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Verhagelte Kommunikation bei Microsoft

Überlebenswichtig sind Instant-Message-Angebote wie der Messenger-Dienst von Microsoft wohl für die wenigsten Anwender, werden sie doch zumeist genutzt, um in der Freizeit mit Gleichgesinnten Online-Kontakte zu pflegen. Doch damit war es nichts in der vergangenen Woche, denn der Messenger-Dienst des Microsoft Network war außer Gefecht gesetzt. Angesichts des hobbyistischen Charakters des Dienstes mutet der Ausfall wenig tragisch an, doch Szene-Kenner witterten große Probleme hinter dem unscheinbaren Ausfall.

Heinz Schmitz |
    Auch Server und Dienste sind vor großen und kleinen Unglücken nicht gefeit – Tritt ein Defekt in Hard- oder Software auf, so fällt ein Onlineangebot eben für eine Weile aus. Solange davon nicht unbedingt vitale Interessen betroffen sind, hält sich die Katastrophe in Grenzen, könnte man meinen. So auch beim Ausfall des Messenger-Dienstes von Microsoft Network in der vergangenen Woche. Fachleuten allerdings bereitet die Auszeit beim Online-Angebot des Softwaregiganten weit mehr Sorgen als nur eine zeitweise Nichtverfügbarkeit eines Kurznachrichten-Dienstes: Die Experten befürchten, dass sich dahinter gravierende technische Probleme verbergen, die ihre Schatten auf die Umsetzung der umfangreichen Internetoffensive von Microsoft unter dem Namen ".NET" werfen.

    Im Rahmen von ".NET" möchte das Redmonder Unternehmen einen grundlegenden Wandel in seiner Vertriebspolitik vollziehen: So sollen Betriebssysteme und Anwendungsprogramme nicht mehr in Geschäften erworben, sondern vor allem über das Internet nach Bedarf bezogen und nach Nutzungszeit abgerechnet – also gemietet – werden. Dies setzt jedoch die uneingeschränkte Stabilität der Infrastruktur sowie des ".NET"-Dienstes voraus. Der vergleichsweise schlichte Ausfall des Messenger-Dienstes belege jetzt aber, so meinen Insider, dass die von Microsoft unterhaltenen Netzstrukturen keineswegs die erforderliche Ausfallsicherheit böten.

    Die zurückhaltende Position von Microsoft über die Ursachen des Messenger-Ausfalls trage überdies kaum dazu bei, das Vertrauen in solche Produkte zu fördern. So soll nach offizieller Version ein defekter Controller den Zugang zum Netzwerk unterbrochen haben, lautete die lapidare Auskunft. Allein diese Erklärung lasse darauf hin schließen, dass das Microsoft Network geradezu löchrig angelegt sei, denn für derartige Ausfälle sollten üblicherweise Reservesysteme zur Verfügung stehen, die einen fortwährenden Betrieb sowie die Datenkonsistenz gewährleisten. Insgesamt mehre der Zwischenfall die Zweifel, ob Microsofts Onlineangebote überhaupt tauglich seien, um darüber firmenkritische Anwendungen zu betreiben. Um den Vertrauensverlust in die eigenen Online-Produkte in Grenzen zu halten, versicherten Microsoft-Vertreter, man werde die Systemstabilität genauestens prüfen, bevor die ".NET"-Initiative weiter vorangetrieben werde.