"Fenster zum Himmel" werden die Ikonen der Ostkirche genannt. Und weil die Beziehung zu den himmlischen Mächten so eng war, wäre es töricht gewesen, sie nicht nach Kräften zu nutzen. Auf den monumentalen Werken der Ikonenmaler in den Nowgoroder Kirchen segnet der Weltenherrscher Christus die Gläubigen nicht wie üblich mit zwei gesteckten Fingern, sondern mit einer geballten Faust. Die dazu passende Legende wird seit dem 12. Jahrhundert überliefert. Die Stimme des Erlösers befahl den frommen Meistern, seine rechte Hand stets geschlossen zu malen, weil er darin das heilige Nowgorod halte. Erst wenn sie sich öffne, werde das Ende der Stadt kommen.
Das Versprechen hat gewirkt. Wie durch ein Wunder blieb die prächtige und mächtige Handelsmetropole nahe dem Ilmensee vom Ansturm der Mongolen verschont. Die freiheitsliebende Bürgerschaft überlebte die Verwüstungen Iwans des Schrecklichen, nur im Zweiten Weltkrieg wäre die von den Kuppeln ihrer Kathedralen und Klöster gekrönte Stadt beinahe dem Erdboden gleich gemacht worden. Nomen est omen: Nowgorod heißt auf deutsch "Neue Stadt". Nach der geduldigen Restaurierung der sakralen Bauwerke konnte sie sich trotz unwiederbringlich verlorener Wandmalereien wie Phönix aus der Asche erheben.
Aus der wechselvollen Geschichte hat das Hamburger Bucerius Kunst Forum das "Goldene Zeitalter" für eine opulente Schau der Ikonen, Goldschmiedearbeiten, Textilien, Bronzen und Alltagsobjekte gewählt. Vergoldet, auch vom politischen Schicksal, war die mehrhundertjährige Epoche von der Christianisierung bis zur Eroberung durch das eifersüchtige Moskau. Golden glänzen vor allem die achtzig Heiligenbilder, die zusammen mit einer vollständigen Ikonostase im Mittelpunkt der Ausstellung stehen - aber das nicht in der materiellen Bedeutung, sondern in Sinn eines optimistischen Lebensgefühls.
Der Rundgang entlang der farbensprühenden Bildtafeln lässt rasch erkennen, dass die landläufige Einschätzung der Ikonen als starre, wie am Fließband erzeugte Kopistenarbeiten auf vordergründigem Missverstehen beruht. Die Kultur des orthodoxen Ostens war höchst lebendig und kannte das finstere Mittelalter nicht. Angstbesetzte Themen wie drohende Höllenqualen, grausame Martyrien, auch Passion und Kreuzigung kommen auf den Darstellungen der Ikonenmaler so gut wie gar nicht vor. Stattdessen triumphieren siegreiche Heilige über das Böse, wachen kostbar gewandete Bischöfe über das Wohl der jungen Kirche, regiert der Gottessohn in makellos herrschericher Gestalt das blühende Erdenrund.
Die Nowgoroder Kaufleute hatten allen Grund, ihre Religion als Quell der Freude zu feiern. Sie siedelten am Ost-West-Kreuz wichtiger Handelswege, ihre Geschäftskontakte reichten von den deutschen Hansestädten bis nach Byzanz, von den Wikingern bis zu den Griechen. Das florierende Handelszentrum war das Venedig des Ostens, ein vom lokalen Adel geführter Stadtstaat wie die Lagunenstadt. Der auf Zeit an der Spitze stehende Fürst war gleichsam ein Beamter der Bojarenrepublik, die Erzbischöfe gingen aus freien Wahlen hervor. Nahezu alle Bewohner konnten lesen und schreiben und trugen Schuhe aus Leder. 1420 wurden aus dem reichlich vorhandenen Silber die ersten Rubel geprägt, doch knapp sechzig Jahre später war es nach dem Einmarsch des Moskauer Großfürstentums mit der Unabhängigkeit aus und vorbei.
Bis dahin bewiesen auch die lokalen Ikonenmeister ihre Eigenständigkeit. Feuriges Zinnoberrot, Smaragdgrün und blütenreines Weiß, großflächig aufgetragen, waren ihre Lieblingsfarben. So hat der strahlende Held Sankt Georg leichtes Spiel mit dem Drachen, verbreiten die energisch blickenden Schutzpatrone und wundertätigen Madonnen Festtagsstimmung, ganz nach dem Geschmack der sinnenfrohen, weltoffenen Bürger, die mit der vergeistigten Kunst der Byzantiner nicht viel anfangen konnten.
