Armin Himmelrath: Mehr Freiheit, das haben die Hochschulen jahrelang lauthals gefordert, und vor ein paar Jahren, da haben sie diese Freiheit auch bekommen. Die Rolle der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen, der ZVS, die wurde drastisch eingeschränkt. Seitdem dürfen die Hochschulen bei der Auswahl ihrer Studenten selber Hand anlegen. Und siehe da, viele sind gar nicht so zufrieden, sondern sie jammern über die gestiegene Arbeitsbelastung, die mit diesem Auswahlverfahren verbunden ist. Jetzt soll die ZVS also wieder gestärkt werden, darauf haben sich Bund und Länder im Grundsatz schon mal verständigt. Die bisherige Zentralstelle bekommt dann eine neue Rechtsform als Stiftung, einen neuen Namen, aber im Grunde dieselben Aufgaben wie früher, nämlich die effektive, bundesweite Vermittlung von Studierenden auf Studienplätze. Am Telefon begrüße ich jetzt den Rektor der Universität Wuppertal, Volker Ronge. Guten Tag, Herr Ronge!
Volker Ronge: Guten Tag, Herr Himmelrath!
Himmelrath: Wie sieht es denn bei Ihnen in Wuppertal aktuell mit den Bewerberzahlen aus? Merken Sie, dass die ZVS in ihrer Rolle etwas unwichtiger geworden ist in den letzten Jahren?
Ronge: Bei uns sieht das so wie an allen Hochschulen, dass wir extreme Bewerbungszahlen haben, die dann hinterher nicht realisiert werden, weil man muss ja sehen, dass die ZVS über die Jahre hinweg ohnehin nur auf ganz wenige Fächer beschränkt worden ist. An die Stelle der ZVS ist bei den meisten, jedenfalls nordrhein-westfälischen Hochschulen getreten ein sogenannter Orts-NC, das heißt, mit Genehmigung des Ministeriums gibt es dann eine Beschränkung der Studienplätze. Die Organisation für diese Orts-NCs, die liegt ohnehin normalerweise bei den einzelnen Universitäten.
Himmelrath: Das heißt, die angehenden Studierenden bewerben sich jeweils bei den Universitäten und damit mehrfach, und damit steigt für Sie die Arbeitsbelastung?
Ronge: Selbstverständlich.
Himmelrath: Welche Rolle sollte die ZVS jetzt dann spielen Ihrer Meinung nach, wie kann diese Arbeitsbelastung mit einer solchen Zentralstelle für Sie wieder weniger werden?
Ronge: In Bezug auf die Orts-NCs wird das überhaupt keine Hilfe bringen, es sei denn, man beauftragt auch dafür dann am Ende die neue Stiftungs-ZVS. Für die verbliebenen, ich glaube, sechs Fächer der ZVS geht es ja nur darum, sozusagen bundeseinheitlich die doch relativ zur Nachfrage geringe Zahl von Studienplätzen so zu organisieren, dass nicht an 80 Hochschulen sozusagen bürokratisches Chaos entsteht, sondern dass das in gewisser Weise vereinheitlicht wird. Das ist bereits sozusagen ein bisschen systemwidrig, weil in der Föderalismusreform ja wieder die Länder in die zentrale Rolle gerückt sind und in der Hochschulpolitik die Hochschulen als einzelne Institutionen jetzt im Wettbewerb gegeneinander stehen und deshalb auch im Prinzip zu Recht, wenn man sich auf den Grundsatz einlässt, ein bisschen bei der Auswahl mitsprechen wollen.
Himmelrath: Aber dann ist es ja tatsächlich widersinnig, eine bundesweite Zentralstelle, sei es als Stiftung, sei es als Servicestelle, einzurichten?
