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Vergärungsanlage für Kompost erzeugt Bio-Energie

Biomüll kann als Kompost im Garten oder in der Landwirtschaft gute Dienste leisten - doch deren Potenzial ist noch größer. Vergären statt Kompostieren ist das Stichwort, mit dieser Technik kann man zusätzlich zum Dünger noch Energie gewinnen. Derzeit wird das nur in wenigen Anlagen in Deutschland gemacht.

Von Anna Florenske |
    In Gescher im Kreis Borken liegt sie, zwischen Feldern, Wäldchen und Wiesen: die Vergärungsanlage für organische Abfälle. Die Entsorgungsgesellschaft Westmünsterland betreibt sie seit wenigen Jahren, zusätzlich zum altgedienten Kompostwerk. Die Vergärungsanlage ist aber nicht nur eine weitere Möglichkeit, den Biomüll zu verwerten – sie liefert auch noch Energie. Und darauf ist man hier in Gescher stolz, erzählt Geschäftsführer Hindrik Stegemann:

    "Wir gewinnen Energie aus Abfall hier am Standort in der Vergärungsanlage. Und dort werden Klärschlämme verarbeitet, eben aus den kommunalen Kläranlagen, Speiseabfälle aus Großküchen, und auch ein Teil der Bioabfälle wird dort auch mit verarbeitet."

    Und wie das funktioniert, erklärt der technische Leiter der Anlage:

    "Mein Name ist Hubert Reismann und wir sind hier gerade im Bereich der Vergärungsanlage."

    Das Herzstück der Anlage – das sind vier riesige Becken mit halbrunden Kunststoffabdeckungen:

    "Vor uns, da mit der Kuppel, das sind die so genannten Fermenter. In den Fermentern ist die biologische Masse, die auf größer 50 Grad temperiert ist. Sie wird deutlich mit Rührwerken umgewälzt und durch den biologischen Prozess entsteht dann das Biogas, welches über Rohrleitungen aufgefangen und weiter geleitet wird."

    Es sind Mikroorganismen, die den Hauptteil der Arbeit leisten – die Vergärung: Unter Luftabschluss zersetzen sie die Biomasse und dabei entsteht das Biogas. Das besteht größtenteils aus Methan und noch aus Stickstoff, Kohlendioxid, Sauerstoff und Schwefelwasserstoff. Methan - das ist doch ein Gas, das die Klimaerwärmung noch mehr beschleunigt als Kohlendioxid! Aber keine Sorge, im Gegenteil, für die Stromerzeugung ist ein hoher Methangehalt sogar erwünscht versichert Hubert Reismann:

    "Wenn der Klärschlamm zum Beispiel anderweitig verwertet würde oder andere Biostoffe, die dann durch die Lagerung Methangas erzeugen, dann würde ja dieses Methangas unkontrolliert in die Atmosphäre gehen. Und eben wegen dieser Klimaschädlichkeit des Methangases sind hier auch alle Behälter abgedeckt, um auch sicher zu stellen, dass das Methangas dort auch verwandt wird wo es hin soll – nämlich als Brennstoff in den Blockheizkraftwerken."


    Das Blockheizkraftwerk hier ist ganz beschaulich: in einem zitronengelben Metallcontainer ackert ein Gasmotor Tag und Nacht:

    "Hier wird das erzeugte Biogas verbrannt, sozusagen als Treibstoff genutzt und im Ergebnis bekommen wir dann elektrischen Strom, der dann ins öffentliche Netz eingespeist wird."

    Der Gasmotor verbrennt das Biogas vollständig und erzeugt dabei 500 Kilowattstunden Strom in der Stunde. Im Jahr reicht das immerhin für 1000 Haushalte. Wird das Biogas nach der Vergärung noch gereinigt, kann der Methangehalt auf fast 100 Prozent gebracht werden. Dieses aufbereitete Biogas kann sogar ins Netz eingespeist werden und Erdgas ersetzen. Das Urteil von Umweltexperten ist einhellig: Vergärungsanlagen sind aus ökologischer Sicht die beste Art, Energie aus Abfall zu gewinnen. Claudia Baitinger vom Bund für Umwelt- und Naturschutz:

    "Und das ist, was wir propagieren und als zukunftsfähig ansehen."

    Den Biomüll zu Vergären ist sogar besser als ihn zu kompostieren, meint Günter Dehoust vom Ökoinstitut in Freiburg:

    "Der Riesenvorteil bei einer Vergärungsanlage ist, dass man sowohl die Energie nutzen kann als auch noch diesen Gärrest als Kompost später dann in der stofflichen Nutzung in der Landwirtschaft oder ähnlichen Anwendungen nutzen kann. Das ersetzt Düngemittel, Torf und ähnliche Bodenhilfsmittel in der Landwirtschaft und ist deswegen dann besonders wertvoll."

    Auch das Umweltbundesamt sieht hier ein großes Potenzial: Würden alle biogenen Abfälle zu Biogas vergärt, könnte man bis zu eineinhalb Millionen Tonnen des Klimagases Kohlendioxid einsparen - wenn die entstehende Energie fossile Brennstoffe ersetzt. Schöne Visionen: Nur dafür müsste der Biomüll erstmal flächendeckend eingesammelt werden in Deutschland. Ein großer Teil kommt immer noch in die Restmülltonnen statt in die braunen Biotonnen. Und auch von ihnen wird nur jede zehnte Tonne bislang vergärt. Der Rest landet in Kompostierungsanlagen.