaltungen legen einen langen Weg zurück, bevor sie im Wohnzimmer der Zuschauer ankommen. Bei Radrennen sitzen die Kameraleute beispielsweise auf dem Soziussitz eines Motorrads. Ein Encoder komprimiert das Signal der Kamera, bevor es ein Sender über eine am Motorrad montierte Rundstrahlantenne zu einem Helikopter schickt. Der sendet es auf einer anderen Frequenz zu den an günstigen Punkten postierten Übertragungswagen, die per Satellit mit den Funkhäusern verbunden sind.

    Die am Erlanger Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltkreise entwickelte Kamera namens "micro2" macht künftig die im Motorrad verbaute Technik überflüssig.

    Thieme: "Dabei handelt es sich um eine HD- Kamera mit einem integrierten DVBT- Sender. Das Besondere an dieser Kamera ist die besonders hohe Bildqualität und die drahtlose Übertragung. Alles kombiniert in einem sehr, sehr kleinen Gehäuse..."

    ...das nur 500 Gramm leicht ist und bequem auf dem Handteller des Entwicklers Wolfgang Thieme Platz findet. Auf der Rückseite befinden sich zwei Antennen. Eine für den Empfänger der Fernsteuerung, mit dem beispielsweise beim Radrennen Helligkeit und Bildausschnitt der Kamera direkt vom Techniker des Übertragungswagens gesteuert werden kann. Die andere Antenne sendet Bild und Ton:

    "Das Besondere an dieser Kamera ist der integrierte Sender, der es also ermöglicht, kabellos HD-Signale zu übertragen über eine Reichweite von etwa 100 Meter. Wir haben hier drei verschiedene Geräte in einem einzigen Gehäuse integriert, die Kamera, den Encoder und den Sender."

    Diese drei Techniken sind nicht nur in einem Gehäuse, sondern auf einer Platine vereint. In der Fachsprache ein typisches "Embedded System", das der Kamera eine größere Robustheit garantiert, als drei einzelne, mit Kabel verbundenen Geräte. Auf der diesjährigen "Embedded World" in Nürnberg wurde die Kamera mit einem ersten Preis ausgezeichnet, dem Hardware- Award. Veranstalter des in diesem Jahr 13. Embedded-World-Kongresses, Alexander Mattusch, spezifiziert die Grenzen zwischen Elektronik und eingebetteten Systemen:

    "Es ist ein System, das für eine spezielle Sache designed wurde. Zum Beispiel in ihrem Auto kennen Sie das ABS-System. Das ist ein embedded System. Das misst einfach, wie schnell dreht sich der Reifen und berechnet blitzschnell, wie stark darf ich diesen Reifen abbremsen, damit er nicht blockiert. Das ist ein typisches Embedded System. Zur Elektronik wird es dann, wenn Sie Ihren Personal Computer nehmen, einen Laptop. Das ist dann nicht mehr ein Embedded System, sondern ein Rechnersystem, das für ganz andere Aufgeben designed ist, für viele verschiedene Aufgaben."

    Der Tribut, so Preisträger Wolfgang Thieme an die, auf kleinstem Raum konzentrierte Technik seien die schwarzen Kühlrippen, die fast ein Drittel des Volumens seiner Kamera beanspruchen:

    "Die ist auch notwendig. Wir haben hier ein sehr kleines Gehäuse, in dem wir natürlich auch Verlustwärme abführen müssen. Das wurde speziell auch bei uns entwickelt, dass wir überhaupt die Möglichkeit haben, diese Verlustwärme abzuführen."

    Trotzdem beansprucht die Kamera nur elf Watt Leistung. Sie überträgt HD je nach Einstellung im amerikanischen NTSC- oder Europäischen PAL- Format direkt auf handelsübliche HD-Empfänger. Zusätzlich zum störungsfreien Bild zeigt Wolfgang Thieme auf dem riesigen Bildschirm noch diverse technische Datenströme, die von der Kamera zum Empfänger gesendet werden.

    "Hier sieht man das Bild, das von der Kamera in Full HD-Auflösung direkt zu unserem Empfänger gesendet wird. Hier ist der Empfänger. Wir können das Bild direkt auf dem Fernseher anschauen. Was wir jetzt hier sehen, ist die Wiedergabe eines Transportstreams. Dieser Transportstream enthält in unserem Falle ein H.264 Videosignal und ein Audiosignal. Des Weiteren sind noch diverse Signale integriert, um diese verschiedenen Programme, die übertragen werden, einfach zu beschreiben. Wir haben eine Übertragungsreichweite von 100 Metern und senden mit ungefähr 100 Milliwatt. Das ermöglicht neue Einsatzbereiche der Kamera."

    Zum Beispiel als drahtlose Tor-Kamera bei Eishockeyspielen, als leichte Bord-Kamera im Wassersport bis hin zu HD-Aufnahmen scheuer Tiere in freier Wildbahn.