Ronge: Nein, das sind zwei unterschiedliche Rationalitäten. Auf der einen Seite gibt es natürlich von der Verfassung her ein gewisses Recht, über die Bundesrepublik hinweg, das ist der alte Grundsatz der einheitlichen Lebensverhältnisse und deshalb der einheitlichen, gleichen Chancen bundesweit. Auch ein Bayer hat im Prinzip das Recht, auf eine schleswig-holsteinische Hochschule zu kommen unter diesem Gesichtspunkt. Auf der anderen Seite spricht dagegen - ich bin eigentlich gegen diesen neuen Wettbewerb, aber nachdem es ihn gibt, stehen die Hochschulen im Wettbewerb zueinander, und das bedeutet auch ein bisschen Mitsprache bei der Auswahl der eigenen Studenten.
Himmelrath: Jetzt fordert u.a. die SPD-Politikerin Ulla Burchardt, das ist die Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses, dass die Hochschulen verpflichtet werden, sich an diesem neuen Auswahlverfahren der ZVS zu beteiligen. Das kann Ihnen doch eigentlich nicht so richtig in den Kram passen, oder?
Ronge: Doch, das muss so sein aus Funktionsgründen, denn wenn nur ein Teil der Hochschulen dieses Vereinheitlichungs- und Organisationsspiel mitmacht, dann bleiben ja immer noch die übrigen, die dann sich nicht beteiligen, und dann wird es weiterhin eine unkontrollierte Anzahl von Vielfachbewerbungen geben. Die kann man nur ausschließen, wenn man ein geschlossenes System macht.
Himmelrath: Haben Sie den Eindruck, dass mit dem Vorschlag von Frau Schavan, der Bundesbildungsministerin, jetzt diese neue ZVS mit 15 Millionen Euro zu fördern, die Finanzprobleme gelöst sind?
Ronge: Nein, da werden überhaupt keine Probleme gelöst. Es ist nur so, die Leistungen der ZVS werden in Zukunft von den Hochschulen durch Gebühren finanziert werden, je nach Fallzahl. Und jetzt wird es am Anfang so sein, dass der Bund ein bisschen diese Gebührenzahlungen aus dem Spiel nimmt, indem er selber eintritt. Das ist nichts anderes als ein Lockangebot für die Hochschulen, sich in dieses, wie gesagt, aus Funktionsgründen notwendige Kollektivspiel einzubringen. Später werden sie immer dafür zahlen müssen.
Himmelrath: Volker Ronge war das, der Rektor der Universität Wuppertal zu den neuen Plänen für eine Stiftungs-ZVS. Herzlichen Dank, Herr Ronge!
Ronge: Bitte sehr.
Volker Ronge: Guten Tag, Herr Himmelrath!
Himmelrath: Wie sieht es denn bei Ihnen in Wuppertal aktuell mit den Bewerberzahlen aus? Merken Sie, dass die ZVS in ihrer Rolle etwas unwichtiger geworden ist in den letzten Jahren?
Ronge: Bei uns sieht das so wie an allen Hochschulen, dass wir extreme Bewerbungszahlen haben, die dann hinterher nicht realisiert werden, weil man muss ja sehen, dass die ZVS über die Jahre hinweg ohnehin nur auf ganz wenige Fächer beschränkt worden ist. An die Stelle der ZVS ist bei den meisten, jedenfalls nordrhein-westfälischen Hochschulen getreten ein sogenannter Orts-NC, das heißt, mit Genehmigung des Ministeriums gibt es dann eine Beschränkung der Studienplätze. Die Organisation für diese Orts-NCs, die liegt ohnehin normalerweise bei den einzelnen Universitäten.
Himmelrath: Das heißt, die angehenden Studierenden bewerben sich jeweils bei den Universitäten und damit mehrfach, und damit steigt für Sie die Arbeitsbelastung?
Ronge: Selbstverständlich.
Himmelrath: Welche Rolle sollte die ZVS jetzt dann spielen Ihrer Meinung nach, wie kann diese Arbeitsbelastung mit einer solchen Zentralstelle für Sie wieder weniger werden?
