Eine junge Frau setzt sich Kopfhörer auf und lauscht. Ihr schwarz-weißes Filmportrait flimmert über eine Leinwand auf der kleinen Bühne im Düsseldorfer Schauspielhaus. Der russische Regisseur Dziga Vertov lässt seinen ersten Tonfilm 1930 mit Bildern beginnen, die das Verhältnis von Ton und Bild thematisieren.
Was genau hört die Frau über ihre Kopfhörer? Hört sie, wie das Radio die Musik zu dem Film ankündigt, in dem sie gerade spielt? Hört sie einen Kuckuck, der sich immer wieder meldet? Die lauten Kirchenglocken, den Gesang vieler gläubiger Menschen oder die Betrunkenen, die Vertov im Wechsel gegeneinander schneidet?
Die Kamera schwankt hier so sehr mit den Bewegungen von Menschen, die sich vor einem Kreuz verneigen, und dem Schwingen von Kirchenglocken, dass einem beim Zusehen übel werden kann. Der erste Teil von Vertovs Film könnte heißen: "Opium fürs Volk".
Auf der Düsseldorfer Bühne hört man von all dem nichts. Unten im Halbdunkel sitzen drei Musiker der Gruppe Kammerflimmer Kollektief und vertonen den Film neu und live mit ihren Instrumenten, darunter ein indisches Harmonium, ein präparierter Kontrabass mit einer zusätzlichen Saite, die vor allem Geräusch erzeugt, kleine Metallinstrumente in einem Stoffsäckchen, eine präparierte Gitarre für Dauertöne.
Zu Beginn des Films spielen auch sie einen Kuckuck ein und immer wieder kurzes Radiorauschen. Aber hier entsteht eine tranceartige Distanz, kein wüster Rausch. Die Klänge legen sich übereinander – was zu Vertovs Überblendungen passt, auch zu seinen kaleidoskopartigen Bildexperimenten.
Wenn Vertov mit kleinen Modellfahrzeugen "zum Sozialismus" will, geht die Bühnenmusik leichtfüßig mit. Im Film geraten die Arbeiter aber in Planrückstand und müssen ganz schnell viel Kohle fördern und Metall gießen. Mit "Entuziazm", so der Titel des Films, stellen sie sich der Herausforderung.
In Düsseldorf geht es an dem Abend nun darum, die Energie aufzugreifen, aber auch den zeitlichen, ideologischen und künstlerischen Abstand mitzudenken. Dinge im Kollektiv zu gestalten, jedem aber seine Souveränität zu lassen. Die Musik orientiert sich dabei (wie Vertov auch) an Originalsounds, an Collage und Montage.
"Man könnte so eine ganz lange Linie ziehen von Vertov zur Industrial Music oder sowas, das sind ja so frühe Vorformen der Industrial Music eigentlich, die Vertov gemacht hat, und das ist natürlich auch eine Traditionslinie von uns."
Für Thomas Weber, den Gründer von Kammerflimmer Kollektief, besteht der Film grob aus vier Teilen: Kirche, Kohlemine, Gießerei, Ernte auf dem Land.
"Da haben wir uns verschiedene Module gebaut, die wir da irgendwo einsetzen konnten, hier eher rhythmisch orientiert in dem Mittleren, die Arbeit auf dem Land eher so pastoral angelegt, ganz klassisch, und insgesamt ist die Bewegung von Moll bis zum Schluss nach Dur."
"Ausruhmantra" heißt dieser manchmal ein bisschen kitschige Abschluss, aber man sieht dazu unter anderem auch - eine marschierende Blaskapelle. An einer markanten Stelle heben drei Männer zusammen einen gewaltigen Hammer immer wieder in die Höhe. Vertov ersetzt das Geräusch des niederfahrenden Schlages hämmernd durch Worte wie "Heldentum". Und bei Kammerflimmer Kollektief? Klingt die Stelle etwa so.
Was genau hört die Frau über ihre Kopfhörer? Hört sie, wie das Radio die Musik zu dem Film ankündigt, in dem sie gerade spielt? Hört sie einen Kuckuck, der sich immer wieder meldet? Die lauten Kirchenglocken, den Gesang vieler gläubiger Menschen oder die Betrunkenen, die Vertov im Wechsel gegeneinander schneidet?
Die Kamera schwankt hier so sehr mit den Bewegungen von Menschen, die sich vor einem Kreuz verneigen, und dem Schwingen von Kirchenglocken, dass einem beim Zusehen übel werden kann. Der erste Teil von Vertovs Film könnte heißen: "Opium fürs Volk".
Auf der Düsseldorfer Bühne hört man von all dem nichts. Unten im Halbdunkel sitzen drei Musiker der Gruppe Kammerflimmer Kollektief und vertonen den Film neu und live mit ihren Instrumenten, darunter ein indisches Harmonium, ein präparierter Kontrabass mit einer zusätzlichen Saite, die vor allem Geräusch erzeugt, kleine Metallinstrumente in einem Stoffsäckchen, eine präparierte Gitarre für Dauertöne.
Zu Beginn des Films spielen auch sie einen Kuckuck ein und immer wieder kurzes Radiorauschen. Aber hier entsteht eine tranceartige Distanz, kein wüster Rausch. Die Klänge legen sich übereinander – was zu Vertovs Überblendungen passt, auch zu seinen kaleidoskopartigen Bildexperimenten.
Wenn Vertov mit kleinen Modellfahrzeugen "zum Sozialismus" will, geht die Bühnenmusik leichtfüßig mit. Im Film geraten die Arbeiter aber in Planrückstand und müssen ganz schnell viel Kohle fördern und Metall gießen. Mit "Entuziazm", so der Titel des Films, stellen sie sich der Herausforderung.
In Düsseldorf geht es an dem Abend nun darum, die Energie aufzugreifen, aber auch den zeitlichen, ideologischen und künstlerischen Abstand mitzudenken. Dinge im Kollektiv zu gestalten, jedem aber seine Souveränität zu lassen. Die Musik orientiert sich dabei (wie Vertov auch) an Originalsounds, an Collage und Montage.
"Man könnte so eine ganz lange Linie ziehen von Vertov zur Industrial Music oder sowas, das sind ja so frühe Vorformen der Industrial Music eigentlich, die Vertov gemacht hat, und das ist natürlich auch eine Traditionslinie von uns."
Für Thomas Weber, den Gründer von Kammerflimmer Kollektief, besteht der Film grob aus vier Teilen: Kirche, Kohlemine, Gießerei, Ernte auf dem Land.
"Da haben wir uns verschiedene Module gebaut, die wir da irgendwo einsetzen konnten, hier eher rhythmisch orientiert in dem Mittleren, die Arbeit auf dem Land eher so pastoral angelegt, ganz klassisch, und insgesamt ist die Bewegung von Moll bis zum Schluss nach Dur."
"Ausruhmantra" heißt dieser manchmal ein bisschen kitschige Abschluss, aber man sieht dazu unter anderem auch - eine marschierende Blaskapelle. An einer markanten Stelle heben drei Männer zusammen einen gewaltigen Hammer immer wieder in die Höhe. Vertov ersetzt das Geräusch des niederfahrenden Schlages hämmernd durch Worte wie "Heldentum". Und bei Kammerflimmer Kollektief? Klingt die Stelle etwa so.