Die erste Ausstellung ihrer Art lädt ein zum einem Besuch der malerisch gelegenen Stadt am Ufer des Wolchow, die wertvollsten Leihgaben stammen aus dem Russischen Museum im nahe gelegenen Sankt Petersburg.
Das Versprechen hat gewirkt. Wie durch ein Wunder blieb die prächtige und mächtige Handelsmetropole nahe dem Ilmensee vom Ansturm der Mongolen verschont. Die freiheitsliebende Bürgerschaft überlebte die Verwüstungen Iwans des Schrecklichen, nur im Zweiten Weltkrieg wäre die von den Kuppeln ihrer Kathedralen und Klöster gekrönte Stadt beinahe dem Erdboden gleich gemacht worden. Nomen est omen: Nowgorod heißt auf deutsch "Neue Stadt". Nach der geduldigen Restaurierung der sakralen Bauwerke konnte sie sich trotz unwiederbringlich verlorener Wandmalereien wie Phönix aus der Asche erheben.
Aus der wechselvollen Geschichte hat das Hamburger Bucerius Kunst Forum das "Goldene Zeitalter" für eine opulente Schau der Ikonen, Goldschmiedearbeiten, Textilien, Bronzen und Alltagsobjekte gewählt. Vergoldet, auch vom politischen Schicksal, war die mehrhundertjährige Epoche von der Christianisierung bis zur Eroberung durch das eifersüchtige Moskau. Golden glänzen vor allem die achtzig Heiligenbilder, die zusammen mit einer vollständigen Ikonostase im Mittelpunkt der Ausstellung stehen - aber das nicht in der materiellen Bedeutung, sondern in Sinn eines optimistischen Lebensgefühls.
Der Rundgang entlang der farbensprühenden Bildtafeln lässt rasch erkennen, dass die landläufige Einschätzung der Ikonen als starre, wie am Fließband erzeugte Kopistenarbeiten auf vordergründigem Missverstehen beruht. Die Kultur des orthodoxen Ostens war höchst lebendig und kannte das finstere Mittelalter nicht. Angstbesetzte Themen wie drohende Höllenqualen, grausame Martyrien, auch Passion und Kreuzigung kommen auf den Darstellungen der Ikonenmaler so gut wie gar nicht vor. Stattdessen triumphieren siegreiche Heilige über das Böse, wachen kostbar gewandete Bischöfe über das Wohl der jungen Kirche, regiert der Gottessohn in makellos herrschericher Gestalt das blühende Erdenrund.
Die Nowgoroder Kaufleute hatten allen Grund, ihre Religion als Quell der Freude zu feiern. Sie siedelten am Ost-West-Kreuz wichtiger Handelswege, ihre Geschäftskontakte reichten von den deutschen Hansestädten bis nach Byzanz, von den Wikingern bis zu den Griechen. Das florierende Handelszentrum war das Venedig des Ostens, ein vom lokalen Adel geführter Stadtstaat wie die Lagunenstadt. Der auf Zeit an der Spitze stehende Fürst war gleichsam ein Beamter der Bojarenrepublik, die Erzbischöfe gingen aus freien Wahlen hervor. Nahezu alle Bewohner konnten lesen und schreiben und trugen Schuhe aus Leder. 1420 wurden aus dem reichlich vorhandenen Silber die ersten Rubel geprägt, doch knapp sechzig Jahre später war es nach dem Einmarsch des Moskauer Großfürstentums mit der Unabhängigkeit aus und vorbei.
Bis dahin bewiesen auch die lokalen Ikonenmeister ihre Eigenständigkeit. Feuriges Zinnoberrot, Smaragdgrün und blütenreines Weiß, großflächig aufgetragen, waren ihre Lieblingsfarben. So hat der strahlende Held Sankt Georg leichtes Spiel mit dem Drachen, verbreiten die energisch blickenden Schutzpatrone und wundertätigen Madonnen Festtagsstimmung, ganz nach dem Geschmack der sinnenfrohen, weltoffenen Bürger, die mit der vergeistigten Kunst der Byzantiner nicht viel anfangen konnten.
Die erste Ausstellung ihrer Art lädt ein zum einem Besuch der malerisch gelegenen Stadt am Ufer des Wolchow, die wertvollsten Leihgaben stammen aus dem Russischen Museum im nahe gelegenen Sankt Petersburg.