Ronge: In Bezug auf die Orts-NCs wird das überhaupt keine Hilfe bringen, es sei denn, man beauftragt auch dafür dann am Ende die neue Stiftungs-ZVS. Für die verbliebenen, ich glaube, sechs Fächer der ZVS geht es ja nur darum, sozusagen bundeseinheitlich die doch relativ zur Nachfrage geringe Zahl von Studienplätzen so zu organisieren, dass nicht an 80 Hochschulen sozusagen bürokratisches Chaos entsteht, sondern dass das in gewisser Weise vereinheitlicht wird. Das ist bereits sozusagen ein bisschen systemwidrig, weil in der Föderalismusreform ja wieder die Länder in die zentrale Rolle gerückt sind und in der Hochschulpolitik die Hochschulen als einzelne Institutionen jetzt im Wettbewerb gegeneinander stehen und deshalb auch im Prinzip zu Recht, wenn man sich auf den Grundsatz einlässt, ein bisschen bei der Auswahl mitsprechen wollen.
Himmelrath: Aber dann ist es ja tatsächlich widersinnig, eine bundesweite Zentralstelle, sei es als Stiftung, sei es als Servicestelle, einzurichten?
Ronge: Nein, das sind zwei unterschiedliche Rationalitäten. Auf der einen Seite gibt es natürlich von der Verfassung her ein gewisses Recht, über die Bundesrepublik hinweg, das ist der alte Grundsatz der einheitlichen Lebensverhältnisse und deshalb der einheitlichen, gleichen Chancen bundesweit. Auch ein Bayer hat im Prinzip das Recht, auf eine schleswig-holsteinische Hochschule zu kommen unter diesem Gesichtspunkt. Auf der anderen Seite spricht dagegen - ich bin eigentlich gegen diesen neuen Wettbewerb, aber nachdem es ihn gibt, stehen die Hochschulen im Wettbewerb zueinander, und das bedeutet auch ein bisschen Mitsprache bei der Auswahl der eigenen Studenten.
Himmelrath: Jetzt fordert u.a. die SPD-Politikerin Ulla Burchardt, das ist die Vorsitzende des Bundestagsbildungsausschusses, dass die Hochschulen verpflichtet werden, sich an diesem neuen Auswahlverfahren der ZVS zu beteiligen. Das kann Ihnen doch eigentlich nicht so richtig in den Kram passen, oder?
Ronge: Doch, das muss so sein aus Funktionsgründen, denn wenn nur ein Teil der Hochschulen dieses Vereinheitlichungs- und Organisationsspiel mitmacht, dann bleiben ja immer noch die übrigen, die dann sich nicht beteiligen, und dann wird es weiterhin eine unkontrollierte Anzahl von Vielfachbewerbungen geben. Die kann man nur ausschließen, wenn man ein geschlossenes System macht.
Himmelrath: Haben Sie den Eindruck, dass mit dem Vorschlag von Frau Schavan, der Bundesbildungsministerin, jetzt diese neue ZVS mit 15 Millionen Euro zu fördern, die Finanzprobleme gelöst sind?
Ronge: Nein, da werden überhaupt keine Probleme gelöst. Es ist nur so, die Leistungen der ZVS werden in Zukunft von den Hochschulen durch Gebühren finanziert werden, je nach Fallzahl. Und jetzt wird es am Anfang so sein, dass der Bund ein bisschen diese Gebührenzahlungen aus dem Spiel nimmt, indem er selber eintritt. Das ist nichts anderes als ein Lockangebot für die Hochschulen, sich in dieses, wie gesagt, aus Funktionsgründen notwendige Kollektivspiel einzubringen. Später werden sie immer dafür zahlen müssen.
Himmelrath: Volker Ronge war das, der Rektor der Universität Wuppertal zu den neuen Plänen für eine Stiftungs-ZVS. Herzlichen Dank, Herr Ronge!
Ronge: Bitte sehr.