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Verhandlungen über freiwilligen Schuldenerlass für Griechenland

Die Zeit läuft ab: Die Verhandlungen über einen Schuldenschnitt für Griechenland müssen in den nächsten Tag zu Ende gebracht werden. Immer neue Vorschläge, immer neue Forderungen kursieren. Eventuell müssen auch die EZB und die Eurostaaten Abschläge in Kauf nehmen.

Von Felix Lincke | 27.01.2012
    In Athen werden die Verhandlungen der Regierung mit dem Internationalen Bankenverband heute Nachmittag unter Hochdruck weiter gehen. Die Zeit ist knapp, um beim Thema "Schuldenschnitt" einen Kompromiss zu finden, damit der griechische Ministerpräsident Lucas Papademos beim nächsten Gipfeltreffen mit seinen EU-Kollegen am Montag in Brüssel nicht mit leeren Händen kommt.

    Beide Seiten können sich nicht auf die Höhe der Zinsen einigen, die Athen für neue Staatsanleihen bezahlen soll. Der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker hat die Euro-Staaten deshalb aufgefordert, ähnlich wie die Banken auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten. Nur so hält Juncker das Ziel für erreichbar, das der Internationale Währungsfonds vorgegeben hat. Griechenland soll seine extreme Staatsverschuldung bis zum Jahr 2020 auf ein tragfähiges Niveau zurückführen von dann 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Mehr Geld für Griechenland, diese Forderung vertrat auch Martin Schulz, der Präsident des Europaparlaments, heute im ZDF-Morgenmagazin:

    "Der Euro und die Eurozone ist längst nicht mehr nur eine Währungsunion, wir sind auch eine Schicksalsgemeinschaft. Entweder wir gewinnen alle, oder wir verlieren alle. Wenn das griechische Bankensystem zusammenbricht, das wissen wir alle, sind die Bankensysteme Frankreichs und Deutschlands automatisch mit betroffen. Der Domino-Effekt, der daraus entstünde, der wird unter umständen für uns deutlich teurer als alle anderen Szenarien. In einer Währungsunion sind wir schon auch in einer Schicksalsgemeinschaft und, man muss es so sagen, auch in einer Haftungsgemeinschaft."

    Die Europäische Zentralbank könnte zum Beispiel ähnlich wie das von den privaten Banken gefordert wird, bei den griechischen Staatsanleihen, die sie gekauft hat, ebenfalls eine Abschlag von 50 Prozent auf den Nennwert akzeptieren. Dazu ist die Notenbank aber nicht bereit. Bei der Bundesregierung hält man nichts davon, das erste Griechenlandpaket dahingehend auszuweiten, dass nun auch die öffentlichen Gläubiger beteiligt werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht hier zahlreiche Voraussetzungen nicht erfüllt. Es könne kein zweites Hilfspaket geben, bevor die griechische Regierung nicht die Zusagen für das erste Paket erfüllt hat, sagte Schäuble der Stuttgarter Zeitung. Im Deutschlandfunk wies Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler in diesem Zusammenhang auch die Forderung nach einer weiteren Aufstockung des Euro-Rettungsschirms zurück:

    "Wir sagen, Europa hat seinen Preis, aber darüber hinaus auch seinen Wert, Das heißt aber nicht, dass man beliebig bereit ist Gelder zu zahlen. Erst einmal sollte man sich darauf konzentrieren, das, was man beim letzten Mal beschlossen hat, umzusetzen. Dann muss man sehen, ob es wirkt. Das wird die Troika tun: vor Ort entscheiden, was ist noch weiter notwendig? Und wenn man dann feststellt, das, was man sich vorgenommen hat, das, was man vereinbart hat, das, was man umgesetzt hat, - das reicht nicht. Dann ist der richtige Zeitpunkt, darüber zu diskutieren."

    Für ebenso überflüssig hält Rösler die Forderung von Unionsfraktionschef Volker Kauder nach der Einsetzung eines Sparkommissars für Griechenland durch die EU oder die anderen Euro-Länder.